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Wirtschaftskooperation zwischen China und Afrika: FOCAC
Auf dem diesjährigen Wirtschaftsforum für chinesisch-afrikanische Zusammenarbeit, FOCAC, in der chinesischen Hauptstadt Beijing vereinbaren China und Afrika eine Fortsetzung und Vertiefung ihre Wirtschafts- und Handelspartnerschaft.
FOCAC steht für "Forum on China–Africa Cooperation", das die Zusammenarbeit zwischen China und den Staaten Afrikas fördert. Seit seiner Gründung im Jahr 2000 hat sich das Forum FOCAC auf die Verwirklichung von gemeinsamem Wohlstand und nachhaltiger Entwicklung für die Völker Chinas und Afrikas konzentriert. Der institutionelle Aufbau und die praktische Zusammenarbeit im Rahmen des Forums hat zu bemerkenswerten Ergebnissen geführt. Es umfasst alle afrikanischen Länder, mit Ausnahme von Eswatini, das keine diplomatischen Beziehungen zu China unterhält.
Seit dem Bestehen von FOCACseit 2000 waren die vier größten Projekte, die durch chinesische Darlehen an afrikanische Staaten finanziert wurden, Verkehr mit 38,2 Milliarden US-Dollar, gefolgt von Energie/Energie mit 30,1 Milliarden US-Dollar, Bergbau/Öl mit 19,2 Milliarden US-Dollar und schließlich die Kommunikation mit 7,0 Milliarden US-Dollar.
China war in den letzten 15 Jahren der größte Handelspartner des afrikanischen Kontinents und eine wichtige Quelle für ausländische Investitionen.
Das Handelsvolumen erreichte im Jahr 2023 einen Rekordwert von 282 Milliarden Dollar, was einem Anstieg von 1,5 % gegenüber dem Vorjahr entspricht.[1]
Das FOCAC-Forum hat sich seit seiner Gründung im Jahr 2000 zu einer effizienten und einzigartigen Plattform für die Süd-Süd-Kooperation entwickelt. Das diesjährige Gipfeltreffen war das vierte Treffen auf Führungsebene unter Beteiligung von 53 Staats- und Regierungschefs afrikanischer Länder, an dem auch der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Antonio Guterres teilnahm.
Im Mittelpunkt des Forums stand die Förderung der gegenseitigen Partnerschaft, die Stärkung der industriellen Integration und die Vertiefung der Zusammenarbeit in zukünftig wirtschaftlich relevanten Sektoren.[2]
Zukünftige Kooperation und finanzielle Unterstützung Afrikas in den nächsten drei Jahren
Die chinesische Regierung wird 360 Milliarden Yuan (50,7 Milliarden US-Dollar) an finanzieller Unterstützung für die Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen bereitstellen, wobei die Unterstützung von 29.508.465.000 US-Dollar in Form von Kreditlinien , 11.245.905.760 US-Dollar an Hilfe in verschiedenen Formen und mindestens 9.840.167.540,00 US-Dollar an Investitionen in Afrika durch chinesische Unternehmen
als finanzielle Unterstützung für die Umsetzung verschiedener Modernisierungsinitiativen und weitere Förderungen der afrikanischen Entwicklung umfassen.
China will dabei etwa 1 Million Arbeitsplätze in Afrika schaffen, Kooperationsprojekte in den Bereichen saubere Energie und digitale Technologie initiieren und ein Programm zur Stärkung afrikanischer KMUs (kleine und mittlere Unternehmen) auflegen.[3]
Als eine besondere Maßnahme zur Förderung der Süd-Süd-Kooperation ist die Entscheidung der chinesischen Regierung anzusehen, dass alle am wenigsten entwickelten Länder (LDC), die diplomatische Beziehungen zu China unterhalten, einschließlich der 33 afrikanischen Länder, von Handelszöllen befreit werden sollen., d. h. eine unilaterale Nullzollbehandlung für 100 Prozent der Einfuhrgüter erhalten.
Die Vereinten Nationen definieren die "Least Developed Countries" (LDCs) oder die am wenigsten entwickelten Länder als „Länder mit niedrigem Einkommen, die mit schwerwiegenden strukturellen Hindernissen für eine nachhaltige Entwicklung konfrontiert sind“ Derzeit führen die UN-Behörden 45 dieser Länder auf ihrer Liste. Die Hauptkriterien sind dabei ein niedriges Bruttonationaleinkommen, (pro Kopf unter 1.018 US-Dollar), ein geringes Humankapital und eine hohe wirtschaftliche Verwundbarkeit (Anfälligkeit für externe wirtschaftliche Schocks und Naturkatastrophen.)[4]
Zum Status der Handelsbeziehungen China : Afrika
Der Handel zwischen Afrika und China stieg 2023 auf einen neuen Rekord von 282,1 Milliarden US-Dollar, ein Zuwachs von 100 Millionen US-Dollar oder 1,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. [5]
Chinas Importe afrikanischer Waren erreichten in der ersten Hälfte dieses Jahres einen Wert von 60,1 Milliarden Dollar, was einem Anstieg von 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht, teilte das Handelsministerium mit. Die umfangreichen Einfuhren landwirtschaftlicher Erzeugnisse aus Afrika sind ein wichtiger Aspekt der chinesisch-afrikanischen Handelskooperation. Der Umfang der aus Afrika eingeführten landwirtschaftlichen Erzeugnisse ist in den letzten sieben Jahren kontinuierlich gestiegen, soll aber durch die erwähnten unilateralen Erleichterungen der Zollbestimmungen intensiviert werden.
Neue partnerschaftliche Modernisierungsmaßnahmen
In den nächsten drei Jahren sind im Rahmen der FOCAC Süd-Süd Kooperation mehrere neue Projekte und Kooperationsbereiche zwischen China und Afrika in Vorbereitung:
Erneuerbare Energien. Hier ist ein signifikanter Schwenk hin zur Energieproduktion aus erneuerbaren Ressourcen in Afrika vorgesehen. Es geht um die Nutzung von Sonnen- und Windenergie, die auf dem afrikanischen Kontinent weithin verfügbar sind, ebensoum die Bereitstellung chinesischer Technologien für erneuerbare Energien und um die Erschließung Afrikas als wichtiger Absatzmarkt für "grüne" Technologien aus China.
Neue Industriezweige sollen ebenso wie die Integration von Liefer- und Produktionsketten in der Zusammenarbeit im Bereich neuer Energiefahrzeuge aufgebaut und gefördert werden. Gleichzeitig soll der Austausch zwischen chinesischen und afrikanischen Unternehmern über "Integration von Industrie- und Lieferketten" und "Entwicklung neuer Industrien" die weitere Zusammenarbeit fördern.
Digitale Innovation als ein sich abzeichnender neuer Sektor mit starken Asuwirkungen aüf die zukünftige Wirtschaftsentwicklung soll sich auch in der Kooperation zum partnerschaftlichen Vorteil stark gefördert werden.
Infrastrukturprojekte bleiben als Voraussetzung für die Wirtschaftsentwicklung weiterhin wichtig, So soll der Bau und die Modernisierung von Straßen, Eisenbahnen, Brücken und Häfen zur Verbesserung des afrikanischen Verkehrsnetzes weiterhin besondere Förderung erfahren.[6]
Medienberichten zufolge hat China den Bau und die Verbesserung von über 10.000 Kilometern Eisenbahnstrecke, fast 100.000 Kilometern Straßen, fast 1.000 Brücken und fast 100 Häfen in Afrika unterstützt. Diese Infrastrukturprojekte haben die Konnektivität, die wirtschaftliche und soziale Entwicklung sowie die Industrialisierung und Modernisierung des gesamten Kontinents erheblich verbessert. [7]
Auch die Zusammenarbeit im Rahmen der Belt and Road Initiative (BRI) soll im Zuge neuer vorgestellter Kooperationspläne vertieft werden.
Finanzielle Zusammenarbeit. Hier werden neue Ansätze für die finanzielle Zusammenarbeit diskutiert, nachdem das Volumen chinesischer Kredite für Projekte in Afrika in den letzten Jahren zurückgegangen ist.
Die neuen Projekte und Kooperationsbereiche zielen darauf ab, die China-Afrika-Beziehungen auf ein höheres Niveau zu heben und die Zusammenarbeit an die aktuellen globalen Herausforderungen und Möglichkeiten anzupassen.[8]
China zeigt sich nach Meinungen von Beobachtern der FOCAC 24 entschlossen, im Rahmen der partnerschaftlichen Modernisierungsmaßnahmen die Zusammenarbeit mit Afrika vor allem in den zuvor genannten Bereichen wie der digitalen Wirtschaft, der künstlichen Intelligenz und der neuen Energie zu verstärken.
Afrikanische Beamte und Führungskräfte aus der Wirtschaft bringen zum Ausdruck, dass die praktischen Initiativen, die auf dem Gipfeltreffen des China-Afrika-Kooperationsforums 2024 vorgestellt wurden, vielversprechend seien, um die Modernisierungsbemühungen der afrikanischen Länder zu beschleunigen.
Als ein Beleg dafür sind Beleg zwei ausgewählte Beispiele für die Süd-Süd Kooperation zu nennen:
Südafrika - Mit seiner riesigen Verbraucherbasis, seinem vielversprechenden Wachstumspotenzial und seiner Innovationskraft habe sich China zu einem Magneten für südafrikanische Unternehmen entwickelt, die ihre Präsenz ausbauen und von der wirtschaftlichen Dynamik des Landes profitieren wollen, sagte David Karl Ferreira, CEO von Vitality China under Discovery Ltd - einem in Südafrika ansässigen Finanzdienstleister.
Xiaomi -Gründer und Vorsitzender des chinesischen Smartphone-Herstellers Xiaomi, Lei Jun sagte, dass Afrikas Wirtschaftswachstum über dem globalen Durchschnitt liege und die Errichtung der Freihandelszone des Kontinents die grenzüberschreitende Handels-kooperation und Marktintegration fördere.[9]
Chinas Investitionen in Afrika gehen demzufolge über die traditionelle Rohstoffgewinnung hinaus und erstrecken sich auch auf das verarbeitende Gewerbe, den erwähnten Bau von Infrastrukturen, die digitale Wirtschaft und die Ausbildung von Arbeitskräften. Dieser diversifizierte Investitionsansatz hilft den afrikanischen Ländern nicht nur bei der Entwicklung ihrer Industriesysteme und der Steigerung des Produktwerts, sondern soll auch ihre Wettbewerbsfähigkeit auf dem Weltmarkt verbessern.
Bewährte Kooperation zur landwirtschaftlichen Entwicklung
Afrika kämpft seit langem mit der großen Herausforderung der Nahrungsmittelknappheit. Die afrikanische Landwirtschaft war während des langen Prozesses der Globalisierung immer wieder von verschiedenen Störungen wie etwa den Kolonialismus belastet und insofern unterentwickelt. Einer der Hauptgründe für die Stagnation der landwirtschaftlichen Produktion sind veraltete Produktionstechnologien und traditionelle landwirtschaftliche Praktiken. In diesem Zusammenhang hat die chinesische Hybridreis-Technologie, die für ihre hohe Effizienz und beeindruckenden Erträge bekannt ist, zu einem revolutionären Wandel in der Wahrnehmung der Landwirtschaft auf dem gesamten Kontinent geführt.
Chinas Hybridreis wird inzwischen in mehr als 20 afrikanischen Ländern angebaut.
Die Anwendung von Chinas Hybridreis-Technologie wird von Ernährungs-Experten als eine der wichtigsten Errungenschaften der landwirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen China und Afrika angesehen, die die Selbstversorgung der afrikanischen Länder mit Getreide erheblich verbessert hat.
China hat 24 landwirtschaftliche Technologie-Demonstrationszentren auf dem gesamten Kontinent eingerichtet und fördert dort mehr als 300 fortschrittliche und praktische Technologien, darunter Maisanbau, Gemüseanbau und Maniokvermehrung. Diese Entwicklung hat zu einer beeindruckenden Steigerung der lokalen Ernteerträge geführt, die zwischen 30 und 60 Prozent im Vergleich zu früheren Werten liegen.[10]
Insgesamt hat die landwirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen China und Afrika sowohl in technischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht zu bedeutenden Erfolgen geführt. Noch wichtiger ist, dass sie einen Wandel der gesellschaftlichen Perspektiven in ganz Afrika gefördert und damit die Modernisierung des Agrarsektors des Kontinents vorangetrieben hat. Dies soll auch im Zuge der Modernisierungsmaßnahmen weiter vorangetrieben werden.
Im Zuge der Fortsetzung der FOCAC-Kooperation soll des Weiteren eine gemeinsame Krankenhausallianz gegründet werden, im Rahmen dessen gemeinsame medizinische Zentren zu errichten sind. Als ein erster Schritt werden 2000 medizinische MitarbeiterInnen in Afrika tätig werden und dazu beitragen, die vereinbarten Programme für Gesundheitseinrichtungen und Malariabehandlung umzusetzen.[11]
China wird Afrika 140.512.590 Mil. US-Dollar an militärischer Unterstützung zukommen lassen, 6.000 Militärangehörige und 1.000 Polizei- und Strafverfolgungsbeamte aus Afrika ausbilden und 500 junge afrikanische Militäroffiziere zu einem Besuch in China einladen, um die Partnerschaft für gemeinsame Sicherheit zu stärken.
Westliche Sichtweisen der Süd-Süd-Kooperation
Westliche Analysen, die sich mit den wirtschaftspolitischen Maßnahmen auf der Grundlage von FOCAC befassen, betonen trotz ihrer Vorbehalte gegenüber der chinesischen Politik die positiven Auswirkungen für die afrikanische Bevölkerung. [12]
„China verzahnt in Afrika bei der Entwicklungszusammenarbeit zahlreiche Instrumente der Außenpolitik wie Propaganda, Diplomatie, Handel, Investition, Entwicklungshilfe und Militärkooperation eng miteinander. Diese wirken sich zwar auch negativ auf bestimmte Bereiche des Alltags vieler Afrikanerinnen und Afrikaner aus, aber unterstützen zugleich das Wachstum, die Beschäftigungsverhältnisse und die Handlungsfreiheit der jeweiligen Regierungen und sogar der intergouvernementalen Institution der Afrikanischen Union. Somit verdrängt China die Afrikapolitik anderer Akteure wie der USA, Frankreich und der EU.“[13]
Der IWF kommt in seiner Bewertung der Handelsbeziehungen zwischen China und Afrika zu der Einschätzung, dass Chinas Engagement in Afrika zum Wirtschaftswachstum vieler afrikanischer Länder beigetragen hat. Die chinesischen Investitionen und der Handel haben neue Arbeitsplätze geschaffen und die Infrastruktur verbessert. Diversifizierung der Partner: Die Präsenz Chinas als Handelspartner hat den afrikanischen Ländern eine Alternative zu traditionellen westlichen Partnern geboten. Dies hat ihre Verhandlungsposition gestärkt und neue Möglichkeiten eröffnet. Entwicklungsmodell: China wird als Vorbild für schnelles wirtschaftliches Wachstum gesehen. Länder wie Äthiopien haben Aspekte des chinesischen Entwicklungsmodells übernommen, was zu Fortschritten in bestimmten Sektoren geführt hat.[14]
Auch betont der IWF die Wichtigkeit der Multilaterale Zusammenarbeit und ermutigt China sogar, sich stärker in globale Entwicklungsinitiativen einzubringen. Es ist davon auszugehen, dass der IWF Insgesamt sowohl Chancen als auch Herausforderungen in den chinesisch-afrikanischen Handelsbeziehungen sieht und plädiert nachvollziehbar für einen ausgewogenen Ansatz, der die Vorteile maximiert und die Risiken minimiert. [15]
Bereits in den 2010er Jahren kommt der wissenschaftliche Dienst des deutschen Bundestages zu der Erkenntnis, dass China trotz aller Bedenken der Konkurrenz zu deutschen und europäischen Projekten bei der Etablierung multilateraler Machtpole darauf bedacht sei, sich nicht durch Aktionen zu isolieren wie in der Vergangenheit. Auch halten sie eine Sichtweise, wonach China in Afrika als neokolonialistischer Rohstoff-Extrakteur auftrete, für verkürzt und verweisen auf den vielfältigen sozioökonomischen Aufschwung, den gerade die Technologie- und Infrastrukturabkommen der jüngsten Zeit den afrikanischen Staaten tatsächlich bringen könnten.[16]
Der Plattform „China Global South Projekt“ ist zu entnehmen, dass China sich als eine Art moralischer und politischer Sprecher für den globalen Süden positioniere, wobei Afrika eine Schlüsselrolle einnehme und China bemüht sei, neue Absatzmärkte zu finden. [17]
Nur zum Verständnis, FOCAC wurde im Jahr 2000 begründet und inzwischen sind schon viele Projekte realisiert bzw. initiiert worden, so dass der Warenaustausch nicht erst in diesem Jahr in den Beziehungen eine Rolle spielt.
Chinas Beteiligung an Friedenssicherungsmaßnahmen und Konfliktlösungen auf dem Kontinent spiegelt dabei ein wachsendes Engagement für politische Stabilität in der Region wider. Gemäß dem Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) hat China signifikant zur UN-Friedenssicherung in Afrika beigetragen, mit über 2.500 chinesischen Soldaten in verschiedenen Missionen.[18]
Der am Wirtschaftsgipfel teilnehmende UN-Generalsekretär António Guterres betonte in seiner Rede in Beijing, dass u. a. auch China und Afrika gemeinsam in der Lage seien,
die dringend nötige »Revolution« hin zu erneuerbaren Energien sowie zu digitalen Technologien auf dem afrikanischen Kontinent zu steuern. Die China-Afrika- Zusammenarbeit sei »eine Säule« der Süd-Süd-Kooperation, die notwendig sei, um die UN-Entwicklungsziele zu erreichen. Beide Seiten hätten dabei die volle Unterstützung der Vereinten Nationen.[19]
Westliche Polemik „Schuldenfalle“
Beim letzten Treffen 2018, ebenfalls in Peking, sagte der chinesische Staatspräsident Xi den afrikanischen Ländern Finanzmittel in Höhe von 60 Mrd. USD zu, darunter 20 Mrd. USD in Form von Kreditlinien sowie 15 Mrd. USD in Form von Zuschüssen, zinslosen Darlehen und Darlehen zu Vorzugsbedingungen. Die praktischen Ergebnisse der Zusammenarbeit zwischen China und Afrika liefern seit langem einen belegbaren Beweis, dass die systemkonkurrenz-getriebene Voreingenommenheit westlicher Länder gegenüber der bilateralen Süd-Süd-Kooperation von China und Afrika wenig zutreffend ist. Lange Zeit stand der Westen der Zusammenarbeit zwischen China und Afrika voreingenommen gegenüber, betrachtete Chinas Investitionen in Afrika durch die Brille des Kalten Krieges und verbreitete sogar bösartige Narrative wie „Neokolonialismus“ und „Schuldenfalle“. China würde afrikanischer Staaten in eine „Schuldenfalle“ locken bei der Bewilligung von Krediten.
Dazu ist anzumerken, dass zum Mythos der „Schuldenfalle Diplomatie“ der Politikwissenschaftler Ajit Singh von der Manitoba Universität, Kanada jahrzehntelang nachweist und auch belegt, dass chinesische Kredite nicht die Hauptursache für die Verschuldungsproblematik sind. Zudem läßt sich belegen, dass China kein räuberisches Verhalten gegenüber den Schuldnerländern an den Tag legt, indem es Schulden dazu nutzt, die Übernahme strategischer Vermögenswerte und natürlicher Ressourcen zu erleichtern oder die militärische Expansion zu fördern.[20]
Eine Schlussbemerkung
Es bleibt zu verfolgen, in welchem Maße und in welchem Zeitraum sich die Kooperation zwischen China und Afrika im Rahmen von FOCAC und der Initiative Belt and Road entwickelt. Die weitere Entwicklung hängt nicht zuletzt von dem sich verschärfenden Konflikt zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden ab, im Rahmen dessen auch die partnerschaftlichen Beziehungen von China und Afrika zu beobachten sind, ebenso wie die Bemühungen westlicher Länder und auch der EU, verloren gegangenes Vertrauen in Afrika wieder aufzubauen und mit China geopolitisch zu konkurrieren.
Quellenangaben
2 https://www.caixinglobal.com/2024-09-05/china-africa-summit-xi-pledges-50-billion-in-financial-aid-102233825.html;
https://www.kapitalkompakt.de/blog/china-afrika-gemeinschaft-globale-zusammenarbeit
5 https://table.media/africa/news/china-afrika-handel-auf-rekordhoch
6 https://2024focacsummit.mfa.gov.cn/eng/
https://www.globaltimes.cn/page/202408/1318438.shtml?id=11
8 Jörg Kronauer: https://www.jungewelt.de/artikel/483195.focac
9 https://www.chinadailyhk.com/hk/article/592416#Connectivity-of-industrial-chains-to-be-enhanced
10 https://www.globaltimes.cn/page/202409/1319253.shtml
11 Jörg Kronauer: https://www.jungewelt.de/artikel/483195.focac
12 https://www.megatrends-afrika.de/publikation/mta-spotlight-37-focac-2024-welche-strategie-im-umgang-mit-china-in-afrika
19 Jörg Kronauer: https://www.jungewelt.de/artikel/483195.focac
20 Ajit Singh: Der Mythos der "Schuldenfalle Diplomatie" und die Realitäten der chinesischen Entwicklungsfinanzierung, https://www.tandfonline.com/doi/full
Neue Einzelheiten in Frankreichs Anklage gegen Telegram
Neue Einzelheiten in Frankreichs Anklage gegen Telegram.
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Selbstbewusste Belegschaft: Wir sind Volkswagen – ihr seid es nicht!
Was für ein Schmalz, was für ein ideologisches Geschwätz bei der Androhung von Massenentlassungen und einer ersten Werksschließung in Brüssel.
Unter der Überschrift „Festgefahren“ wurde in „arranca“1 im Juli diesen Jahres ein Aufsatz von mir veröffentlicht, in dem beschrieben ist, wie die Autoindustrie die Verkehrswende blockiert und mit ihrer hochpreisigen Luxusstrategie in eine strategische Sackgasse rast.
Die Anzahl der Beschäftigten in der Auto- und Zulieferindustrie sank in den letzten vier Jahren um ca. 50.000, mit Ford hat einer der großen Hersteller bereits eine Fabrik in Saarlouis geschlossen, die Inlandsproduktion sank fast um die Hälfte von 5,7 Mio. auf 3 Mio. Fahrzeuge, während die Profite auf sagenhafte 60 Milliarden Euro stiegen. Bei der jüngsten Betriebsversammlung im Wolfsburger Werk am 4. September sagte der Finanzchef von VW: „Es fehlen uns die Verkäufe von rund 500.000 Autos, die Verkäufe für rund zwei Werke. Und das hat nichts mit unserer Produktion zu tun oder schlechter Leistung des Vertriebs. Der Markt ist schlicht nicht mehr da.“ Überraschend ist das nicht, was jetzt bei VW passiert. Bisher wurden die Überkapazitäten in der Autoindustrie immer beim jeweils anderen Hersteller oder „in China“ verortet.
Erstmals werden jetzt bei VW innerhalb eines Konzerns Überkapazitäten eingestanden.
Natürlich müssen diese Überkapazitäten abgebaut werden – durch den Aufbau von Produktion für nachhaltige öffentliche Mobilität und durch Arbeitszeitverkürzung.
Ende Mai dieses Jahres haben wir bei einem Ratschlag der Rosa-Luxemburg-Stiftung dazu eine Erklärung verabschiedet: Verkehrswende jetzt – für Klimaschutz und gutes Leben. Ein Diskussionsangebot des Gesprächskreises Zukunft Auto Umwelt Mobilität der Rosa-Luxemburg-Stiftung.2
Arbeitszeitverkürzung gehört, wie die Vier-Tage-Woche 1994, selbstverständlich zu den Maßnahmen, die sofort umgesetzt werden können, um Überkapazitäten abzubauen und die bisher verweigerte Verkehrswende einzuleiten.
Im vom damaligen Bezirksleiter der IG Metall Jürgen Peters herausgegebenen kleinen, inzwischen vergriffenen Büchlein, wurde die Erfahrungen festgehalten: „Modellwechsel – Die IG Metall und die Viertagewoche bei VW“ (Steidl-Verlag Göttingen, Dezember 1998).
Nun also, passend zur Mobilmachung, zur Erzeugung der Kriegstüchtigkeit und zum super Rüstungsetat, die Kriegserklärung des Porsche-Piëch -Clans und seines Managements an die hunderttausend Arbeiterinnen und Arbeiter der Marke Volkswagen und an die 3.000 Malocher bei Audi in Brüssel. Es geht bei der Androhung von Massenentlassungen und Werksschließungen nicht um auszugleichende Verluste, sondern letztlich um eine Umgruppierung des Kapitals zu lasten derjenigen, die den sagenhaften Reichtum der Großaktionäre erst geschaffen haben.
Wenn mit Rüstung und Krieg mehr Geld verdient werden kann als mit zum Beispiel Autos, dann gruppiert sich das Kapital eben um.
Falls jemand über die Not in den Werken von Volkswagen diskutieren will:
137 Milliarden Euro Gewinnrücklagen und mehr als 16 Milliarden Euro Nettogewinn 2023 in der Bilanz des Konzerns. Davon ausgeschüttet wurden 4,5 Milliarden 2024, gut 1,5 Milliarden Euro direkt an den Porsche-Piëch-Clan.Die Gift-Küche des VW-Managements: Spalten, herrschen, Kosten senken.
Das Management von VW verbreitet das Märchen, es würden vier Milliarden Euro fehlen. Aber es geht nur darum, die Kosten schneller zu senken, die hohen Gewinnerwartungen schneller zu erfüllen. Die vier Milliarden Euro fehlen ihnen zu einer angepeilten Umsatzrendite von 6,5 Prozent3. Darum geht es. Auch die Marke VW hat in zurückliegenden Jahren Umsatzrenditen in Höhe von mehr als vier Prozent geliefert. Bei hundert Milliarden Euro Umsatz kommen da ein paar Milliarden leicht zusammen, das Ziel von 10 Milliarden rückt aber mit der Unterauslastung der Fabriken in unerreichbare Ferne. Der Finanzvorstand Arno Antlitz bringt keinerlei Belege, wenn er bei der Betriebsversammlung in Wolfsburg behauptet, für die Marke VW würde „seit geraumer Zeit“ mehr Geld ausgegeben als eingenommen. Nun also die Kriegserklärung gegenüber allen, die diesen Reichtum geschaffen haben, an die Arbeiter_innen, Ingenieur_innen und Kaufleute:
- Der Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung soll gekündigt werden. Damit sollen, erstmals seit 1994, betriebsbedingte Entlassungen möglich werden.
- Das wäre Voraussetzung für den zweiten Punkt, nämlich die Androhung von Werksschließungen.
- Markenchef Schäfer sagt, die Reduzierung der Personalkosten um 20 Prozent reichten nicht aus,
- eben so wenig wie Abfindungen oder Altersteilzeit,
- die Anzahl der Auszubildenden muss reduziert werden und
- die höchsten Entgeltstufen, Tarif-Plus, sollen abgeschafft werden.
Es ist die Strategie des Managements, die Belegschaft gegeneinander auszuspielen: Alt gegen Jung, Büro gegen Fließband, Emden gegen Zwickau.
Konzernboss Oliver Blume wärmte die Story von der schwäbischen Hausfrau wieder auf und „verwies auf eine am Monatsende leere Familienkasse. Wenn dann der Fernseher kaputt geht, dann müssen Oma oder der reiche Onkel einspringen.“ Blume versucht es auf die sentimentale Tour: „Wir führen VW wieder dorthin, wo die Marke hingehört – das ist die Verantwortung von uns allen. Ich komme aus der Region, arbeite seit 30 Jahren im Konzern. Ihr könnt auf mich zählen und ich zähle auf Euch – Wir sind Volkswagen“.
Aber tausende in der Halle skandieren selbstbewusst:
„Wir sind Volkswagen – aber ihr seid es nicht!“4
Massenentlassungen und Werksschließungen? Die Rückkehr des Klassenkampfes
Die Herren machen das selber, dass ihnen der arme Mann Feind wird (Thomas Müntzer). Die Ankündigung von Massenentlassungen und Werksschließungen hat zu einem vieltausendfachen Aufschrei von Emden über Osnabrück, Hannover und Dresden bis Zwickau und Chemnitz, von Wolfsburg über Braunschweig und Salzgitter bis Kassel geführt. Zehntausende Arbeiterinnen und Arbeiter nahmen in den letzten Tagen an den Betriebsversammlungen in allen Werken von Volkswagen teil.
Eine Kollegin aus der Wolfsburger Personalabteilung berichtet mir: „So voll hab ich die Halle selten gesehen. Extrem große Geschlossenheit der Belegschaft. Hab noch nie erlebt, dass eine Betriebsratsvorsitzende derart deutlich unterstützt wurde. Volle Rückendeckung für Daniela Cavallo. Hervorragende Rede von ihr. Hat ihre Person ins Wort gestellt, dass es mit ihr keine Standortschliessungen gibt.
Auch gute Rede von IG Metall Bezirksleiter Thorsten Gröger. Applaus und Pfeifkonzert jeweils minutenlang! Hab ich so noch nie erlebt. Blume und Schäfer eher unbeeindruckt. Nichts Konkretes vom Vorstand, nur die üblichen Sprechblasen.“ Und ein Kollege aus dem Karrosseriebau ergänzt: „Es gab viel Stoff für den Vorstand und ihrem Versagen …. viel Gegenwind von Betriebsrat und IG Metall und nur Pfiffe für den Vorstand …. so richtig geil waren die Reden von unserer Seite und es wurde deutlich Kampfbereitschaft signalisiert …. hoffentlich bleibt das auch so.“ Flavio Benites, der Geschäftsführer der Wolfsburger IG Metall sagt: „Der Vorstand von Volkswagen hat die Axt an die Wurzeln von Volkswagen gelegt. Damit werden sie nicht durchkommen. Die IG Metall steht mit zehntausenden Mitgliedern bereit, unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen.“
Der IG Metall-Bezirksleiter Thorsten Gröger war in Wolfsburg auf der Betriebsversammlung. Er kritisiert im Anschluss scharf: „Der Vorstand hat einen unverantwortlichen Plan präsentiert, der die Grundfesten von Volkswagen erschüttert und Arbeitsplätze sowie Standorte massiv bedroht. Dieser Kurs ist nicht nur kurzsichtig, sondern hochgefährlich – er riskiert, das Herz von Volkswagen zu zerstören. Ein solcher Kahlschlag wäre inakzeptabel und wird auf entschlossenen Widerstand stoßen. Wir werden mit aller Kraft, notfalls im harten Konflikt, für den Erhalt aller Standorte sowie der Jobs unserer Kolleginnen und Kollegen kämpfen! Pläne, die das Unternehmen auf Kosten der Belegschaft macht und die Regionen in unserem Land massiv zersetzen, werden wir nicht tolerieren.“
Ein Montagearbeiter aus Emden erzählt von der Betriebsversammlung: „Der Manni (Manfred Wulff, Betriebsratsvorsitzender) versprüht die Hoffnung, dass es mit der Stückzahl wieder hoch gehen und die Fabrik ausgelastet sein wird. Keine Ahnung, wo dieser Optimismus herkommt. Der Markenchef Schäfer hat ganz klar gesagt, dass Geld eingespart werden muss und die Beschäftigungssicherung gekündigt werden soll. Das würde bedeuten, dass eine 3-monatige Schonzeit für die Beschäftigten besteht. Danach könnte betriebsbedingte gekündigt werden. Eine einzige Katastrophe. Im Management sind diejenigen, die den Laden mit Volldampf gegen die Wand fahren. Bei der Betriebsversammlung fingen sie ihre Reden mit ‚Liebe Kolleginnen und Kollegen‘ an. Aber ihr seid nicht meine und nicht unsere Kollegen.“
Eine Kollegin aus der Lackiererei in Zwickau berichtet: „Die Motivation zu kämpfen ist am Standort nach den Ereignissen vom Montag hoch. Schäfer ist heute vom gesamten Werk lautstark mit Trillerpfeifen und Buhrufen empfangen worden. Die Stimmung zur Betriebsversammlung war kochend und brennend. Momentan kann noch niemand die Lage einschätzen. Das wird erst in den nächsten 2-3 Monaten sich zeigen. Es gibt auch Vermutungen, das VW das gemacht hat, um noch mehr Subventionen vom Land und vom Bund zu kassieren. Die ersten Reaktionen gibt es ja schon. In Gänze aber eine Katastrophe für die Belegschaft, die mal wieder den doofen macht.“ Die IG Metall aus Zwickau berichtet: Minutenlange Pfeifkonzerte nach jedem 3. Satz von VW-Markenvorstand bei der Betriebsversammlung im Fahrzeugwerk Zwickau – die Stimmung unter den rund 3000 Kolleginnen und Kollegen in Halle 26 und weiteren tausenden Beschäftigten vor der Halle kocht!! Und BR-Vorsitzender Uwe Kunstmann fand sehr deutliche Worte: „Werke in Frage zu stellen, ist als ob man ganze Regionen dem Erdboden gleich macht! Aber nicht mit uns!“5
Der Kasselaner Betriebsratsvorsitzende Carsten Büchling erklärt in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau: „Dass jetzt betriebsbedingte Kündigungen und Werksschließungen im Raum stehen, ist Wasser auf die Mühlen der AfD. Es gibt keine Alternative zum Verbrenner-Aus! Es war schon eine Katastrophe, dass im Rahmen der EU diese Transformation zum Teil wieder infrage gestellt worden ist. Die Technik der E-Fuels, die da immer wieder als Alternative in Aussicht gestellt wird, ist nicht massentauglich. Sie ist eine Lösung für Porschefahrer. Wenn wir mehr Einfluss hätten auf strategische Entscheidungen über die Produktion, dann könnten solche krisenhaften Zuspitzungen wie jetzt bei VW vermieden werden. Unser Ziel muss sein, dass die Beschäftigten über die Produktion entscheiden. Die Beschäftigten müssen zu Miteigentümern der Betriebe werden.“6
Ein Gesetz gegen Betriebsschließungen?
Zur Frage der Möglichkeit von Werksschließungen bei Volkswagen hilft ein Blick ins Gesetzbuch: Im VW-Gesetz heißt es u.a.: (§4.2) „Die Errichtung und die Verlegung von Produktionsstätten bedürfen der Zustimmung des Aufsichtsrats. Der Beschluss bedarf der Mehrheit von zwei Drittel der Mitglieder des Aufsichtsrats.“ Mit dem Anteil des Landes und den zwei Mitgliedern der Landesregierung sowie den 10 Vertreter*innen der Beschäftigten im Aufsichtsrat wäre die „Verlegung von Produktionsstätten“ zu verhindern – aber auch die Schließung? Es gibt da noch die Satzung der Volkswagen AG, in der es konkreter formuliert ist in § 9.1: „Der Vorstand bedarf der vorherigen Zustimmung des Aufsichtsrats zur Vornahme folgender Geschäfte: 1. Errichtung und Aufhebung von Zweigniederlassungen; 2. Errichtung und Verlegung von Produktionsstätten.“
Das herrschende Recht ist das Recht der Herrschenden und das VW-Gesetz ist seit Jahrzehnten unter Dauerfeuer der neoliberalen Ideologen7. So wie der Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung eine Revisionsklausel hat, so gelten Gesetze auch nur so lange, wie sie den Herrschenden nutzen, sind erstens veränderbar und zweitens tatsächlich von der wirtschaftlichen Konjunktur abhängig. Deshalb bedarf es des Widerstandes gegen Hochrüstung und Sozialabbau, deshalb bedarf es des Kampfes um Mitbestimmung auch über strategische Unternehmensentscheidungen. Lange ist klar, dass es in der Weltautomobilindustrie massenhaft Überkapazitäten gibt und dass es mit der Autoproduktion und dem individuellen motorisierten Verkehr so nicht weitergehen kann. Landauf und landab ist bekannt, dass VW mit seiner Luxusstrategie am Markt vorbei plant. Deshalb hat der Kasselaner Betriebsratsvorsitzende Recht: Geld ist genügend da, es darf nur nicht von den Managern in die falsche Produktion bzw. auf die Konten des Porsche-Piëch-Clans umgeleitet werden.
Unser Grundgesetz schreibt keineswegs die kapitalistische Marktwirtschaft als einzig geltende Wirtschaftsform fest. In Artikel 14 und 15 geht es um die Pflicht des privaten Eigentums, dem Allgemeinwohl zu dienen und dessen mögliche Enteignung zum Zwecke der Vergesellschaftung und Überführung in Gemeineigentum.
Wann, wenn nicht jetzt ist es Zeit, den Rahmen für eine demokratische Wirtschaftsplanung zu schaffen, um soziale und politische Katastrophen bei VW oder anderen Autoherstellern zu verhindern.
Dazu sollten demokratische regionale Transformationsräte geschaffen werden mit Beteiligung aller wesentlichen Akteure aus der Wirtschaft und der Politik, natürlich der Gewerkschaften, aber auch der Wissenschaft, den Umwelt-, Klima- und Verkehrsinitiativen. Ohne Klassenkampf ist das aber nicht zu machen, es helfen am Ende nur das Unternehmensrecht und das Arbeitsrecht, wenn es im Arbeitskampf durchgesetzt wird.
Zum Schluss etwas BWL: Der Porsche-Piech-Clan verfügt über gut 50% der Stimmrechte (Stammaktien) und 32% der Anteile (Aktien inkl. Vorzugsaktien) insgesamt, das macht in der Addition ca. 165 Millionen Aktien x 9 Euro pro Aktie = 1,5 Milliarden Euro Dividende für den Clan.
Bei den Gewinnrücklagen in Höhe von über 130 Milliarden Euro handelt es sich um Jahresüberschüsse, die nicht ausgeschüttet, sondern einbehalten wurden. Diese sind Bestandteil des Eigenkapitals, quasi ein finanzielle Reserveposten. Aus dem Volkswagen-Geschäftsbericht 2021: „Aus den Anderen Gewinnrücklagen wurde ein Betrag von 13,5 Mrd. € entnommen und in den Bilanzgewinn umgegliedert.“
1https://arranca.org/ausgaben/nichts-zu-verlieren/den-g%C3%BCrtel-anders-schnallen
2https://www.rosalux.de/news/id/50452/verkehrswende-jetzt-fuer-klimaschutz-und-gutes-leben
3file:///C:/Users/User/Downloads/PM_Markengruppe_Core_steigert_im_Jahr_2023_Ergebnis_und_Rendite_engere_Zusammenarbeit_zwischen_den_Volumenmarken_greift.pdf
4Wolfsburger Nachrichten, 5.9.2024
5https://igm-zwickau.de/aktuelles/meldung/vw-betriebsversammlung-letztens-waren-wir-noch-die-perle-des-unternehmens-heute-fuehlen-wir-uns-eher-wie-eine-auster-die-ausgesaugt-wird
6https://www.fr.de/wirtschaft/wasser-auf-die-muehlen-der-afd-93281901.html
7Hier das Urteil des EuGH nach Klage gegen das VW-Gesetz: https://curia.europa.eu/de/actu/communiques/cp07/aff/cp070074de.pdf
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Eine desolate Spaltung der Linken in Europa
Die neue Organisation wird den Namen "European Left Alliance for the People and the Planet" (Europäische Linksallianz für die Menschen und den Planeten) tragen.
Laut Satzung will die neue Organisation "die feministischen Parteien der grünen Linken vereinen, um ein anderes Europa der Zusammenarbeit, des sozialen Fortschritts und der Arbeiterrechte aufzubauen".
Wenn man sich die Zusammensetzung der neuen politischen Einheit ansieht, ist sie nicht leicht zu verstehen. Es gibt sieben Gründungsmitglieder: La France Insoumise, die in diesen Tagen im Mittelpunkt des französischen Geschehens steht und auch in Europa ein zentraler Knotenpunkt der Linken ist, Bloco de Esquerda (Linksblock, Portugal), Podemos (Spanien), Lewica Razem (Linke Gemeinsam, Polen), Enhedslisten De Rød-Grønne (rot-grüne Einheitsliste, Dänemark), Vänsterpartiet (Linkspartei, Schweden) und Vasemmistoliitto (Linksallianz, Finnland).
Der portugiesische Bloco de Esquerda, die dänischen Einheitslisten und die finnische Linksallianz waren bis vor kurzem Mitglied der Partei der Europäischen Linken (EL).
Die Vorgängerpartei von La France Insoumise, die Parti de Gauche, ist schon 2018 aus der EL ausgetreten. Podemos, die schwedische Linkspartei und die polnische Razem waren nie Mitglied der EL.
Die Gründung dieser neuen Partei geht nicht auf eine Spaltung in Bezug auf die Haltung zum Krieg zurück, zu der es unter den Gründungsparteien selbst noch große Differenzen gibt.
In der Frage des Friedens – insbesondere zur Frage der Zustimmung zu Waffenlieferungen an die Ukraine bzw. der Politik der Solidarität mit Palästina - sind die Positionen der europäischen Linken recht unterschiedlich.
Nur in Italien (Rifondazione Comunista, Sinistra Italiana, Movimento 5 Stelle) und Spanien (PCE, Izquierda Unida, Sumar, Podemos) gibt es einen breiten Konsens über eine klare Position zum Krieg: keine Waffen an kriegführende Länder; Solidarität mit Palästina.
Ganz entgegengesetzt die Position der dänischen Einheitslisten in Bezug auf den Krieg um die Ukraine. Ihr Spitzenkandidat zur EU-Wahl, Per Clausen, forderte im Wahlkampf ein Waffenexportverbot der EU in Drittländer, weil alle Waffen aus der EU in die Ukraine geliefert werden müssten. ""Die gesamte europäische Waffenproduktion sollte in die Ukraine gehen. Der Verteidigungskampf der Ukraine ist wichtiger als die Profite der Waffenhersteller - und wichtiger als EU-Missionen in Ländern wie Mali, die weit von den Grenzen der EU entfernt sind. (...) Die EU muss der Ukraine die von uns versprochenen Waffen und Munition liefern. Und wir müssen es pünktlich und ohne Verzögerung liefern. Deshalb schlage ich einen Stopp des Munitionsexports vor, damit jede in Europa hergestellte Patrone, Granate und Rakete an die Ukrainer gehen kann." [1]
Mehr als die Positionen zum russisch-ukrainischen Krieg, zum Atlantizismus oder zum israelischen Krieg gegen Palästina, die in der Fraktion unterschiedlich sind und selbst innerhalb dieser Zusammensetzung vielfältig bleiben (von der radikalen Ablehnung des Krieges durch Podemos bis zu den Kiew-nahen Positionen der Nordischen Linken), werden diese Formationen von dem Wunsch angetrieben, bestimmte Muster der Partei der Europäischen Linken zu durchbrechen, denen die deutsche Linke und die Griechen von Syriza anhängen, die noch bis vor zwei Legislaturperioden die führenden Parteien der Fraktion waren.
Schon seit einiger Zeit schwelt ein Unbehagen in Bezug auf die EL, ihre effektive Repräsentativität für eine europäische Linke, die in ihren Arbeits- und Entscheidungsmethoden vielfältiger geworden ist.
Auch nationale Fragen spielen eine Rolle: Die französische Insoumise beispielsweise waren nicht erfreut darüber, dass die Spitzenkandidatin bei den letzten Wahlen nicht die scheidende Europaabgeordnete Manon Aubry war, die von der Kommunistischen Partei Frankreichs, einem Gründungsmitglied der Europäischen Linken, mit einem Veto belegt wurde. Der portugiesische Linksblock hatte grundsätzliche Vorbehalte gegen die Aufstellung eines Spitzenkandidaten der EL für die EU-Wahl. In Spanien bekämpfen sich Sumar und Podemos.[2]
Angesichts der Tatsache, dass häufig große Verwirrung zwischen der Europäischen Partei (jetzt Parteien) und der im Brüsseler Parlament tätigen Fraktion The Left (früher GUE/NGL) herrscht, ist klarzustellen, dass letztere keine Veränderungen erfahren wird und ein einheitlicher, breiter und pluraler Raum bleibt. Zwar hat die Aussicht auf diese Spaltung zwischen den Parteien zu Beginn der Legislaturperiode zu nicht einfachen Diskussionen über die Struktur, die Arbeitsmethoden und die internen Gleichgewichte geführt, ohne jedoch jemals diesen gemeinsamen Raum in Frage zu stellen, der vor fast einem halben Jahrhundert auf Initiative der kommunistischen Parteien entstanden ist und nach und nach auch durch ganz neue Formationen bereichert wurde.
Waren es lange die DIE LINKE aus Deutschland und die ab 2015 in Griechenland erfolgreiche Partei Syriza unter Alexis Tsipras, die eine größere Anzahl Abgeordnete in die linke Fraktion im EU-Parlament sandte, nehmen nun die französische La France Insoumise und die bei den EU-Wahlen sehr erfolgreichen nordischen Linken eine führende Rolle ein. Dazu kamen nach der Wahl im Juni jetzt auch noch Abgeordnete der italienischen "Alleanza Verdi e Sinistra" (AVS) – ein Bündnis der Linkspartei Sinistra Italiana und der Partei der Grünen – und die Abgeordneten der Fünf-Sterne-Bewegung. Der Versuche des Bündnis Sahra Wagenknecht in die Fraktion aufgenommen zu werden, wurde abgeschmettert. (Parteien in der Linksfraktion: https://left.eu/delegations
Zumindest im Moment, so berichten verschiedene Parteien vor Ort, ist die Existenz der Fraktion (eine Garantie für Interventionsmöglichkeiten und Beweglichkeit in Brüssel und Straßburg) nicht gefährdet. Tatsache ist jedoch, dass die treibende Kraft hinter der Fraktion, die Partei der Europäischen Linken, im Zentrum von Spannungen und Distanzierungen steht und demnächst noch eine zweite europäische Linkspartei hinzukommt.
"Es wäre sicherlich besser gewesen, diesen gemeinsamen Geist beizubehalten, auch wenn es tiefgreifende und notwendige Veränderungen gab", meint die italienische Kommunistin Luciana Castellina in einem Kommentar zur Gründung einen neuen europäischen Linkspartei.
Die Italienerin Eleonora Forenza von Rifondazione Comunista und Mitglied des Sekretariats der Partei der Europäischen Linken: "Wir werden weiterhin für die Einheit der gesamten radikalen Linken arbeiten, die sich auf die einheitliche Fraktion Die Linke im Europäischen Parlament bezieht. Die Fraktion war schon immer intern plural".
Anmerkungen
[1] https://enhedslisten.eu/nyheder/opinion/hele-den-europaeiske-vaabenproduktion-boer-gaa-til-ukraine/
[2] neue-progressive-koalitionsregierung-in-spanien
zum Thema
kommunisten.de:
- Der-rechte-wind-ueber-der-union-linksfraktion-stabil
- Europaeische-linke-our-moment
- KEU-Parlament: Konservative, Sozialdemokraten, Grüne und Faschisten für Kampfjets für die Ukraine
- Linksbuendnis-finnland-nato-beitritt-kein-grund-fuer-austritt-aus-der-regierung
- Neue-progressive-koalitionsregierung-in-spanien
- Nicht nur DIE LINKE in Deutschland, auch SYRIZA zerlegt sich gerade selbst
Rosa Luxemburg Stiftung:
Lebenshaus-Rundbrief 122 (Sept. 2024) erschienen
Ein neues europäisches Raketen-Zeitalter?
Is the collapse of the Israeli state coming? Dr. Shir Hever
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Staatsverschuldung und das fehlende Narrativ in den Medien
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Streit um das Verbrenner-Aus
Das schadet dem Klima und droht die EU-Politik weiter für die extreme Rechte zu öffnen.
Die Unionsparteien erhöhen den Druck zugunsten einer Abkehr vom Verbrenner-Aus in der EU – mit ernsten Folgen das für Klima, die Umwelt und die europäische Politik. Wie Angelika Niebler, stellvertretende CSU-Vorsitzende und Europaabgeordnete, bekräftigt, betrachtet ihre Partei die für 2026 angekündigte Überprüfung des Verbrenner-Verbots als geeignetes „Einfallstor“, um das Verbot zu kippen. Die bereits beschlossene Ausnahme für E-Fuels reiche ihr nicht aus. Dies entspricht den Forderungen von Teilen der deutschen Kfz-Branche; während manche Konzerne wie etwa Volkswagen erklären, sie wünschten mehr Maßnahmen zur Unterstützung der Umstellung auf Elektromobilität, dringen andere, so etwa BMW, vor allem aber zahlreiche Kfz-Zulieferer auf eine längere Zulassung von Autos mit Verbrennungsmotor.
Als Brückentechnologie bewirbt die Verbrennerlobby E-Fuels, die allerdings klima- und umweltpolitisch scharf kritisiert werden: Ihre Energiebilanz gilt als verheerend; zudem setzen sie giftige Stickoxide in großen Mengen frei.
Eine Mehrheit für eine Abkehr vom Verbrenner-Aus wäre in Brüssel zudem nur mit einer Einbindung der ultrarechten EKR-Fraktion, also einer Öffnung für die extreme Rechte, zu erreichen.
Weg vom Verbrennungsmotor
Die Automobilindustrie ist – so formuliert es etwa die Bundesregierung – „der mit Abstand bedeutendste Industriezweig in Deutschland“.[1] Sie erzielte im vergangenen Jahr einen Umsatz von rund 564 Milliarden Euro, mehr als zwei Drittel davon – 393 Milliarden Euro – im Ausland. Mit beinahe 780.000 Beschäftigten ist die Branche zudem ein bedeutender Arbeitsplatzgarant. Die Umstellung auf Elektromobilität ist schon seit langer Zeit in Planung. Der Dieselskandal des Jahres 2015 schien die Stimmung weiter zu ihren Gunsten zu verschieben. Im vergangenen Jahr beschloss die EU schließlich, die Neuzulassung von Autos mit Verbrennungsmotor ab 2035 prinzipiell zu untersagen. In Deutschland ist die Umstellung auf Elektroautos jedoch in jüngster Zeit ins Stocken geraten; das Auslaufen der Umweltprämie, das die Bundesregierung sogar noch kurzfristig von 2024 auf den 18. Dezember 2023 vorzog, hat sie zusätzlich verlangsamt.
Im Juli 2024 erreichte der Anteil der Elektroautos an den Neuzulassungen in Deutschland gerade einmal 12,9 Prozent – deutlich weniger als im Vorjahresmonat (20 Prozent).[2] Dabei lag die Bundesrepublik schon im vergangenen Jahr weit etwa hinter China zurück: Waren dort bereits 7,6 Prozent aller auf den Straßen befindlichen Fahrzeuge Elektroautos, so waren es auf deutschen Straßen gerade einmal 5,4 Prozent.[3]
Zulieferer unter Druck
Bezüglich der schleppenden Umstellung auf Elektromobilität ist die deutsche Kfz-Branche gespalten. Während beispielsweise VW sich offiziell dafür einsetzt, am Verbrenner-Aus im Jahr 2035 festzuhalten und den Erwerb von Elektroautos sogar wieder stärker zu fördern [4], macht sich etwa BMW für eine Verschiebung des Verbrenner-Verbots stark [5]. Letztere wird vor allem aber von zahlreichen Kfz-Zulieferern gefordert. Zum einen tun sich manche der – oft mittelständischen – Zulieferer schwer damit, die notwendigen Investitionen zu tätigen, um eine neue Nische in den Lieferketten der Elektromobilität zu finden. Zum anderen geht die Umstellung auf Elektroantriebe nicht selten mit der Verlagerung von Zulieferfirmen ins ost- und südosteuropäische Ausland einher, wo die Löhne niedriger sind.[6] Dies hat dazu geführt, dass seit 2018 die Zahl der Arbeitsplätze bei den deutschen Kfz-Zulieferern von gut 311.000 auf 273.500 im Jahr 2023 geschrumpft ist.
Aktuell kommt hinzu, dass manche Zulieferer – etwa ZF Friedrichshafen – von der Umstellung in eine nächste Krise geraten, weil die Zahl der verkauften Elektroautos sinkt und ihre erfolgreich auf Elektromobilität umgerüsteten Sparten nun ebenfalls gravierende Absatzprobleme verzeichnen.
ZF hat kürzlich angekündigt, bis zu 14.000 Beschäftigte zu entlassen.[7]
„Falsch abgebogen“
Zu den Kfz-Zulieferern, die öffentlich eine Verschiebung des Verbrenner-Verbots gefordert haben, zählen etwa Bosch, Schaeffler oder Mahle. „Wir müssen das von der EU beschlossene vollständige Verbot für Fahrzeuge mit Verbrenner aufheben“, verlangte im März Mahle-Chef Arnd Franz [8], während Bosch-Chef Stefan Hartung erklärte, „die Welt“ werde noch bis zum Jahr 2060 benötigen, um „alle Autos zu elektrifizieren“ [9]. Ähnlich äußern sich Verbände, die Kfz-Zulieferer vertreten. Das gilt zum Beispiel für Niedersachsenmetall, einen Verband, der vor allem für die Kfz-Zulieferer des Bundeslandes eintritt; VW gehört ihm nicht an.
„Mit dem Verbrennerverbot ist die europäische Politik falsch abgebogen“, behauptete im Mai Volker Schmidt, Hauptgeschäftsführer von Niedersachsenmetall: „Die Entscheidung muss dringend korrigiert werden“.[10] Laut dem Verband werden gegenwärtig – noch – „75 Prozent der Wertschöpfung in der Automobilindustrie ... in der Zulieferbranche“ erzielt.[11]
„Gruselige Energiebilanz“
Um dem Interesse von Teilen der deutschen Kfz-Branche und insbesondere der Kfz-Zulieferer Rechnung zu tragen, hat die Bundesregierung im Frühjahr 2023 in der EU durchgesetzt, dass Pkw in bestimmten Fällen auch nach 2035 mit Verbrennungsmotoren betrieben werden dürfen [12] – und zwar dann, wenn es sich bei den verwendeten Treibstoffen um die sogenannten E-Fuels handelt. Diese dürfen zumindest am Auspuff keine CO2-Emissionen ausstoßen. Allerdings attestierten ihnen Fachleute wie der Kfz-Experte Ferdinand Dudenhöffer bereits im vergangenen Jahr eine „gruselige Energiebilanz“ (german-foreign-policy.com berichtete [13]). Ihr Wirkungsgrad wird mit lediglich 13 Prozent beziffert; der Großteil der Energie, die sie enthalten, verpufft als Wärme.
Mit Blick auf den Strom, der zu ihrer Herstellung nötig ist, konstatiert der Direktor des Center of Automotive Management (CAM), Stefan Bratzel: „Mit der gleichen Menge Strom kann ein Elektroauto etwa viermal weiter fahren als ein Verbrenner, der E-Fuels nutzt.“[14]
Darüber hinaus sind synthetische Kraftstoffe zwar möglicherweise CO2-neutral, stoßen bei ihrer Nutzung in Verbrennungsmotoren aber unter anderem giftige Stickoxide aus – und zwar nicht weniger als traditionelle fossile Kraftstoffe.
Die eFuel Alliance
Dessen ungeachtet setzen sich einige Autohersteller wie Porsche und Mazda, zudem diverse Energieunternehmen – darunter ENI, ExxonMobil und Repsol –, vor allem aber bedeutende Kfz-Zulieferer wie Bosch, Mahle, Webasto oder ZF unter dem Dach der Lobbyorganisation eFuel Alliance [15] für die Nutzung synthetischer Treibstoffe ein. Vorsitzende der eFuel Alliance ist die Sozialdemokratin und einstige Greenpeace-Aktivistin Monika Griefahn, vormals auch Umweltministerin Niedersachsens. Der Lobbyorganisation hat sich zudem Niedersachsenmetall angeschlossen.
Auf dem Weg nach rechts
Zugleich machen sich Teile der deutschen Politik für eine Verschiebung des Verbrenner-Verbots stark. Dies gilt etwa für die Unionsparteien und die Freien Wähler im Bundesland Bayern; so hat sich Manfred Weber (CSU), Partei- und Fraktionsvorsitzender der Europäischen Volkspartei (EVP), mehrfach gegen das Verbrenner-Aus ausgesprochen [16], während etwa Hubert Aiwanger (Freie Wähler) kürzlich bekräftigte: „Das Verbrenner-Aus ist tödlich für die deutsche Autoindustrie.“[17] Auch die FDP setzt sich – nicht zuletzt im Interesse mittelständischer Kfz-Zulieferer – für eine längere Zulassungsdauer von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor ein.[18]
Weil das Verbrenner-Aus auf EU-Ebene festgelegt wurde, also auch auf EU-Ebene gekippt werden muss, ist mit harten Auseinandersetzungen im Europaparlament zu rechnen. Dort beharren vor allem Grüne und SPD auf dem Verbrenner-Aus im Jahr 2035. Eine Mehrheit ist voraussichtlich nur mit den Stimmen der Rechtsaußenfraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) zu erreichen, die von den ultrarechten Fratelli d’Italia (FdI) der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni geführt wird.
Damit treibt die Forderung nach einer Abkehr vom Verbrenner-Aus die Einbindung der äußersten Rechten zur Beschaffung von Mehrheiten auf EU-Ebene voran.[19]
[1] Automobilindustrie. bmwk.de.
[2] Pkw-Neuzulassungen Juli 2024: Weniger E-Autos als im Vorjahr. adac.de 07.08.2024.
[3] Global EV Data Explorer. iea.org 23.04.2024.
[4] VW-Chefin fordert klares Bekenntnis zum Verbrenner-Aus. focus.de 26.03.2024.
[5] Joaquim Oliveira: BMW verrät, welche Fahrzeuge den Kunden nach 2035 angeboten werden. focus.de 05.04.2024.
[6] Christian Müßgens, Henning Peitsmeier, Benjamin Wagener: Endspiel der Autozulieferer. faz.net 25.06.2024.
[7] Martin-W. Buchenau: ZF streicht bis zu 14.000 Stellen in Deutschland. handelsblatt.com 26.07.2024.
[8] Oliver Schmale, Benjamin Wagener: „Wir müssen das vollständige Verbot für Fahrzeuge mit Verbrenner aufheben“. faz.net 12.03.2024.
[9] Bosch-Chef will noch lange an Verbrennertechnologie festhalten. spiegel.de 03.03.2024.
[10] Christian Müßgens: Pläne für Verbrenner-Aus belasten Autozulieferer. faz.net 25.05.2024.
[11] Unser Wirtschaftsstandort benötigt dringend ein umfangreiches Update. niedersachsenmetall.de 02.11.2023.
[12] EU beschließt weitgehendes Verbrenner-Aus. tagesschau.de 28.03.2023.
[13] S. dazu Deindustrialisierung in der Autobranche
[14] Simone Miller: Warum E-Fuels die Klimaprobleme des Verkehrs nicht lösen. greenpeace.de 15.05.2024.
[15] Mitglieder. efuel-alliance.eu.
[16] „Der Anstieg der Importe von chinesischen E-Fahrzeugen ist ein Alarmsignal“. adac.de 17.05.2024.
[17] Julia Meidinger: Aiwanger: Verbrenner-Aus ist „tödlich“ für die Automobilindustrie. br.de 24.07.2024.
[18] Nils Metzger, Nathan Niedermeier: Wie Wissing das Verbrenner-Aus kippen will. zdf.de 17.07.2024.
[19] S. auch Die Brandmauer rutscht
Drohungen, Schikane, Perspektivwerkstatt - wie Unternehmen Personalkosten senken
Das Ifo-Institut warnt vor drohendem Stellenabbau in Industrie und Handel.
„Die Unternehmen in Deutschland korrigieren aufgrund fehlender Kunden und Aufträge ihre Personalplanung“, meldet das Handelsblatt (1).
„Die schwache Wirtschaftsentwicklung schlägt sich auch in einer schwachen Beschäftigungsentwicklung nieder“, sagt Ifo-Umfragenleiter Klaus Wohlrabe. „Der Auftragsmangel bremst die Unternehmen bei Neueinstellungen.“. Eine leicht positive Einstellungstendenz gibt es bei den Dienstleistern, vor allem in der IT-Branche und im Tourismus. In der Industrie sieht es anders aus: „Immer mehr Unternehmen denken über einen Abbau von Arbeitsplätzen nach“, betonen die Forscher.
Personalabbau bei VW
Das Beispiel VW: Bis 2026 will der Volkswagen-Konzern zehn Milliarden Euro einsparen. Gelingen soll dies mit dem intern „Performance Programm“ getauften Vorgehen. Im Rahmen des Programms will VW vor allem die Personalkosten senken. Dazu sollen offensichtlich auch mehrere hundert Arbeitsplätze an Fremdfirmen ausgelagert werden.
Die bisherigen Maßnahmen des Managements um Thomas Schäfer (54) reichen nicht. Also wurden die Beschäftigten über die nächste Eskalationsstufe informiert“ schreibt Marleen Gründel für manager-magazin.de. Wer gehen soll, aber nicht will, wird in die „Perspektivwerkstatt“ geladen. „Das Wort klingt weniger dramatisch, als es ist“, ist sich die m-m-Autorin sicher (2). Denn Beschäftigte, die durch Umstrukturierungen ihren Arbeitsplatz verlieren, werden von ihren Aufgaben freigestellt und wechseln in die Räumlichkeiten und die Kostenstelle einer „Perspektivwerkstatt“. „Prozessbegleiter“ sollen „unterstützen“, „neue individuelle berufliche Perspektiven“ zu entwickeln, zitiert www.businessinsider.de aus einer internen Mail (3).
Die Beschäftigten durchlaufen dann „verschiedene, teils verpflichtende“ Maßnahmen, um ihre eigenen Vermittlungschancen zu erhöhen.
Mobbing als Kostensenkungsmaßnahme
Andere Unternehmen ergreifen noch massivere Maßnahmen – vor 20 Jahren wurde die MobbingLine NRW gegründet, eine Beratungsstelle auf Landesebene (4). Mehr als 60.000 Menschen haben sich seit Gründung der Hotline hilfesuchend an die circa 70 Beraterinnen und Berater gewandt und dort eine erste telefonische Beratung erhalten. Bei Bedarf werden auch weitergehende Hilfsangebote vermittelt. „Durch sie konnte in den letzten beiden Jahrzehnten zehntausenden Menschen geholfen werden. Mein großer Dank gilt daher allen Beraterinnen und Beratern sowie den Partnern der MobbingLine, die mit ihrem ehrenamtlichen Engagement das Beratungsangebot erst ermöglichen“, so NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann.
Konflikte, Diskussionen oder Streit gibt es in jedem Betrieb. Gehen Auseinandersetzungen jedoch so weit, dass Kollegen krank werden, darf nicht mehr von Normalität gesprochen werden. Häufig ist dafür Mobbing die Ursache. Mobbing bedeutet, dass eine Person am Arbeitsplatz systematisch und über einen längeren Zeitraum schikaniert, drangsaliert, benachteiligt und ausgegrenzt wird.
Wenn Softwareexperten dazu abkommandiert werden, Akten im Keller zu sortieren, hat diese einzelne Handlung allein schon das Ziel, zu verletzen. Das Signal an den Beschäftigten in Zeiten von Personalabbau ist deutlich: „Du bist nicht mehr erwünscht“. Mobbing kann deshalb auch direkt vom Vorgesetzten ausgehen. Wenn Personalabbau geplant ist, ist es aus Sicht mancher Unternehmen günstiger, Mobbing in der Belegschaft zu dulden oder zu fördern, um Sozialplankosten zu sparen. Einzelne sollen unter Druck gesetzt werden, aber auch Uneinigkeit unter den Beschäftigten hat Vorteile aus Unternehmenssicht, denn so ist Gegenwehr unwahrscheinlich.
Gegen Personalabbau wehren sich die Stahlwerker von ThyssenKrupp. Konzernchef Lopez möchte die Stahlsparte in die Selbständigkeit entlassen, um Risiken für den Mutterkonzern zu minimieren. Betriebsräte und Gewerkschaft verlangen, dass ThyssenKrupp den Stahlbereich vorher finanziell ausreichend ausstattet, um den Umbau auf klimafreundliche Stahlproduktion stemmen zu können.
„Die Belegschaft hat Angst um ihre Arbeitsplätze. Der Vorstand muss gehen, aber die Probleme bleiben, das reicht nicht. Da kommen noch mal 50 Probleme dazu, es hat sich nichts geändert.", äußert sich der Betriebsratsvorsitzende am Standort Duisburg/Beeckerwerth, Ali Güzel, im WDR-Interview (5).
„Stahl ist Zukunft“ ist die Losung der Beschäftigten, nicht erst seit heute. Durch gemeinsame Aktionen protestieren die Arbeiterinnen und Arbeiter jetzt gegen die Pläne des Vorstands.
Nachweise:
- https://www.handelsblatt.com/politik/konjunktur/jobs-ifo-warnt-vor-drohendem-stellenabbau-in-handel-und-industrie/100063892.html
- https://www.manager-magazin.de/ueber-uns/vw-continental-nvidia-telegram-berkshire-hathaway-edeka-brose-das-war-donnerstag-29-08-2024-a-cb7accda-4ebd-4af6-afe6-147d672d8941
- https://www.businessinsider.de/wirtschaft/vw-so-lagert-der-autobauer-mitarbeiter-aus-um-zu-sparen
- https://www.mags.nrw/pressemitteilung/20-jahre-mobbingline-nrw
- https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/thyssenkrupp-stahl-stellen-100.html
Die Rechte ist kein Ossi-Problem
Die AfD ist kein Problem des Ostens. So lautete der Titel meiner Kolumne im Februar 2024. Heute kommt Teil 2 – denn auch wenn alle Finger gerade auf den vermeintlich braunen Osten zeigen, ist und bleibt „die Rechte“ kein „Ossi-Problem“.
Sie ist eine deutsche, europäische und globale Aufgabe. Das heißt, die Wahlergebnisse in Sachsen und Thüringen stehen für einen Rechtsruck, der keine Grenzen kennt.
Medial existiert dieser Rechtsruck vor allem in ostdeutschen AfD-Hochburgen. Diese Hochburgen führen oft westdeutsche Politik-Eliten, beispielsweise Thüringens AfD-Landeschef BjörnHöcke. Er kommt aus Nordrhein-Westfalen. Die AfD ist hier keine Ausnahme. Schon im Jahr 2022 beschrieb Denis Huschka in der Berliner Zeitung, Wie der Osten zum Sprungbrett für Politiker aus dem Westen wurde“ Laut Huschka ist der Grund für die mangelnde Teilhabe Ostdeutscher in der Politik nicht deren Unwille. Es gebe strukturelle Gründe, wie ein „Wahlkreisroulette“. Das bevorzuge westdeutsche Politiker:innen, repräsentiere aber kaum die Menschen vor Ort. Diese Lücke nutzt die AfD: Sie gibt sich volksnah, repräsentativ und schlägt Profit aus der ostdeutschen Geschichte.
Blick auf die politische Deutschlandkarte
Das heißt auch, wir sollten die Probleme dort suchen, wo sie liegen – nicht nur in Sachsen und Thüringen, sondern vor unser aller Haustür. Ein Blick auf die politische Deutschlandkarte kann hier helfen. Beispiel Baden-Württemberg: Laut dem Südwestrundfunk verloren alle im Landtag vertretenen Parteien im Jahr 2023 Mitglieder – bis auf die AfD. Nach eigenen Angaben wuchs sie um 44 Prozent. Sie legte bei den Kommunalwahlen zu und war bei der Europawahl 2024 die zweitstärkste Partei im Land. Warum sehen wir das nicht in der Tagesschau?
Beispiel Bayern: Bei der letzten Landtagswahl erzielten die AfD und die rechtskonservativen Freien Wähler zusammen mehr als 30 Prozent. Die erzkonservative CSU schaffte es auf 37 Prozent. Zusammen kamen die Rechtskonservativen in Bayern so auf fast 70 Prozent. Kürzlich machte der AfD-Landesverband in der Süddeutschen Zeitung Schlagzeilen. Neuerdings sollen AfD-Mitglieder die „Verfehlungen anderer Parteien“ per E-Mail melden, inklusive Beweismaterial. „Demokratiewächter“ nennt es die AfD, einschüchternde „Stasimethode“ die CSU. Warum schwingt die CSU die DDR-Keule und vergisst die bayerische Diktaturgeschichte?
Die AfD schüchtert aber nicht nur Politiker:innen ein. Erst am Wochenende forderte der hessische AfD-Landtagsabgeordnete Maximilian Müger mit dem Sturmgewehr im Anschlag den Kampf gegen Migration. Das heißt: mehr Waffen für weniger Migrant:innen. Der hessische AfD-Landeschef Robert Lambrou fand das TikTok-Video toll. Es bringe „inhaltlich vieles auf den Punkt“, sagte er dem Hessischen Rundfunk. Das ist Wildwest-Manier, die man im Osten vergeblich sucht. Sie schafft es immerhin auf tagesschau.de.
Die Liste geht weiter. Sie zeigt: Das Abschieben „der Rechten“ auf „den Osten“ ist keine Lösung. Denn das Abstempeln von Menschen und Regionen verschleiert nur die Gründe für die AfD-Erfolge. Rechtspopulist:innen gewinnen, weil die Volksparteien versagen.
Und Nachrichtenmedien verlieren Vertrauen, weil sie zu oft an der Oberfläche kratzen.
Bis heute scheinen „der Osten“ Stasiland und der AfD-Erfolg die logische Folge zu sein. Es wird Zeit, diese Geschichte endlich umzuschreiben.
Erstveröffentichung: Berliner Zeitung
Vorwürfe gegen US-Operationen zum Regimewechsel in Pakistan & Bangladesch
Vorwürfe gegen US-Operationen zum Regimewechsel in Pakistan & Bangladesch
Der Beitrag Vorwürfe gegen US-Operationen zum Regimewechsel in Pakistan & Bangladesch erschien zuerst auf acTVism.
"Geifer ... der frech spöttelnden jüdischen Seite" gegen den Militarismus
Deutsche Zustände. Europäische Zustände
Mittelstreckenwaffen in der Etappe
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