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Telegram-Gründer Pavel Durov in Frankreich verhaftet – Online-Zensur eskaliert
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IPPNW ruft zur Teilnahme an bundesweiter Demonstration am 3. Oktober auf: Keine Stationierung von Mittelstreckenwaffen!
"Pazifist, Waschlappen, mieser Jude ..."
PRO ASYL zur Abschiebung nach Afghanistan
"Sehr verehrter Michail Sergejewitsch ..." - oder: Brief an einen vor zwei Jahren verstorbenen Ausnahmepolitiker
Neokonservative feiern Kamalas außenpolitische Rede
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Meredith Whittaker [Signal] im WIRED-Interview - AI and more
The short answer here is that AI is a product of the mass surveillance business model in its current form. It is not a separate technological phenomenon.
snip:
I think one of the things we see in Gaza is the interlocking of mass surveillance and these targeting systems. The latter is reliant on the former.
In order to create data profiles of people, in order to even have the pretext of targeting them algorithmically, you first need data. And Gazans are some of the most surveilled people in the world. That then becomes the fodder for training these models—however that’s done—to determine that if a given data profile looks enough like the profile that’s been flagged as a terrorist profile, you should then bomb them.
Kritischer Journalist in Großbritannien unter dem Terrorismusgesetz verhaftet
Kritischer Journalist in Großbritannien unter dem Terrorismusgesetz verhaftet.
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Erklärung von PRO ASYL zum Anschlag von Solingen
Festung Deutschland
Polens Regierung protestiert, die Grenzkontrollen, die Deutschland schon seit dem Herbst 2023 durchführe, riefen beträchtliche „Schwierigkeiten beim Grenzverkehr“ hervor. Tschechiens Innenministerium wiederum warnt, es drohe ein „Dominoeffekt“; mit diesem stünde möglicherweise die Einführung von Kontrollen im gesamten Schengen-Raum bevor.
Mit großer Skepsis werden Grenzkontrollen vor allem in der Industrie beobachtet, die bei einer Verlangsamung grenzüberschreitender Lieferketten Milliardenverluste befürchtet.
Bei den Kontrollen, die einige wenige reiche EU-Staaten bereits heute durchführen, lassen sich Verluste noch begrenzen, da Warentransporte in der Regel ausgenommen sind.
Unklar ist jedoch, ob dringend benötigte Pendler aus Osteuropa weiterhin zur Arbeit in die Bundesrepublik fahren werden, sollten Dauerkontrollen ihre Anreise übermäßig erschweren.
Dauerhafte Grenzkontrollen brechen darüber hinaus EU-Recht und erschweren es Berlin, andere Staaten unter Berufung auf EU-Normen zu disziplinieren.
Aktuelle Grenzkontrollen
Kontrollen an den Schengen-Binnengrenzen werden zur Zeit von einer Minderheit reicher EU-Mitgliedstaaten durchgeführt – vor allem von Deutschland. Die Bundesregierung hat sie erstmals im Jahr 2015 in Gang gesetzt, um die Einreise von Flüchtlingen zu bremsen; an der Grenze zu Österreich hält sie seitdem an der Maßnahme fest.
Grenzkontrollen, die im Jahr 2020 während der Covid-19-Pandemie eingeführt wurden, wurden inzwischen wieder beendet. Auch die bundesweiten Grenzkontrollen während der Fußball-EM in Deutschland sind nicht mehr in Kraft, und diejenigen an der Grenze zu Frankreich, die zu Beginn der dortigen Olympischen Spiele eingeführt wurden, sollen nach dem Ende der Paralympischen Spiele aufgehoben werden.
Jedoch gilt eine Verlängerung der Kontrollen an den Grenzen zu Polen, zu Tschechien und zur Schweiz, die im Herbst vergangenen Jahres zur Flüchtlingsabwehr eingeführt wurden und die zumindest bis Dezember 2024 andauern sollen, als ohne weiteres vorstellbar. Grenzschließungen haben neben Deutschland auch Frankreich und Österreich verhängt; Österreich hat, in Reaktion auf die deutschen Grenzkontrollen, schon 2015 eigene Kontrollen an seiner Grenze zu Slowenien eingeführt. Kontrollen nehmen auch Dänemark, Schweden und das Nicht-EU-, aber Schengen-Mitglied Norwegen vor.
„Schurkenregierungen“
Dass Kontrollen an den Schengen-Binnengrenzen dauerhaft durchgeführt werden, ist eindeutig illegal. Grundsätzlich sind sie laut der im Frühjahr verabschiedeten Überarbeitung des Schengen-Kodex lediglich bei einer „ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit“ zulässig; dazu zählen neben Terrorgefahr sowie internationalen Veranstaltungen „großen Umfangs oder mit hoher Öffentlichkeitswirkung“ nicht zuletzt sogenannte Migrationskrisen.[1]
Allerdings dürfen Kontrollen nur als „letztes Mittel“ zum Einsatz kommen; sie sind jeweils auf sechs Monate beschränkt und können auf bis zu zwei, in Sonderfällen auf bis zu drei Jahre [2] verlängert werden. Mehr ist auf legalem Weg nicht möglich.
Mit Blick auf Österreichs Kontrollen an der Grenze zu Slowenien urteilte im April 2022 der Europäische Gerichtshof (EuGH), die Kontrollen seien rechtswidrig; es sei daher legal, sich ihnen beim Grenzübertritt konsequent zu verweigern.[3]
Kritiker äußern sich mittlerweile recht scharf.
Eine kleine Gruppe von „Schurkenregierungen“ weigere sich, EU-Recht zu wahren, erklärte bereits im September 2023 Sergio Carrera vom Brüsseler Centre for European Policy Studies (CEPS); man müsse sie „vor Gericht ziehen“, und die EU-Kommission müsse ihrem Treiben umgehend ein Ende setzen.[4]
Milliardenverluste drohen
Klare Ablehnung gegenüber Grenzkontrollen an den Schengen-Binnengrenzen wird seit je aus Wirtschaftskreisen laut. Ursache ist, dass Kontrollen nicht nur den Export fertiger Waren bremsen, sondern vor allem auch grenzüberschreitende Lieferketten stören; dies kostet die Industrie, die sich die jeweiligen Standortvorteile der unterschiedlichen EU-Staaten zunutze macht, um ihre Profite zu optimieren, viel Geld.
Als mehrere EU-Staaten 2015 zum ersten Mal umfangreiche Kontrollen an den Schengen-Binnengrenzen einführten, wurden eine Reihe von Berechnungen über die dadurch entstehenden Schäden angestellt.
Eine Analyse etwa, die im Mai 2016 im Auftrag des Europaparlaments veröffentlicht wurde, kam zu dem Schluss, Grenzkontrollen in der kompletten Schengen-Zone würden binnen zwei Jahren Kosten in Höhe von bis zu 51 Milliarden Euro verursachen.[5] Zu den Ländern, die davon besonders stark getroffen würden, zähle Deutschland, hieß es. Aktuell bleibt der Protest aus der Wirtschaft über die neuen Vorstöße zur Ausweitung der Grenzkontrollen noch recht verhalten. Ursache ist, dass Warentransporte von den Kontrollen bisher ausgenommen sind; „wesentliche Störungen“ seien derzeitt „nicht feststellbar“, bestätigte erst vor kurzem der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV).[6]
Der Warentransport müsse aber kontrollfrei bleiben.
„Ressource für den deutschen Arbeitsmarkt“
Getroffen werden von Kontrollen an den Schengen-Binnengrenzen allerdings Grenzpendler. Deren Zahl ist seit der Einführung der sogenannten Arbeitnehmer-freizügigkeit für die neuen EU-Mitgliedstaaten in Ost- und Südosteuropa zum 1. Mai 2011 deutlich gestiegen. Lag sie im Jahr 2010 noch bei 66.487 Personen in West- und bei 2.087 Personen in Ostdeutschland, so waren es im Jahr 2023 bereits 144.057 im Westen und 73.193 im Osten der Bundesrepublik – 0,51 Prozent der Beschäftigten in West-, 1,15 Prozent der Beschäftigten in Ostdeutschland. Die meisten kamen aus Polen (94.173) und aus Tschechien (38.244). Sie seien „häufig in Engpassberufen“ tätig, stellten also „eine wichtige Ressource für den deutschen Arbeitsmarkt“, hieß es im April in einer Untersuchung aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB); man solle deshalb für Rahmenbedingungen „Sorge“ tragen, die ihre „Erwerbstätigkeit in Deutschland“ auch für die Zukunft sicherten.[7] Mit der Einführung umfassender Grenzkontrollen wäre das womöglich nicht mehr gewährleistet. Auch droht eine Art Kettenreaktion: Führt Deutschland dauerhafte Grenzkontrollen ein, werden Staaten wie etwa Tschechien oder die Slowakei, um nicht zum Auffangbecken für Flüchtlinge zu werden, mutmaßlich nachziehen. Das Schengen-System droht zu kollabieren.
Proteste
Haben nun deutsche Politiker wie etwa Oppositionschef Friedrich Merz (CDU) und der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Jens Spahn in Reaktion auf das Attentat von Solingen die Einführung dauerhafter Grenzkontrollen gefordert [8], so werden in gleich mehreren Nachbarstaaten Proteste dagegen laut. Solche Kontrollen an den deutschen Außengrenzen seien „eine fundamentale Abkehr von ... dem Schengen-Prinzip“, erklärte eine Sprecherin des tschechischen Innenministeriums; sie würden „zweifellos zu einem Dominoeffekt von Kontrollen“ in der gesamten Schengen-Zone führen.[9] In Polen teilte das Innenministerium mit, schon jetzt riefen die Grenzkontrollen „Schwierigkeiten beim Grenzverkehr“ hervor; Berlin solle sie keinesfalls verlängern, sondern sie „frühzeitig abschaffen“. Unmut äußerte nicht zuletzt die belgische Regierung, die einen Sprecher erklären ließ, für ein Land wie Belgien, „das im Herzen Europas liegt und eine sehr offene Wirtschaft hat“, sei „das reibungslose Funktionieren der Schengen-Zone wesentlich“.[10]
Neue Spannungen
Geht die Bundesregierung tatsächlich zu dauerhaften Grenzkontrollen über, kommt zu den zahlreichen Streitpunkten in der EU, wie schon jetzt die Proteste aus Polen, Tschechien und Belgien zeigen, ein weiterer hinzu.
Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, wieso Staaten wie Ungarn es sich weiterhin gefallen lassen sollten, wegen Verstößen gegen EU-Normen gemaßregelt zu werden, wenn die deutsche EU-Zentralmacht ihrerseits nach Belieben das Kernregelwerk des Schengen-Systems bricht. Damit verschärft bereits die Forderung, dauerhafte Kontrollen an den deutschen Außengrenzen einzuführen, die Spannungen in der EU.
[1] Thomas Gutschker, Mona Jaeger: Wie könnten die EM-Grenzkontrollen verlängert werden? faz.net 15.07.2024.
[2] EU erlaubt längere Grenzkontrollen im Schengen-Raum. rsw.beck.de 08.02.2024.
[3] Sigrid Melchior, Pascal Hansens, Nico Schmidt, Amund Trellevik, Ingeborg Eliassen: EU-Staaten brechen den Schengen-Vertrag. investigate-europe.eu 09.09.2022.
[4] Davide Basso, Nikolaus J. Kurmayer: Schengen: How Europe is ruining its ‘crown jewel’. euractiv.com 28.09.2023.
[5] Cost of non-Schengen: the impact of border controls within Schengen on the Single Market. European Parliamentary Research Service, May 2016.
[6] Dietmar Neuerer: Ampelpolitiker wollen Grenzkontrollen nach der EM beibehalten. handelsblatt.com 04.07.2024.
[7] Holger Seibert: Immer mehr Menschen pendeln aus Osteuropa nach Deutschland. iab-forum.de 15.04.2024.
[8] War der Täter von Solingen wirklich untergetaucht? faz.net 26.08.2024.
[9], [10] Oliver Noyan: German neighbours ring alarm bells over potential border controls. euractiv.com 26.08.2024.
Dimitri Lascaris im Kriegsgebiet – Teil 3
Dimitri Lascaris im Kriegsgebiet - Teil 3.
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Ein neues europäisches Raketen-Zeitalter?
Israelische Menschenrechtsgruppe: Grausame Folter an palästinensischen Gefangenen
Israelische Menschenrechtsgruppe: Grausame Folter an palästinensischen Gefangenen
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"Wofür habe ich gekämpft?"
Kriegsgebiet Bericht: Israel und die Hisbollah – Dimitri Lascaris Teil 2
Kriegsgebiet Bericht: Israel und die Hisbollah - Dimitri Lascaris Teil 2.
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Rudolf Goldscheid (1870-1931): Über Menschenökonomie, Weltkrieg und Weltfrieden
Bericht vom Schlachtfeld zwischen Israel und der Hisbollah – Dimitri Lascaris (Teil 1)
Bericht vom Schlachtfeld zwischen Israel und der Hisbollah - Dimitri Lascaris (Teil 1)
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"Krieg ist Frieden" - oder: 2024 ist 1984
"Bidens Kapitulation vor Netanjahu ist ein Verrat an seinen eigenen Werten"
Kursk und die Folgen
Verhandlungsbemühungen sind durch den Angriff auf Kursk zunichte gemacht worden.
Die Bundesregierung hat vor kurzem mitgeteilt, über die bereits für Kiew verplanten Mittel hinaus keine neuen Ausgaben zur Unterstützung der Ukraine tätigen zu wollen; das Land soll nun auf Basis der Zinserträge aus den eingefrorenen Auslandsguthaben der russischen Zentralbank finanziert werden. Kiewer Regierungsangaben zufolge reicht das nicht aus; es sollen deshalb die Guthaben selbst beschlagnahmt werden.
Faktisch wäre das ein Präzedenzfall für den Diebstahl fremden Staatseigentums, der weltweit Folgen hätte – wohl auch für Auslandsvermögen westlicher Staaten.
Die Debatte spitzt sich auch deshalb zu, weil die Ukraine faktisch bankrott ist.
Weckten noch kürzlich Äußerungen von Präsident Wolodymyr Selenskyj und die Entsendung von Außenminister Dmytro Kuleba nach China Hoffnung auf Waffenstillstand und Wiederaufbaumaßnahmen, so sind diese nach dem Angriff der Ukraine auf das russische Gebiet Kursk zerstoben.
Der Angriff habe Verhandlungen unmöglich gemacht, werden Diplomaten zitiert.
Anlass zu Verhandlungen
Zur Aufnahme von Gesprächen mit Moskau hatte Kiew aus verschiedenen Gründen Anlass. Zum einen war sein Versuch, auf dem vorgeblichen Friedensgipfel Mitte Juni in der Schweiz eine Reihe einflussreicher Staaten des Globalen Südens auf seine Seite zu ziehen und damit Russland politisch zu isolieren, gescheitert; die Regierungen etwa Indiens, Brasiliens oder Südafrikas hatten sich Abschlusserklärung des Gipfels mit dem Hinweis verweigert, Friedensgespräche mit nur einer Konfliktpartei ergäben keinen Sinn.[1]
War zumindest das Vortäuschen von Verhandlungsbereitschaft also Voraussetzung für weitere Bemühungen, den Globalen Süden für die Ukraine zu gewinnen, so zeichnete sich zusehends auch materieller Druck ab. Die russischen Angriffe auf die ukrainische Energieinfrastruktur, die Kiew zum Einlenken nötigen sollten, haben der Washington Post zufolge mittlerweile neun der 18 Gigawatt vernichtet, die die Ukraine im kalten Winter zu Spitzenzeiten benötigt.[2]
Bereits jetzt ist die Bevölkerung der Ukraine mit schweren Stromausfällen konfrontiert; die ohnehin stark geschädigte Wirtschaft wird durch den Energiemangel zusätzlich beeinträchtigt. Die ukrainischen Angriffe auf Russlands Erdölindustrie dagegen fügen Moskau relativ geringere Schäden zu – und weil sie zeitweise den Ölpreis in die Höhe getrieben haben, stoßen sie in den westlichen Hauptstädten intern auf Unmut.
„Von der Tagesordnung genommen“
Laut der Washington Post ließ sich Kiew deshalb kurz nach dem Schweizer Ukraine-Gipfel auf einen Vorstoß Qatars ein, zu Verhandlungen mit Moskau überzugehen.[3]
Demnach sollte zunächst ein beidseitiger Verzicht auf Angriffe auf die Energie- bzw. die Ölinfrastruktur in Kraft treten – dies mit der Perspektive, zu einem umfassenderen Waffenstillstand ausgeweitet zu werden.
Qatar habe darüber fast zwei Monate lang mit beiden Seiten verhandelt, hieß es unter Berufung auf Diplomaten; die Regierung in Doha habe gehofft, in Kürze eine Einigung zu erzielen. Der ukrainische Angriff auf das Gebiet Kursk habe die Bemühungen jetzt aber umgehend zunichte gemacht. Der liberale russische Politiker Grigori Jawlinski etwa ließ sich von der New York Times mit der Aussage zitieren, in Moskau habe man Hoffnung gehegt, „die Kämpfe könnten dieses Jahr enden“.[4] Der Angriff auf das Gebiet Kursk habe nun aber die Chancen dafür nicht nur reduziert, sondern sie sogar „von der Tagesordnung genommen“. Zwei ehemalige russische Regierungsmitarbeiter schlossen sich gegenüber der US-Zeitung dieser Einschätzung an. Ausdrücklich bestätigte Juri Uschakow, außenpolitischer Berater des russischen Präsidenten Wladimir Putin, angesichts der jüngsten Kiewer „Eskapade“ werde man zumindest vorläufig „nicht verhandeln“.[5]
Vermittler düpiert
Hinzu kommt, dass Kiew mit seinem Vorgehen einmal mehr potenzielle Vermittler verprellt. Erst im Juli hatte China den ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba zu Gesprächen nicht zuletzt mit seinem Amtskollegen Wang Yi empfangen – in der Absicht, Wege zu einer Verhandlungslösung zu bahnen.[6]
Zudem hatte Indien mit der ukrainischen Regierung über einen Besuch von Ministerpräsident Narendra Modi verhandelt – sozusagen als Ausgleich für Modis Besuch im Juli in Moskau.
Während Kiew mit Beijing und New Delhi über Wege zu einer Konfliktlösung diskutierte, bereitete es hinter deren Rücken längst den Angriff auf Kursk vor. Modi trifft am heutigen Freitag düpiert in der ukrainischen Hauptstadt ein. Auch Qatars Regierung muss konstatieren, dass sie mit ukrainischen Gesprächspartnern über Wege aus dem Krieg verhandelte, während Kiew insgeheim bereits die Eröffnung eines neuen Schlachtfeldes auf russischem Territorium plante. Doha, gleichfalls düpiert, sagte die schon in Kürze geplanten Gespräche inzwischen ab.[7]
„Der Topf ist leer“
Gleichzeitig zeichnen sich neue Spannungen zwischen Kiew und Berlin ab. Wie bereits am vergangenen Wochenende berichtet wurde, will die Bundesregierung ab sofort keinerlei neue Mittel mehr für die Ukraine zur Verfügung stellen. Bereits fest verplant sind die knapp acht Milliarden Euro, die der Bundeshaushalt 2024 für die Unterstützung der Ukraine vorsieht. Im Bundeshaushalt 2025 sind weitere vier Milliarden Euro für Kiew enthalten; diese sind aber, wie es heißt, „offenbar schon überbucht“.[8] Für 2026 ist von drei, für 2027 und 2028 jeweils von einer halben Milliarde Euro die Rede. Weitere Mittel sollen – darauf beharren Kanzler Olaf Scholz und Finanzminister Christian Lindner – lediglich dann gewährt werden, wenn für die entsprechenden Vorhaben „eine Finanzierung gesichert“ sei. Hintergrund sind die Berliner Bestrebungen, die Staatsausgaben einzuschränken, um die Neuverschuldung zu begrenzen. Zwar würden bereits getätigte Zusagen noch realisiert, heißt es; doch wird ein Mitarbeiter der Bundesregierung mit der Feststellung zitiert: „Ende der Veranstaltung. Der Topf ist leer.“[9]
Präzedenzfall
Gedeckt werden soll Kiews Finanzbedarf nach dem Willen Berlins nicht mehr aus deutschen Mitteln, sondern stattdessen aus Zinserträgen, die die im Westen eingefrorenen Mittel der russischen Zentralbank einbringen – insgesamt gut 260 Milliarden Euro. Konkret werden zur Zeit die Zinsen der gut 173 Milliarden Euro ins Visier genommen, die der Finanzkonzern Euroclear mit Sitz in Brüssel verwaltet.
Die G7 haben beschlossen, die Zinsen zugunsten der Ukraine zu beschlagnahmen und Kiew auf ihrer Grundlage einen Kredit zu ermöglichen; jährlich könnten damit mehrere Milliarden Euro beschafft werden, heißt es.[10]
Allerdings sind noch diverse Fragen offen. So wird berichtet, Experten rechneten mit einer Laufzeit des Kredits von möglicherweise 20 Jahren. Das setze faktisch voraus, dass die russischen Gelder auch noch nach einem etwaigen Friedensschluss mit der Ukraine eingefroren blieben, sollte ein solcher zustande kommen.
Hinzu kommt das nach wie vor ungelöste Problem, dass ein westlicher bzw. ukrainischer Zugriff auf russisches Staatseigentum als klarer Präzedenzfall gewertet würde.
Westliche Staaten müßten damit rechnen, dass ihr Eigentum im Ausland im Konfliktfall gleichfalls enteignet werden könnte, nicht nur zur Entschädigung von Kriegs-, sondern auch von Kolonial- und insbesondere von NS-Verbrechen.
Finanzdesaster
Umso schwerer wiegt, dass Kiew jetzt, wie die stellvertretende Finanzministerin Olga Zykova aktuell auf einer Videokonferenz des Kiewer Centre for Economic Strategy erklärte, nicht nur die schnelle Freigabe der Kreditmittel auf Basis der Zinserträge des eingefrorenen russischen Staatsvermögens fordert, sondern den Zugriff auf das Staatsvermögen selbst. Das sei nötig, heißt es, um den ukrainischen Staatshaushalt zu stabilisieren, der zuletzt zu mehr als 50 Prozent aus auswärtigen Zuwendungen gespeist worden sei.[11]
Für das Jahr 2025 benötige man Hilfsgelder in Höhe von mindestens 35 Milliarden US-Dollar; 15 Milliarden US-Dollar fehlten noch.
Als einziger Ausweg aus dem zunehmenden Finanzierungsdesaster gilt ein Ende des Krieges und der Wiederaufbau des Landes; beides aber ist nach dem ukrainischen Angriff auf Kursk weniger in Sicht denn je.
[1] S. dazu Ziele klar verfehlt
[2] Isabelle Khurshudyan, Siobhán O’Grady, John Hudson, Catherine Belton: Ukraine’s offensive derails secret efforts for partial cease-fire with Russia, officials say. washingtonpost.com 17.08.2024.
[4], [5] Anton Troianovski, Andrew E. Kramer, Kim Barker, Adam Rasgon: Ukraine Says Its Incursion Will Bring Peace. Putin’s Plans May Differ. nytimes.com 19.08.2024.
[6] S. dazu Diplomatie statt Waffen
[7] Isabelle Khurshudyan, Siobhán O’Grady, John Hudson, Catherine Belton: Ukraine’s offensive derails secret efforts for partial cease-fire with Russia, officials say. washingtonpost.com 17.08.2024.
[8], [9] Peter Carstens, Konrad Schuller: Kein neues Geld mehr für die Ukraine. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 18.08.2024.
[10] Christian Schubert: Ein russischer Hebel gegen Putin. Frankfurter Allgemeine Zeitung 21.08.2024.
[11] Andreas Mihm: Kiew: Brauchen Milliarden schnell. Frankfurter Allgemeine Zeitung 22.08.2024.
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