SIKO Gegenaktionen München

Meldungen

Kein AKW in Wyhl! 50 Jahre nach der Bauplatzbesetzung

Lebenshaus-Newsletter - Mi, 22/01/2025 - 21:17
Am 18. Februar 1975, vor fast genau 50 Jahren, wurde im Wyhler Wald Geschichte geschrieben. Es war der Tag des... Michael Schmid http://www.lebenshaus-alb.de

Donald Trump und die US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland

IMI Tübingen - Mi, 22/01/2025 - 16:33
Mit seinem Amtsantritt als US-Präsident hat Donald Trump auch die Funktion als Oberkommandierender der US-Streitkräfte übernommen. Falls wie geplant US-Mittelstreckenwaffen in Deutschland stationiert werden, wäre er es, der über ihren Einsatz entscheiden würde. Ein solcher Einsatz könnte sehr schnell in (…)

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US-Mittelstreckensysteme

IMI Tübingen - Mi, 22/01/2025 - 12:28
Gegen die geplante Stationierung von US-Mittelstreckenwaffen ab 2026 in Deutschland formiert sich allmählich Widerstand. Es gibt dazu u.a. den Berliner Appell zur Unterzeichnung und im November 2024 hat sich die Kampagne „Friedensfähig statt erstschlagfähig!“ gegründet, an der sich inzwischen bereits (…)

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Nicht verwirren lassen!

IMI Tübingen - Mi, 22/01/2025 - 12:24
Donald Trump fordert als US-Präsident, dass Europa, insbesondere die Deutschen, endlich die notwendigen Budgets aufbringen, ihre Verteidigung selbst zahlen zu können. Die Prämisse, die USA zahlen für die komplette NATO den Hauptteil der notwendigen Kosten. Das „Notwendige“ bemisst sich dabei (…)

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Trumps Triumph

ISW München - Mi, 22/01/2025 - 12:06

Nach dem Wahlsieg fiel vor allem eins auf: wieviel besser das Trump-Lager diesmal vorbereitet war. Man vollzog die Verkündung der Personalentscheidungen mit einiger Cleverness. Trump hatte nicht bloß die Stimmen der multiethnischen Arbeiterklasse zu signifikanten Teilen gewonnen, sondern auch gelernt, die abgestandene Sprache der (links-)liberalen Identitätspolitik gegen seinen am Boden liegenden Gegner zu wenden. Genüsslich imitierte er bei der Ernennung von Susie Wiles die Rhetorik der »firsts« – »first black president«, »first woman«, »first openly gay«. Die 67 Jahre alte Managerin der Kampagne, zudem Lobbyistin für zuletzt 42 Konzerne, wird als Stabschefin im Weißen Haus tätig sein: »Susie« werde die »erste Frau in der Geschichte der Vereinigten Staaten, die das Amt bekleiden wird«. Eine Kooptation der Sprache seines Gegners, die das ganze Elend des progressiven Neoliberalismus bloßlegt, der den Fortschritt nicht anhand materieller Verbesserungen misst, sondern anhand symbolischer Repräsentation.

Entsprechend schwer tat sich die linksliberale Blase auch damit, dass Trumps designierter Finanzminister Scott Bessent nicht nur ein marktradikaler Milliardär, sondern der erste offen homosexuelle Mann in diesem Amt sein wird. Bessent sei »seine Community offenbar egal«, echauffierte sich das Portal LGBTQNation über dessen Bereitschaft, »für die LGBTQ+-feindlichste Regierung aller Zeiten zu arbeiten«. Der Gedanke, dass Bessent womöglich einer anderen, sehr viel entscheidenderen Community angehört, nämlich der Gemeinschaft der Milliardäre, lag offensichtlich fern. Was die betrifft, wird er in guter Gesellschaft sein. Mindestens 13 Milliardäre rücken am 20. Januar in höchste Regierungsämter.

Loyalität oder Ideologie?

Einer der Strippenzieher bei der Kabinettsbildung war Howard Lutnick, ein Milliardär und alter Freund Trumps. Mit Blick auf die erste Trump-Regierung sprach Lutnick von »Anfängerfehlern«, die es nun zu vermeiden gelte. In den Medien wurde viel über die Personalie Robert F. Kennedy Jr. gesprochen, der als Coronaskeptiker neuer Gesundheitsminister werden soll. Die Aufregung verdeckte eine wichtigere Frage: die nach dem Motiv der Akquise. War uneingeschränkte Loyalität zu Trump das entscheidende Kriterium oder ideologische Reinheit? Tatsächlich hat Trump viele Gefolgsleute um sich geschart, die sich als treue Weggefährten erwiesen haben. Zu ihnen gehören die designierten Chefs Lee Zeldin (Umweltschutzbehörde), Russell Vought (Bundeshaushaltsbehörde), John Rat­cliffe (CIA) und Brooke Rollins (Landwirtschaftsministerium) sowie die designierte Generalstaatsanwältin Pam Bondi und Elise Stefanik, designierte UN-Botschafterin der USA.

Bondi stammt aus der Tea-Party-Bewegung und ist regelmäßig bei Fox News zu Gast. Als Generalstaatsanwältin in Florida stellte sie ein Betrugsverfahren gegen Trump ein, den sie später als Anwältin vertrat. Zeldin wiederum hat Trump schon während des ersten Amtsenthebungsverfahrens vom Dezember 2019 vertreten. Als republikanischer Abgeordneter hatte er sich vor allem für die Verschärfung des Abtreibungsrechts sowie für eine proisraelische Politik eingesetzt, jetzt soll er die Umweltschutz­behörde übernehmen, und das heißt: sie systematisch schrumpfen und entmachten.

Die entscheidende Personalie unter den Trump-Loyalen ist Vought. Der antikommunistische Kulturkrieger erwarb sich in der ersten Trump-Regierung als Chef des »Office of Management and Budget« Loyalitätspunkte, indem er der von Trump nicht anerkannten Biden-Regierung den Zugang zur ständigen Verwaltung versperrte. Jetzt soll er auf seinen Posten zurückkehren. Dort dürfte der nach eigener Aussage »christliche Nationalist« den Kulturkampf in den Bundeshaushalt tragen. Im Februar 2018 sprach er im Senat davon, dass »Muslime nicht bloß theologisch defizitär«, sondern als »Ungläubige«, die Jesus nicht als Sohn Gottes anerkennen würden, auch »verdammt« seien. Nach seinem Ausscheiden gründete er das »Center for Renewing America«, das sich dem Kampf gegen die »Critical Race Theory« verschrieben hat, und war eine zentrale Figur beim »Project 2025«.

Wall Street vs. Industrie

Für die Hegemoniefähigkeit des Trump-Projekts ist die wirtschaftspolitische Ausrichtung entscheidend. Seit der neoliberalen Wende wird darüber im Finanzministerium entschieden, bei Scott Bessent also. Die ersten Schritte zu seinem Milliardenvermögen machte er als Mitarbeiter von George Soros. So war Bessent an der berüchtigten Spekulation beteiligt, die auf einen herbeigeführten Kursverfall des britischen Pfunds wettete. Der Gewinn betrug eine Milliarde US-Dollar. Bessent war auch mit an Bord, als das Finanzunternehmen eine ähnliche Operation gegen den japanischen Yen unternahm. Seine Anteile an der Beute nutzte er für die Gründung eines eigenen Hedgefonds, der »Key Square Group«, die nicht nur engen Kontakt zu Soros hielt, sondern wie dieser auf die Demokraten setzte. So trat Bessent als finanzieller Unterstützer von Al Gore, Hilary Clinton und Barack Obama in Erscheinung, ehe er 2016 die Trump-Kampagne mit Beträgen im hohen zweistelligen Millionenbereich finanzierte.

Als Repräsentant des Finanzkapitals sorgt sich Bessent vor allem um die Profite der Wall Street. Mit seiner Person könnte, wie schon 2016, die Perspektive einer dauerhaften Einhegung Trumps durch das globale Finanzkapital verbunden sein. Seine wirtschaftspolitische Ausrichtung ist entsprechend eher neoliberal und marktradikal: Senkung von Steuern für Konzerne und Superreiche durch Haushaltsdisziplin (soziale Kürzungsmaßnahmen und Austerität), expansive Geldpolitik und Offenheit für Industriesubventionen vor dem Hintergrund der Konkurrenz mit China. Handelspolitisch hingegen warnt Bessent im Interesse des Finanzkapitals, das auf global uneingeschränkte Mobilität angewiesen ist, vor dauerhaftem Protektionismus durch Außenhandelszölle, da sie die Börsenkurse beeinträchtigen könnten. Auf die nach seinem Wahlsieg in die Höhe geschossenen Kurse ist auch Trump stolz, weil sie für ihn persönliche Bereicherung bedeuten und die Vermögensanhäufung des oberen einen Prozents ihm als Messlatte seines politischen Erfolgs gilt.

Zugleich aber hat Trump im Wahlkampf die Einführung eines 20-Prozent-Grundzolls gegen alle Staaten der Welt und einen Zoll von 60 Prozent auf alle Warenimporte aus China versprochen. Aus Sorge um das Finanzkapital, dem er angehört, hat Bessent beschwichtigt, die 20-Prozent-Grundzollforderung sei lediglich ein »negotiating ploy«, um mit der Androhung von Handelsbeschränkungen verbesserte Handelsbindungen, Extraprofite durch verstärkte Patentregelungen und höhere Rüstungsausgaben seitens der NATO-Verbündeten zu erzwingen.

Auch diesmal hat Trump im Wahlkampf argumentiert, dass Importbeschränkung ein Machthebel sei. Zollpolitik als Waffe passt auch in sein Verständnis von Verhandlungen und seine Präferenz für bilaterale Deals. Zugleich hat er versprochen, dass die Zollerhöhungen die Senkung der Unternehmenssteuer und des Spitzensteuersatzes gegenfinanzieren sollen (statt wie nach 2017 die Staatsschulden und das Haushaltsdefizit dramatisch zu erhöhen). Womöglich zeichnet sich hier also ein Richtungsstreit ab, der dann auch einer mit Lutnick sein wird, der das Amt des Handelsministers ausüben wird. Im Gegensatz zu Bessent sieht Lutnick in Schutzzöllen die Grundlage für allgemeinen Wohlstand. Auch er ist Milliardär. Mit Trump verbindet ihn eine lange New Yorker Businessgeschichte.

Lutnicks Kapitalfonds »Cantor Fitzgerald« setzt auf Investment in Immobilien und den Handel mit US-Staatsanleihen, wofür er die Lizenz vom Staat hat. Auch vor diesem Hintergrund erklärt sich, dass der künftige Handelsminister eher die Interessen des binnenorientierten Industriekapitals vertritt, das vor seiner mangelnden Wettbewerbsfähigkeit am Weltmarkt geschützt werden soll. Die Schutzzollpolitik ist von Trump und Lutnick immer wieder im Namen der Arbeiterklasse bemüht worden, als Mittel zum Erhalt von Arbeitsplätzen. Der rechte Protektionismus hat einen wahren Kern, der ihn überhaupt erst plausibel macht, weil er im Gegensatz zum alten Neoliberalismus das Primat der Politik über die Wirtschaft zurückfordert. Zugleich ist dieser Wirtschaftsnationalismus eine gefährliche Illusion, weil Reindustrialisierung und das Anlocken von Auslandskapital mittels der Kombination von hohen Außenhandelszöllen und »Local Content«-Lieferkettenregelungen, verbunden mit neoliberalen Steuersenkungen und der Eliminierung von Umwelt- und Arbeitsschutzmaßnahmen, nie zum Gemeinwohl führen können. Eine solche Politik wird das »verlorene Paradies« der 1950er und 1960er Jahre, das die »Make America Great Again«-Ideologie nostalgisch herbeiruft, nicht wiederherstellen.

Trotzdem wirkt das Schutzzollversprechen als süßes Gift. Der Lebensstandard der US-Arbeiterklasse ist abhängig von Importen günstiger Konsumgüter aus den Entwicklungsländern. Die Entmachtung der Gewerkschaften im Westen und die daraus folgenden sinkenden Lohnquoten wurden ab den 1980er Jahren faktisch nur durch diese Form der Globalisierung des Kapitalismus kompensiert. Schutzzölle treffen nun aber eine ökonomisch verwundbare Arbeiterklasse, die sich die Teuerung der Importgüter nicht leisten kann. Sollte sich also der starke Lutnick-Flügel in der Trump-Administration durchsetzen, wird die Arbeiterklasse, die Trump zu großen Teilen gewählt hat, die Steuersenkungen bezahlen. Für eine nachhaltige Bindung der Klasse an Trump und die Republikanische Partei spricht das nicht.

Im Juni 2024 warnten 16 Wirtschaftsnobelpreisträger – darunter Joseph Stiglitz und Edmund S. Phelps – in einem offenen Brief, dass Trumps Schutzzollpolitik die Inflation »wieder anheizen« werde. Trotz Differenzen seien sie überzeugt, dass Bidens »Wirtschaftsagenda« mit ihrem Fokus auf »Infrastrukturinvestitionen, nationale Industrieproduktion und Klimaschutz« der Agenda »von Donald Trump weit überlegen« sei. Eine Studie der Volkswirte Kimberly Clausing und Mary Lovely bezifferte die zu erwartenden Einkommensverluste pro Privathaushalt auf 2.600 US-Dollar im Jahr, sollte es zur Einführung von 60-Prozent-Schutzzöllen auf alle Waren aus China und von 20-Prozent-Außenhandelszöllen auf Waren aller anderen Länder kommen. Das Peterson Institute for International Economics stellte für 2026 eine Inflationsrate von 6 bis 9,3 Prozent in Aussicht statt 1,9 Prozent, sollte Trump neben seiner Schutzzollpolitik auch die angekündigten Massendeportationen von mehr als zwölf Millionen Menschen ohne Aufenthaltsgenehmigung durchführen. Das würde zu einem erheblichen Arbeitskräftemangel in der Landwirtschaft führen.

China im Visier

Ein möglicher Kompromiss zwischen dem Bessent- und Lutnick-Flügel zeichnet sich ab, insofern Bessent zwar kritisch gegenüber dem dauerhaften Grundzoll von 20 Prozent ist, aber den Handelskrieg gegen China durchaus führen will. In einem Interview mit Bloomberg News vom August 2024 verknüpfte er seine Beteuerung, dass Zölle nur »einmalige Preisanpassungen« seien, mit der Aussage, dass sie ausschließlich gegen China gerichtet sein werden. Denkbar, dass er damit der Stärke des wirtschaftsnationalistischen Flügels Rechnung trägt. Lutnick weiß vor allem den Schattenpräsidenten Elon Musk auf seiner Seite, der als 486 Milliarden US-Dollar reicher Marktradikaler den Bundeshaushalt drastisch zusammenkürzen will und von Trump auch mit entsprechenden Kompetenzen versehen worden ist. Musk stellte sich nach den Wahlen auf Lutnicks Seite: In einem Tweet schrieb er, dass Bessent eine »Weiter-so-Wahl« sei.

Weitere Verbündete von Lutnick sind Jamieson Greer, der den Präsidenten in Handelsfragen berät, und Trumps oberster persönlicher Berater Peter Navarro. Der emeritierte Ökonom Navarro hat in Trumps erster Regierung zunächst den »Nationalen Handelsrat« des Weißen Hauses geleitet und anschließend das »Office of Trade and Manufacturing Policy«, das die wirtschaftsnationalistischen Kräfte in der Regierung als besondere Bastion neu geschaffen hatten. Greer wiederum war in der ersten Trump-Regierung als Stabschef des damaligen Handelsbeauftragten Robert Lighthizer für die Schutzzollpolitik gegen China und die Neu­verhandlung des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens (NAFTA) zuständig.

Die Wirtschaftspolitik der USA ist darauf geeicht, den Wirtschaftskrieg gegen China noch einmal zu intensivieren. Womit die USA ihren relativen Abstieg als Hegemonialmacht aufzuhalten und die Verschiebung des weltwirtschaftlichen Schwerpunkts in den globalen Süden zu blockieren suchen. In diesem Ziel haben Demokraten und Republikaner Konsens. Wie auch im Ziel einer Reindustrialisierung, das schon von Obama ausgegeben wurde. Während die Biden-Regierung aber eine Mischung aus Schutzzöllen, Konkurrenz bei der Elektro­revolution und außenpolitische Einkreisungspolitik favorisierte, sehen die Trump-Republikaner den Kampf um die E-Revolution offenbar als verloren an und setzen eher auf das alte fossile Kapital und neoliberale Steuerpolitik zur Stärkung der Verbrenner produzierenden Autokonzerne.

Diese Orientierung teilt auch die neue Regierung. Energieminister wird Chris Wright, CEO von Liberty Energy, dem mit einem Marktwert von 3,2 Milliarden Euro zweitgrößten Frackinggas-Konzern Nordamerikas. Wrights persönliches Jahreseinkommen 2023 betrug 5,6 Millionen US-Dollar. Für Trump spendete er 228.390 Dollar. Wright leugnet, dass es eine Klimakrise gibt und betont, dass »wir uns nicht in der Mitte einer Energiewende befinden«. Sein erklärtes Ziel ist, die Maßnahmen der Biden-Regierung – einschließlich der Beschränkungen für CO2-Emissionen – rückgängig zu machen. Unter Wright und Trump werden die USA voraussichtlich auch wieder aus dem Pariser Klimaabkommen austreten.

Entscheidend wird sein, wie stark Trumps Bruch mit Bidens allgemeiner Konjunktur- und Infrastrukturpolitik ausfällt. Im Wahlkampf stellte er sich gegen deren tragende Säulen. Aber auch 2016 hatte er sich im Wahlkampf zunächst gegen Obamas Gesundheitsreform ausgesprochen, um »Obamacare« in seiner Amtszeit dann doch fortzuführen. Gegen die Fortsetzung der fiskalisch expansiven Wirtschaftspolitik wird Trump wohl von Stephen Miran beraten werden, dem designierten Chef des »Council of Economic Adviser«. Miran, »Senior Strategist« des großen Kapitalanlegers »Hudson Bay Capital Management«, arbeitete bereits von 2020 bis 2021 für die Trump-Regierung und den damaligen Finanzminister Steven Mnuchin. Er war in dieser Zeit ein Kritiker der Konjunkturpolitik der US-Notenbank in Reaktion auf die durch die Coronapandemie verschärfte Rezession.

Konfrontation statt Isolationismus

Die Zeichen stehen auf Konfrontation. Darauf deuten nicht nur die Personalentscheidungen in der Wirtschafts- und Finanzpolitik hin, sondern auch die in der Außenpolitik. Hierfür steht zunächst einmal der designierte Außenminister Marco Rubio. Wirtschaftspolitisch fügt sich der frühere Präsidentschaftskandidat nahtlos in die marktradikale Ausrichtung ein. Lange trat er als Freihändler in Erscheinung und engagierte sich für – das Kapitalprofite gegen demokratische Entscheidungen absichernde – Investitionsschutzabkommen »Trans Pacific Partnership«. Dann aber zeigte er sich als Unterstützer des Wirtschaftskriegs gegen China. 2017 setzte er sich dafür ein, dass der US-Staat chinesische Beteiligungen an US-Hightechfirmen im Namen der nationalen Sicherheit verbieten darf. Wenig später war er Mitinitiator eines parteiübergreifenden Briefs an das Heimatschutzministerium, das die zuständigen Minister zu einer Verschärfung der Sanktionspolitik gegen Huawei aufforderte. Außerdem legte Rubio eine Gesetzesinitiative vor, die Trumps Exekutivanordnung kodifizieren sollte, damit Huawei und andere chinesische Konzerne als eine Gefahr für die nationale Sicherheit vom amerikanischen Markt ausgeschlossen werden konnten. Im November 2018 warnte er in einem offenen Brief an Trump vor einer vermeintlichen Infiltration der Medien und Hochschulen durch Chinesen, um dann, wenige Wochen später, auch auf schärfere Maßnahmen zur Sanktionierung von europäischen und anderen internationalen Konzernen zu drängen, die Handel mit China treiben. Zudem forderte er im Februar 2019 weitere Gesetze, die chinesische Investitionen in den USA einschränkten und mit Sondersteuern belegten. Dem Finanzkapital warf er im Mai 2021 vor, »das kommunistische China zu unterstützen« und schwadronierte über eine ominöse »Linkswende unserer Konzerne und des Finanzsektors«. Im März 2023 forderte Rubio, dass zum Schutz der US-Industrie China der Status als normaler Handelspartner entzogen werde.

Keine Koexistenz mit »Barbaren«

Der Wirtschaftskrieg wird auch bei Rubio mit einer Politik der militärischen Einkreisung verknüpft, Regime-Change-Strategien eingeschlossen. Während der Hong-Kong-Proteste von 2014 und von 2019/2020 gab er dem unverhohlen Ausdruck. 2017 drängte er zusammen mit 16 weiteren Kongressabgeordneten auf die Verabschiedung des »Global Magnitsky Act«, nach dem chinesische Staatsbürger wegen Chinas Uigurenpolitik in Xinjiang sanktioniert werden können. Im Januar 2021 hatte Rubio Erfolg, als die von ihm vorgelegte Gesetzesvorlage »Uyghur Forced Labor Prevention Act« vom Kongress angenommen wurde, obwohl sich die Lage in der Provinz in den letzten Jahren entschärft hatte, Terroranschläge zurückgegangen, Straßenblockaden aufgehoben und »Internierungslager« aufgelöst worden waren. Nicht erfolgreich war Rubio ein Jahr später mit einer Gesetzesvorlage, die den mehr als 100 Millionen Mitgliedern der chinesischen Kommunistischen Partei verbieten sollte, in die USA einzureisen. Die ebenfalls 2022 in China ausgetragenen Olympischen Winterspiele verurteilte Rubio und bezeichnete die Volksrepublik als ein »genozidales Regime des Bösen«.

Die militärische Flanke der neuen Block­konfrontation führt dabei über den Weg der Aufweichung der Ein-China-Politik. Die Biden-Regierung hat hier bereits wesentliche Schritte unternommen. Dazu gehörten erstens die Reise Nancy Pelosis nach Taipeh im August 2022, zweitens die mehrfache Betonung des Präsidenten, man werde Taiwan gegen eine chinesische Invasion nicht nur mit Waffen und Geld, sondern auch eigenen Truppen verteidigen, und drittens die im November 2023 beschlossene direkte Finanzierung der US-Aufrüstung Taiwans durch den US-Steuerzahler. Rubio geht noch weiter und plädiert offen für die Unabhängigkeit Taiwans. Insofern nun die Volksrepublik mit dem Status quo gut leben kann, weil Festlandchina und Taiwan wirtschaftlich eng verflochten sind und die Guomindang heute die wirtschaftliche Verflechtung der Insel mit der Volksrepublik befördern, die chinesische Regierung aber ein mit US-Waffen, womöglich atomaren Mittelstrecken­raketen, aufgerüstetes Taiwan nicht akzeptieren kann, stehen die Zeichen in dieser Frage auf Sturm.

Auch andere Weltregionen betreffend gilt Rubio als Falke. Etwa beim Embargo gegen Kuba oder in Bezug darauf, ob es in der Ukraine zu einem Einfrieren des Konflikts kommt. Der USA-China-Konflikt, der Bedeutungsverlust des Westens und der Aufstieg des globalen Südens haben das Potential für rasch eskalierende Stellvertreterkriege in vielen Weltregionen. Das gilt auch für den Nahen Osten. Die Nominierung von proisraelischen Hardlinern wie der UN-Botschafterin der USA, Elise Stefanik, oder dem Sondergesandten für den Nahen Osten, Steve Witkoff, sendet entsprechende Signale. Auch der künftige Außenminister ist für seine besonders harte Haltung gegen die Palästinenser bekannt. Zu letzterer gehören die Ablehnung der Zweistaatenlösung – Rubio bezeichnet sie als »eine Anti-Israel-Position« –, seine Zustimmung zur Anerkennung Jerusalems als Israels neuer Hauptstadt und die Unterstützung der rechtsextremen israelischen Regierung bei ihrer Kriegspolitik nach den terroristischen Anschlägen der Hamas vom 7. Oktober 2022. Angesprochen auf die israelischen Kriegsverbrechen und die hohe Zahl an Ziviltoten im Ergebnis der KI-gestützten Kriegführung sagte Rubio gegenüber CNN: »Ich glaube nicht, dass irgend jemand von Israel erwarten kann, mit diesen Barbaren (im Original: savages, jW) zu koexistieren oder irgendeinen diplomatischen Kompromiss zu finden (…). Sie müssen ausgerottet werden.«

Rubios Außenpolitik wird komplettiert durch den prominenten Fox-News-Kommentator und designierten Verteidigungsminister Peter ­Hegseth. Vor seiner Tätigkeit als Talkshowmoderator bei Trumps Lieblingssender war Hegseth Teil des Wachpersonals im berüchtigten US-Foltergefängnis Guantánamo. Als Fox-News-Kommentator und Trump-Unterstützer war er es, der Trump 2019 zur Begnadigung von angeklagten und verurteilten US-Kriegsverbrechern ermutigte, darunter Eddie Gallagher, der für die versuchte Tötung von Zivilisten sowie die Ermordung eines minderjährigen Kriegsgefangenen unter Anklage stand. In seinem Buch »American Crusade. Our Fight to Stay Free« sprach sich Hegseth, der über enge Kontakte zu neonazistischen Gruppen verfügt, für einen »heiligen Krieg in der gerechten Sache der Freiheit« aus, wobei sein Verständnis von Freiheit die Abschaffung der »linken« Demokratie impliziert, da er davon ausgeht, dass der Gegensatz von links und rechts – Demokraten sieht Hegseth als »Feinde« der Freiheit an – sich nicht im politischen Prozess lösen lasse. Konkret prophezeite Hegseth für den Fall einer Wahlniederlage Trumps eine »nationale Scheidung« und plädierte für einen Militärputsch zugunsten Trumps: Polizei und Militär würden »in einer Form von Bürgerkrieg« gezwungen sein, »sich zu entscheiden«. Sein Buch sei in diesem Sinne auch als Grundlegung »der Strategie« gedacht, »die angewandt werden muss, um Amerikas innere Feinde zu besiegen«.

Im Amt will Hegseth nun nicht nur den »Wokeism im Militär« bekämpfen. Die Öffnung des Militärs für Homosexuelle betrachtete er lange als Teil einer »marxistischen« Agenda, heute wendet er sich nur noch gegen Transpersonen. Zugleich vertritt er die Position, dass »der Zionismus und Amerikanismus die Frontlinie der westlichen Zivilisation und Freiheit in der Welt« seien. Hegseth vertritt die rechtsextreme Great-Replacement-Theorie, nach der der Islam plane, Europa und Amerika zu erobern – im Bündnis mit dem Säkularismus. In Hegseth hat die Netanjahu-Regierung daher einen engen Verbündeten bei ihren Plänen, den Iran anzugreifen. »Das kommunistische China« wiederum, sagte Hegseth im Mai 2020, wolle »unsere Zivilisation beenden« und schaffe sich ein Militär, das »die Vereinigten Staaten von Amerika besiegen will«.

Deportation und Säuberungen

In der Innenpolitik, zu der wesentlich die geplanten Deportationen und die politischen Säuberungen gehören, gibt es ebenfalls Personalien, die es in sich haben. Trumps Beauftragter für Grenzschutz wird erneut der ehemalige Polizist Tom Homan. Homan ist ein Verfechter der Deportationspolitik und hat den »sanctuary cities« den Kampf angesagt. Als »Grenzzar« schon während der Obama- und dann in der ersten Trump-Administration war er Verfechter einer Politik, die Kinder an der Grenze von ihren Eltern trennte und sie separat in Abschiebegefängnissen internierte, um damit potentielle Einwanderer abzuschrecken. Nach Ende der ersten Trump-Regierung wurde er Fox-News-Kommentator und hat wesentlich am »Project 2025« und den darin enthaltenen Massendeportationsplänen mitgearbeitet.

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Quelle: Ingar Solty: Trumps Triumph? Gespaltene Staaten von Amerika, mehr Nationalismus, weitere und neue Handelskriege, aggressive Geopolitik. Eine Flugschrift, Hamburg: VSA-Verlag 2025. Wir veröffentlichen diesen redigierten Auszug mit freundlicher Genehmigung von Autor und Verlag.

Keine Zerschlagung der Öffentlichen Daseinsfürsorge in Tübingen und anderswo!

IMI Tübingen - Di, 21/01/2025 - 17:05
Als Teil des Tübinger Bündnisses gegen Kürzungen sprach Reza Schwarz für die Informationsstelle Militarisierung auf der Demonstration unter dem Motto „Kürzungen Stoppen – Gemeinsam für Soziales, Bildung & Kultur kämpfen!“ am 18.01.2025. Wir veröffentlichen deren Redebeitrag nun als IMI-Standpunkt. Liebe (…)

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Trumps zweite Amtszeit: Wie US-Oligarchen Medien in Europa kontrollieren wollen

ISW München - Di, 21/01/2025 - 11:12

Am 20. Januar 2025 übernahm Donald Trump zum zweiten Mal das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten übernehmen. Vor vier Jahren rief er noch zum Sturm auf das Weiße Haus auf, mehrere Menschen starben. In wenigen Tagen betritt er ganz offiziell den Amts- und Regierungssitz der USA, und die ganze Welt schaut zu. Denn was in den USA passiert, beeinflusst Länder und Regierungen weltweit.

Auch für die Medien zeigt sich der transatlantische Einfluss. Unabhängig von der Frage, inwieweit journalistische Inhalte hierzulande von der US-Regierung mitfinanziert werden, konsumieren und zirkulieren Journalistinnen und Journalisten in Deutschland und Europa Informationen von Trump, seiner Regierung und deren Umfeld. Sie tun das beispielsweise auf der Plattform X, deren Besitzer Elon Musk die Plattform und seine über 200 Millionen Follower für den Wahlkampf nutzte und nun Mitglied der Trump-Regierung wird. Gleichzeitig sitzen große Technologiekonzerne wie Meta (Facebook) und Alphabet (Google) in den USA, beherrschen aber auch die Märkte in Europa. In Deutschland finanzieren sie große Verlagshäuser, Journalismusprojekte (z.B. Neue Deutsche Medienmacher) und Forschungseinrichtungen (z.B. an der Technischen Universität München). Auf nationaler und europäischer Ebene bekämpfen sie Versuche, Technologie- und Digitalkonzerne stärker zu regulieren. Mit Musk hat Big Tech nun einen Vertreter ihrer Interessen in der US-Regierung. 

Indes schürt Trump weiter Hass gegen alle, die ihn kritisieren – dazu gehören vor allem auch Journalistinnen und Journalisten, die er als  »Feinde des Volkes« bezeichnet. Laut der britischen Zeitung Guardian drohte e Trumps Kandidat für das Amt des FBI-Direktors Kash Patel: »Wir werden uns die Leute in den Medien vorknöpfen.« Das wirft die Frage auf, ob die Präsidentschaft Trumps auch Einfluss auf die Medien und Medienregulierung in Deutschland und Europa nehmen wird. 

Der Druck wird steigen – auch hierzulande

Bereits in seiner ersten Amtszeit attackierte Donald Trump US-amerikanische Mainstream-Medien, stellte deren Kritik mit Lüge gleich und untergrub so wiederholt die Glaubwürdigkeit von Journalistinnen und Journalisten. Für die Verbreitung seiner Ideen nutzte Trump vor allem die Plattform Twitter, die ihn aufgrund von Aufrufen zu Hass und Gewalt letztlich sperrte. Dennoch verschärfte Trumps Agieren die Debatten um Faktizität, Wahrheit und Konsens, beispielsweise zu Corona, der Klimakrise und seinen Straftaten. Mittlerweile gleichen diese Debatten medialen Informationskriegen – auch in Deutschland. Zudem verschärfte die damalige Trump-Administration die strafrechtliche Verfolgung von Nachrichtenquellen in den USA, mischte sich in die Geschäfte von US-Medienkonzernen ein und schikanierte Journalistinnen und Journalisten bei ihrer Einreise ins Land. CNN-Mitarbeitenden wie Jim Acosta, die im Weißen Haus zu viele Fragen stellten, wurden Presserechte entzogen.

Das war zu Trumps erster Amtszeit. Damals war die Administration schlecht vorbereitet und stellte sich teilweise aktiv gegen Trumps Pläne. Diesmal ist es anders. Das Konzept Project 2025 – entworfen von rund 400 konservativen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unter der Leitung der Heritage Foundation – beschreibt auf knapp 900 Seiten die Prioritäten und Ziele für Trumps zweite Amtszeit. Auch wenn Trump sich öffentlich vom Project 2025 distanziert hat, sind viele der Autorinnen und Autoren sehr gut in republikanischen Kreisen vernetzt. Sie werden wichtige Positionen in der neuen Administration einnehmen. Das Konzept enthält Empfehlungen zu Fragen der Außen- und Innenpolitik, Bildung und Wirtschaft. In Bezug auf Medien unterstreicht Project 2025, dass Trump die öffentlichen Medien in den USA reformieren müsse,  beispielsweise den  öffentlichen Rundfunk, also den Public Broadcasting Service (PBS) und das National Public Radio (NPR). Beiden Institutionen wird vorgeworfen, ein voreingenommenes linksliberales Meinungsumfeld zu schaffen, das konservative Ansichten unterdrücke. Damit seien sie »nicht-bildend«. Ihre Finanzierung solle deshalb gestrichen, der Status als nicht-kommerzielle Bildungssender genommen und die Verpflichtung zu hohen Lizenzgebühren gegeben werden. 

Außerdem solle, laut Konzept, das Verhältnis der Regierung zu Nachrichtenmedien generell überdacht werden. Beispielsweise solle untersucht werden, ob Journalistinnen und Journalisten überhaupt Zugang zu den Räumlichkeiten des Weißen Hauses erhalten müssten. Gleichzeitig sieht Project 2025 die leichtere Beschlagnahmung von E-Mails und Telefonaufzeichnungen, also die Überwachung von Journalistinnen und Journalisten, vor. Laut Kelly McBride, Senior Vice President des Poynter Instituts für Journalismus, seien diese Drohungen ernst zu nehmen. Vor allem die Unterwanderung des Quellenschutzes sei ein offenes Einfallstor, um die Pressefreiheit in den USA weiter einzuschränken. 

Diese Maßnahmen dürften die deutschen und europäischen Medien direkt und indirekt beeinflussen. Zum einen hätten wohl auch deutsche und europäische Journalistinnen und Journalisten mit größeren Einschränkungen im Weißen Haus zu rechnen und damit einen eingeschränkten Zugang zu den Entscheidungsprozessen der Exekutive in den USA. Zum anderen schaffen die Rhetorik und die finanzielle Aushöhlung des ohnehin schon kaum finanzierten öffentlichen Rundfunks in den USA einen Präzedenzfall, der Gegnerinnen und Gegnern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland politisches Futter gibt. Beispielsweise propagiert die AfD gern die „Entideologisierung des Rundfunks“. Sie will den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht reformieren, sondern ihn abschaffen, inklusive „Zwangsgebühren“ und Rundfunkräte. 

Trump wird weitere Regulierung auf europäischer Ebene fast unmöglich machen 

Die erste Amtszeit Donald Trumps zeichnete sich durch ambivalente Positionen gegenüber großen Konzernen aus. Trump und seine Regierung äußerten sich wiederholt kritisch zu Big Tech und anderen großen Konglomeraten, doch dies geschah primär, wenn es politisch opportun war. Beispiele dafür reichen von den Versuchen, die Fusion von dem Telekommunikationskonzern AT&T und Time Warner zu blockieren, über die Forderung, Amazon höhere Versandkosten bei der US-amerikanischen Post aufzuerlegen, bis hin zu ersten Gesprächen über ein Verbot der Videoplattform TikTok. Letztlich passierte auf ordnungspolitischer Ebene aber nichts Substantielles während Trumps erster Amtszeit – der Medienwissenschaftler Philip Napoli hat deshalb argumentiert, dass die Technologiepolitik der ersten Trump-Präsidentschaft ein klassischer Fall für symbolische Politikgestaltung war.

Seit seiner ersten Amtszeit hat sich Trumps Haltung zu den großen Technologiekonzernen deutlich verändert. Inzwischen ist er mit den Tech-Konzernen eng verbunden, was sich auch in der Finanzierung seiner Wahlkampagne zeigt: Trump erhielt insgesamt 273,2 Millionen US-Dollar von einigen der einflussreichsten Persönlichkeiten der Technologiebranche. Darunter fallen erhebliche Spenden von Elon Musk (242,6 Millionen US-Dollar), Marc Andreessen (5,5 Millionen US-Dollar) und Jan Koum (5,1 Millionen US-Dollar). Diese Nähe der kommenden US-Regierung zu Big Tech wird sehr wahrscheinlich auch auf ordnungspolitischer Ebene Wirkung zeigen. Bereits während des Wahlkampfs kündigte Elon Musk – der mit Abstand größte individuelle Spender für Donald Trumps Wahlkampf – über seine Plattform X an, dass die Vorsitzende der US-Wettbewerbsbehörde, Lina Khan, sofort entlassen werde, sollte Trump gewinnen. Der von Donald Trump designierte künftige Chef der US-Bundeshandelskommission FCC, Andrew Ferguson, kündigte diesbezüglich an, dass er Digitalkonzerne und Künstliche Intelligenz nicht oder nur geringfügig regulieren werde.

Gleichzeitig ist die Zukunft der Videoplattform TikTok in den USA hart umkämpft. Während seiner ersten Amtszeit hatte Trump versucht, die Plattform aufgrund nationaler Sicherheitsbedenken zu verbieten. Mittlerweile erklärte er jedoch öffentlich, dies nicht mehr tun zu wollen. Das steht im klaren Gegensatz zur aktuellen US-Gesetzgebung, die darauf abzielt, TikTok zu einer Abspaltung von seiner chinesischen Muttergesellschaft ByteDance zu zwingen. Unklar ist auch, welche wirtschaftlichen Interessen der Trump-Großspender Jeffrey S. Yass verfolgt, dessen Private-Equity-Unternehmen Susquehanna einen 15-prozentigen Anteil an ByteDance hält.

In Europa wird die zweite Trump-Regierung mit großer Wahrscheinlichkeit die Regulierung von Digitalkonzernen erschweren und aktuelle Regulierungen infrage stellen. Biden hatte bereits Österreich, Frankreich, Italien, Spanien und dem Vereinigte Königreich mit Strafzöllen gedroht, nachdem diese Länder Digitalsteuern eingeführt hatten, die primär für US-amerikanische Großkonzernen fällig wurden. Doch der im Februar 2024 in Kraft getretene Digital Services Act (DSA) der Europäischen Union und auch der Digital Markets Act (DMA) sowie der AI-Act werden Konsequenzen für US-amerikanische Plattformen und Suchmaschinen nach sich ziehen. Beispielsweise fallen einige US-amerikanische Digitalkonzerne unter die Regulierung des DSA, der für sehr große Online-Plattformen und Suchmaschinen besonders scharfe Regeln vorsieht. Es ist damit zu rechnen, dass US-amerikanische Digitalkonzerne, die über eine ohnehin schon große Lobbymacht in der EU verfügen, ihre enge Beziehung zur US-Regierung nutzen werden, um EU-Regulierungen soweit wie möglich aufzuweichen. Die damit weiter zunehmende Schwierigkeit, Digitalkonzerne effektiv zu regulieren, stellt eine ernsthafte Herausforderung für die demokratische Kontrolle über zentrale digitale Infrastrukturen dar. Dies schwächt die Fähigkeit, öffentliche Interessen gegenüber mächtigen transnationalen Akteuren durchzusetzen. Fällt diese notwendige Regulierung weg oder wird sie aufgeweicht, nimmt die ökonomische, politische und kulturelle Macht von Digitalkonzernen in Zukunft weiter zu.

Die zunehmende Oligarchisierung der US-Politik wird sich auch hier auswirken 

Die besprochenen Auswirkungen der zweiten Trump-Regierung auf Medien und Kommunikation in Deutschland und Europa werden begleitet von einer grundlegenden Oligarchisierung US-amerikanischer Politik. Natürlich hatten reiche Menschen auch schon in vorherigen Regierungen in den USA und weltweit mehr Einfluss auf die Politik als ärmere Menschen. Unter Trumps zweiter Amtszeit werden allerdings einige wenige extrem reiche Menschen, die mit Trump eng verbunden sind, regierungsähnliche Funktionen ausüben, obwohl sie nie gewählt oder für ein offizielles Amt nominiert wurden. Dies zeichnet sich schon jetzt ab: Mitte November 2024 wurde bekannt, dass Elon Musk, künftiges Regierungsmitglied der Trump-Regierung, den UN-Botschafter des Iran getroffen hat. Es ist also beispielsweise nicht völlig abwegig, dass die künftige US-Regierung ihre weitere NATO-Beteiligung davon abhängig machen wird, ob und wie streng die EU die Plattform X reguliert – so wie JD Vance im Wahlkampf bereit angedroht hatte.

Diese Verhandlungen werden dann mit direkter Beteiligung von Elon Musk stattfinden. Ähnliches droht auch im Fall von TikTok, Meta oder Trump Media denkbar. Am Letzteren hielt Donald Trump selbst noch über 50 Prozent der Anteile, bevor er diese in einen Trust für seinen Sohn Donald Trump Jr. überschrieb. Infolge dieser Oligarchisierung der US-amerikanischen Politik werden künftige EU-Regulierungsbestrebungen wohl nicht nur auf den Widerstand von Digitalkonzernen treffen, sondern auch Vergeltungsmaßnahmen der US-Regierung hervorrufen. Beispiel Meta: Mark Zuckerberg hatte in einem vieldiskutierten Video angekündigt, dass Meta in den USA die Faktencheck-Teams abschafft. Sollten Faktencheck-Teams auch in Europa abgeschafft werden, steht das im Gegensatz zu den neuen EU-Regulierungen im Rahmen des DSA. Es ist denkbar, dass aufgrund Zuckerbergs und Metas Nähe zu Trump, die kommende US-Regierung beispielsweise Strafzölle auf Importe aus Europa ankündigt, wenn die EU Meta zu Faktenchecks verpflichtet.

Die oligarchische Verzahnung wirtschaftlicher und politischer Interessen in der US-amerikanischen Politik wird auch den politischen Meinungsbildungsprozess in Europa und Deutschland verstärkt beeinflussen. Elon Musk nutzt die Plattform X nicht nur zur Bündelung nationaler und transnationaler rechter Kräfte. Ende Dezember 2024 verfasste er auch einen Gastbeitrag in der Welt am Sonntag und machte darin unverhohlen Wahlwerbung für die AfD. Er nannte die Partei »den letzten Funken Hoffnung« und widersprach ihrer rechtsextremen Einstufung. Anfang Januar legte Elon Musk nach und lud AfD-Parteivorsitzende Alice Weidel zu einem Livegespräch auf X ein. Ein paar Tage später teilte er auch noch den Livestream des AfD-Parteitags auf X und verhalf der Partei damit zu einem Millionen-Publikum.

Unabhängige, kritische Medien sind wichtiger denn je 

Verschiedene Organisationen, wie der Deutsche Journalistenverband (DJV), kritisierten die Welt am Sonntag für den Abdruck von Musks Wahlwerbung stark. Andere Journalistinnen und Journalisten hoben dagegen hervor, dass nicht nur die Welt am Sonntag Musk und der AfD eine Bühne biete. Vielmehr griffen verschiedene deutsche und europäische Medien Musks Thesen auf, streuten sie und gaben ihnen damit eine Plattform. Dies sind bedenkliche Anzeichen dafür, wie Medien mit der zukünftigen US-Regierung umgehen werden. Denn die Oligarchisierung der US-amerikanischen Politik und der damit einhergehende anti-demokratische Kurs müssen konsequent offengelegt, kritisch hinterfragt, eingeordnet und bekämpft werden.

Das bedeutet auch, aufzuzeigen, wie die Kontrolle über soziale Medien und die Gesetzgebung genutzt werden, um die Interessen einer kleinen mächtigen Gruppe durchzusetzen. Die zweite Trump-Regierung wird nicht mehr nur größtenteils durch die Streuung von Mis- und Desinformation punkten. Vielmehr wird diese Informationsstrategie mit einer rigorosen Nutzung aller weiteren zur Verfügung stehenden politischen, wirtschaftlichen und kommunikativen Mittel und Wege verknüpft sein – diesmal sogar mit einem akkordierten Plan

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Eine Version dieses Textes erschien am 20. Januar 2025 auf Jacobin.

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"Für einen gerechten Frieden in Palästina und Israel"

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Nobelpreisträgerin: Appell gegen das Aufrüsten

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Rüstung und Überrüstung" heißt ein Text gegen die Spirale des Wettrüstens aus dem Jahr 1909. Autorin ist Bertha von Suttner,... Michael Schmid http://www.lebenshaus-alb.de

Crowdfunding Ergebnis & die Zukunft unseres Journalismus

acTVism - Mo, 13/01/2025 - 19:22

Crowdfunding Ergebnis & die Zukunft unseres Journalismus

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Völkermord, Terrorismus und Völkerrecht in Gaza

acTVism - So, 12/01/2025 - 09:32

Wir befinden uns derzeit in unserer jährlichen Crowdfunding-Kampagne. Wenn Sie möchten, dass unser unabhängiges und gemeinnütziges Mediennetzwerk auch im Jahr 2025 fortbesteht, beteiligen Sie sich bitte an dieser Kampagne, indem Sie hier klicken. Bündnis für Gerechtigkeit zwischen Israelis und Palästinensern Mitglied (BIP) Prof. Dr. Norman Paech hielt diesen Vortrag am 20. November in Essen und hat […]

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Jill Stein zu Syrien, der Ukraine & Trumps Militarisierung der NATO

acTVism - Sa, 11/01/2025 - 18:35

Jill Stein zu Syrien, der Ukraine & Trumps Militarisierung der NATO

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Krise in der Autoindustrie – Vernichtung, Verlagerung oder sozial-ökologische Transformation?

ISW München - Sa, 11/01/2025 - 18:21

Die Krisen überlagern und verstärken sich: Die Klimakatastrophe, die Kriege und die Verrohung der Politik, die begründete Abstiegsängste der Arbeiterinnen und Arbeiter. Vor diesen Hintergründen erklären die Auto- und Zulieferkonzerne drastische Programme zu Werksschließungen und Massenentlassungen. Daraus wächst Verzweiflung und Wut derjenigen, die jahrzehntelang für den sagenhaften Reichtum der Großaktionäre, der Porsches, Piëchs, Klatten und Quandts, und für einen eigenen bescheidenen eigenen Wohlstand gearbeitet haben. Die Regelmäßigkeit der Krisen macht neugierig auf die Erforschung ihrer politisch-ökonomischen Ursachen. Ohne eine belastbare Krisentheorie wird es keine adäquate linke und gewerkschaftliche Praxis, keine Klassenorientierung in diesen Krisen geben.

Ist das noch eine normale Rezession oder ist das der Weg zur Deindustrialisierung? „Die Industriekrise und der langanhaltende Wirtschaftsabschwung hinterlassen am Arbeitsmarkt ihre Spuren“, berichtet Prof. Enzo Weber, Leiter des Forschungsbereichs „Prognosen und gesamtwirtschaftliche Analysen“ am Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) bei der Bundesagentur für Arbeit: „Wir verlieren jeden Monat in Deutschland 10.000 Arbeitsplätze in der Industrie, die Produktion liegt mittlerweile 15 Prozent unter dem Vor-Corona-Nieveau. … Während die eher klassische Industrie Jobs abbaut, werden viel zu wenig Jobs in den neuen Bereichen aufgebaut, insgesamt ist die Jobbilanz in der Industrie tiefrot. Wir brauchen einen Schub nach vorn: Deindustrialisierung ist nicht unausweichlich.“

I. So ist der Kapitalismus

Im Herbst 2024 und Frühjahr 2025 wird die Krise in der Auto- und Stahlindustrie zum großen Thema. Ausschlaggebend sind die Ankündigungen von Volkswagen, Ford, Bosch, Thyssen-Krupp und anderen, Werke zu schließen, Arbeiter_innen in zehntausender Größe zu entlassen und Löhne zu senken. Vorgeblich geht es darum, Verluste „wegen zu hoher Energie- und Arbeitskosten“ zu minimieren – der Strompreis ist inzwischen wieder auf dem Niveau von vor der Krise angekommen. Tatsächlich geht es um höhere Profite und darum, selbst geschaffene Überkapazitäten wieder zu vernichten.

Angst und Schrecken zu verbreiten ist Methode und Ziel der Kampagne der Unternehmen. Unberechtigt ist die Abstiegsangst nicht, wurden doch in den zurückliegenden Jahren bereits 75.000 Arbeitsplätze in der Auto- und Zulieferindustrie verlagert oder vernichtet. Die Inlandsproduktion sank von 5,7 Mio. PKW im Jahr 2016 auf 4,1 Mio. im Jahr 2023. Im scheinbaren Widerspruch zu diesen Überkapazitäten stiegen die Profite auf 60 Milliarden Euro bei den big three in Deutschland, die Gewinnrücklagen auf sagenhafte 250 Milliarden Euro. Luxusautos und hoch motorisierte SUV bringen weniger Absatz als kleine, smarte Fahrzeuge, aber mehr Profit. Die sinkende Nachfrage und der Rückgang der Produktion von Autos in Deutschland um 30 Prozent seit 2016, der Absatzeinbruch von E-Autos um 70 Prozent im Jahresverlauf 2024 und der Einbruch deutscher Hersteller auf dem wichtigen chinesischen Markt um 20 Prozent von 2019 bis 2024 markieren die Verwertungskrise des Kapitals.

Es ist nicht in erster Linie eine Krise der Autoindustrie, sondern der Arbeiterinnen und Arbeiter in der Autoindustrie. Es ist eine Krise der Kapitalverwertung, der Überakkumulation, der sinkenden Arbeitsproduktivität, der zunehmenden Bindung von konstantem Kapital, der sinkenden Profitrate, der sinkenden Massenkaufkraft. Wohin mit dem ganzen Profit, wenn es gewinnträchtigere Bereiche gibt als die Autoindustrie? Ursächlich sind die Modellpolitik, die fast ausschließliche Produktion großer und teurer Fahrzeuge (SUVs), die Erwartung von 10 Prozent Umsatzrendite, die hintertrieben Verkehrswende, die arrogant angegangene und letztlich verschlafene Antriebswende und Digitalisierung sowie die vom Zaun gebrochenen Handelskriege. Ursächlich ist der Wachstumszwang für renditeorientierte Unternehmen und die weit vorauseilende Konkurrenz aus China. Der aufkommende Protektionismus trägt seinen Teil zur Krise bei.

„Es kann sein, dass es zu viele Autos gibt, sicher aber zu wenige von BMW“ – so ein oft zitierter Spruch eines ehemaligen Managers von BMW. Alle Konzerne haben in Erwartung von Profiten ihre Kapazitäten ausgebaut. Bis vor kurzem wollte Volkswagen für zwei Milliarden Euro eine neue Gigafactory für ein Luxusmodell Trinity bauen. Auch der Verkehrswendebewegung mit ihren kreativen Protesten in Wolfsburg ist zu danken, dass diese wahnsinnige Idee zu den Akten gelegt wurde. Erstmals konstatieren Unternehmen wie Volkswagen, Ford und Stellantis jetzt die Überkapazitäten in ihren eigenen Fabriken. Nach sich zum Teil widersprechenden Quellen und Berechnungsgrundlagen (VDA, destatis, OICA, CAAM, ACEA) sieht die Marktentwicklung etwa so aus (siehe Tabelle).

 

PKW Zulassungen (Mio.)

 

2017

2023

 China

23

27

 USA

17

15

 EU

14

11

Summe

55

53

Weltweit

84

78

 

Im Jahr 2024 ging es weiter runter mit Produktion und Absatz in Deutschland, in Europa und speziell für die Hersteller aus Deutschland auch in China; für 2025 ist keine Trendwende absehbar.

Der kapitalismuskritische US Arbeitsmarktforscher Ian Greer wird in der Süddeutschen Zeitung vom 9./10.11. so zitiert: „Die Überkapazitäten sind eine größere Herausforderung als der sinkende Arbeitskräftebedarf. Unternehmen wie die amerikanischen Elektroauto-Spezialisten Tesla und Rivian und viele chinesische Hersteller bauen ihre Produktion aus. Und die traditionellen Automobilhersteller haben ebenfalls expandiert. Es wird Unternehmen geben, die scheitern und Werke schließen müssen. Noch wissen wir aber nicht, welche das sein werden. … Die wichtigste Lektion ist: Die Arbeiter haben gerade viel strukturelle Macht. Autounternehmen brauchen sie, um den Übergang zur Elektromobilität zu bewältigen. Das verschafft den Arbeitern Hebelwirkung, um Forderungen durchzusetzen. … Die Hersteller nutzen die Unsicherheit, um von den Beschäftigten Zugeständnisse zu verlangen – und so zuerst die Renditen für die Aktionäre zu sichern. Aber so ist Kapitalismus.“

II. VW – Abbau oder Umbau?

Der Volkswagenkonzern verbreitet die Mär von Verlusten in der Marke Volkswagen, will Löhne senken, Werke schließen und 30.000 Arbeiter_innen aus der Produktion, der Verwaltung, der Forschung und Entwicklung entlassen. Konservative Medien bis hin zu ARD und ZDF sekundieren bei der millionenfachen Verbreitung dieser Mär und erzeugen im Land das gewünschte Klima von Angst, Neid und Missgunst.

Der Jammer von Volkswagen besteht darin, dass der angepeilte Profit von 6,5 Prozent nicht erreicht wird, sondern – abzüglich der „Restrukturierungskosten“ – nur bei gut vier Prozent liegt. Der Jammer von Volkswagen liegt darin, dass für 2023 „nur“ 4,5 Mrd. Euro an die Aktionäre ausgeschüttet wurden statt der angepeilten 10 Milliarden. Der Jammer von VW besteht darin, dass sie keine Möglichkeiten sehen, die Gewinnrücklagen von fast 150 Milliarden Euro gewinnbringend im Inland anzulegen.

Wem gehören die Fabriken?

Die Geschichte von Volkswagen ist schnell erzählt: Ab Mitte der 1930er Jahre haben die Nazis das „Projekt Volkswagen“ mit Ferdinand Porsche und dem geraubten Vermögen der freien Gewerkschaften umgesetzt. Im Frühjahr 1945 setzte sich Porsche nach Österreich ab und nahm die Kasse von Volkswagen mit. VW war „herrenlos“, wurde von den Briten verwaltet und 1948 „zu treuen Händen“ an die deutsche Bundesregierung übergeben. Alle Gewinne wurden in den Betrieb investiert und das Unternehmen entwickelte sich prächtig. 1960 hat die damalige CDU-Regierung aus der GmbH eine AG gemacht. Das VW-Gesetz wurde verabschiedet, um den Widerstand von Betriebsräten und Gewerkschaften zu brechen. 1980 hat die Kohl-Regierung ihren 20-Prozent-Anteil zu schlechten Bedingungen an die Börse gebracht. Sofort begannen die Porsches und Piëchs im Geheimen damit, Anteile zu kaufen – Porsche wollte Volkswagen schlucken. Es kam etwas anders, im Ergebnis blieb es aber Gleiche: dem PorschePiëch-Clan gehören 53 Prozent der Stammaktien – ohne dass sie sich je an der konkreten Arbeit beteiligt hätten.

Juristisch ist das also ganz klar: 53,3 Prozent der Stimmrechte liegen beim Porsche-Piëch-Clan, 20 Prozent beim Land Niedersachsen, 17 Prozent beim Staatsfond von Katar und 9,7 Prozent im Streubesitz. Historisch und moralisch aber gehört das Unternehmen denen, die dort arbeiten und alle Werte schaffen. Deshalb gilt immer noch das VW-Gesetz von 1960. Die Betriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo hat recht: „130 Millionen Reichsmark entsprechen einer heutigen Kaufkraft von knapp 700 Millionen Euro. Mit einer durchschnittlichen Verzinsung hätte sich aus diesem Kapital, das die Nazis der Arbeiterbewegung geraubt hatten, über die Jahrzehnte ein Milliardenbetrag ergeben. Dieses Geld, unser Geld, steckt heute im VW-Konzern. Und deswegen ist klar: Bei Volkswagen wird niemals der Turbo-Kapitalismus Einzug halten. Sondern bei Volkswagen haben die abhängig Beschäftigten, ihre Familien und Standortregionen immer ein starkes Gewicht. Volkswagen gehört all denen, die tatkräftig mit anpacken, Wirtschaftlichkeit und Beschäftigungssicherung gleichermaßen und gleichberechtigt voranzubringen.“

Für Volkswagen gilt deshalb: Management und Aktionäre haben versagt. Das Unternehmen wird nach Artikel 14/15 des Grundgesetzes vergesellschaftet. Beim aktuellen Aktienkurs kostet eine Entschädigung etwa 40 Milliarden Euro – das bezahlen wir nach der Übernahme als gemeinnützige GmbH oder Genossenschaft, abzüglich der Schäden durch das Management, fast aus der Portokasse bzw. von den Gewinnrücklagen.

Zur Vorgeschichte des aktuellen Konfliktes gehört, dass beim Abschied von der 28,8-Stunden-Woche ein »Arbeitszeitkorridor« von 25 bis 33 Stunden vereinbart wurde, der per »Arbeitszeitfixpunkt« im Einvernehmen mit dem Betriebsrat bisher regelmäßig fast ausschließlich in Richtung 33 Stunden plus Mehrarbeit umgesetzt wurde. Jetzt, wo es darauf ankäme, durch differenzierte Arbeitszeitverkürzung in Richtung 25-Stunden-Woche diesen Vertrag mit Leben zu erfüllen, wird er vom Unternehmen aufgekündigt. Das Ziel ist wohl die Angleichung zwischen Haustarif I und Haustarif II in Richtung der 35-Stunden-Woche als Regelarbeitszeit ohne Lohnausgleich. Praktisch bedeutet das, dass die Arbeiter:innen fast zwei Jahrzehnte lang wöchentlich vier Stunden gratis für das Unternehmen geschuftet haben. Künftig sollen es sechs Stunden werden, die vom Unternehmen nicht vergütet werden. Konservativ gerechnet eine Vorleistung von rund zehn Milliarden Euro aus den zurückliegenden Jahren.

Zur Vorgeschichte gehört auch ein »Zukunftspakt« mit nicht eingehaltenen Zusagen für die Auslastung der Fabriken – nicht nur wegen schlechter Absatzlage, sondern weil Produktion wie die des Transporters und des Passats sowie administrative Arbeit wie Controlling in die Türkei, in die Slowakei und nach Polen oder Indien verlagert wurden. Und wenn die Absatzlage schlecht ist (was mit der völlig verfehlten Modellpolitik zu tun hat), ist vom Management des sozialpartnerschaftlichen Musterbetriebs zu erwarten, dass sie sich zumindest um eine teilweise Neuausrichtung des Unternehmens kümmern. Aber wir erleben gerade, dass in diesem System absolut nichts sicher ist, was sicher schien.

Bei der Betriebsversammlung im Wolfsburger VW-Werk am 4. September sagte der Finanzchef des Konzerns: „Es fehlen uns die Verkäufe von rund 500.000 Autos, die Verkäufe für rund zwei Werke. Der Markt ist schlicht nicht mehr da.“ Im September 2024 platzte die erste Bombe: Das Unternehmen hat eine Reihe von Tarifverträgen gekündigt.

  • Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung. Damit sollen Massenentlassungen und Werksschließungen ermöglicht werden. VW-Markenchef Schäfer sagt, die Reduzierung der Personalkosten um 20 Prozent reichten nicht, auch nicht Abfindungen oder Altersteilzeit.
  • Tarifvertrag zur Übernahme von Auszubildenden nach erfolgreicher Ausbildung.
  • Tarifvertrag zur Leiharbeit, der eine etwas bessere Entlohnung von Leiharbeiter_innen regelt.
  • Vereinbarung zur Mitbestimmung des Betriebsrats bei übertariflicher Entlohnung (Tarif-Plus).
  • Erklärtermaßen soll die Arbeitszeit für das Gros der Arbeiterinnen und Arbeiter ohne Lohnausgleich auf Minimum 35 Stunden regelmäßig verlängert werden.

Alte gegen Junge, Büro gegen Fließband, Emden gegen Zwickau – das ist das Kalkül des Managements. Die Zwickauer „Freie Presse“ fragt, ob es zum Duell Zwickau gegen Emden kommt. „Beide Standorte haben ein ähnliches Profil. Laut Medienberichten kann nur einer von beiden überleben – und für Emden sollen die besseren Argumente sprechen.“ Konzernboss Blume versucht es sentimental: „Wir führen VW wieder dorthin, wo die Marke hingehört – das ist die Verantwortung von uns allen. Ich komme aus der Region, arbeite seit 30 Jahren im Konzern. Ihr könnt auf mich zählen und ich zähle auf Euch – Wir sind Volkswagen“. Aber Tausende skandieren selbstbewusst: „Wir sind Volkswagen – aber ihr seid es nicht!“

Vor der dritten Verhandlung am 21. November platzte die zweite Bombe, die IG Metall legte ein eigenes Angebot vor, verzichtet auf die ursprüngliche Lohnforderung von 7 Prozent und bot ein Sparpaket für das Unternehmen von 1,5 Milliarden Euro in zwei Jahren. Gerechnet auf die 120.000 Beschäftigten macht das mehr als 12.000 Euro Entgeltverlust für jede einzelne Person – und das nach Reallohnverlusten seit 2019 und einer Inflationsrate von 6 Prozent und mehr bei Lebensmitteln. Die kommende Tariferhöhung, so die Idee der Gewerkschaft, könnte befristet als Arbeitszeit in einen Zukunfts-Fonds eingebracht werden. Darüber bekäme das Unternehmen ein Instrument, um bei Bedarf Arbeitszeiten abzusenken. Falls also durch den Strukturwandel in Produktion oder Verwaltung Unterauslastungen entstehen, würde der Fonds helfen, Personalabbau weiterhin sozialverträglich gestalten zu können. Weiter sollen 2025 und 2026 Teile der Boni (ehemals Urlaubs- und Weihnachtsgeld) für Zukunftssicherung eingebracht werden. Im Kern geht es bei dem „Zukunftsfond“ darum, künftigen Personalabbau durch Lohnverzicht zu finanzieren. Außer Acht bleibt dabei, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter seit der Verlängerung der Arbeitszeit vor 20 Jahren von 29 auf 33 Stunden ohne Lohnausgleich bereits jede Woche rund vier Stunden gratis für den Konzern arbeiten – eine Summe von rund 50.000 Euro, die jede und jeder zum Gewinn der letzten beiden Jahrzehnte beigetragen hat. Nun sollen es zwei weitere Gratis-Stunden sein, die alle erbringen sollen.

Ziemlich populär fordern Christiane Benner und Daniela Cavallo, dass das Management und Aktionäre auch einen Beitrag leisten sollen. Die Forderung ist richtig, weil Gewinnentnahme und Managergehälter in ihrer Höhe nicht gerechtfertigt sind – und sie ist zugleich falsch, weil mit dem auch hier von Verlustgeschäften und einem Sanierungsfall ausgegangen wird und „Beiträge“ der Arbeiterinnen und Arbeiter dann zwangsläufig sind. Die IG Metall betont mehrfach, dass „die Arbeitskosten“ nicht das Problem von VW seien. Dennoch fänden sie es gerecht, wenn nach den Arbeiterinnen und Arbeitern bei VW auch der Vorstand auf Gehalt verzichten würde? Das ist eine Form von Populismus, die der IG Metall schnell auf die Füße fallen wird. Wenn Vorstandsboss Oliver Blume auf die Hälfte seiner Bezüge verzichten würde, hätte er immer noch 20.000 Euro AM TAG! Wenn der ehemalige Genrealsekretär des Konzernbetriebsrates und jetzige Personalvorstand Gunnar Kilian auf die Hälfte seiner Vergütung verzichten würde, hätte er immer noch 10.000 Euro AM TAG. Der Vorstand stimmt großzügig zu und erklärt, er habe 2024 das Fixgehalt schon um fünf Prozent gekürzt und auf die Inflationsprämie von 1.000 Euro verzichtet. Weil es letztlich um höhere Profite geht, würden durch „Dividendenpolitik“ keine Beiträge – wofür eigentlich – erwirtschaftet. Und das alles noch im Konjunktiv. Natürlich müssen Vorstandsgehälter begrenzt, vor allem aber müssen Gewinne der Großaktionäre stärker besteuert werden. 

Christiane Benner sagt weiter: „Entscheidend ist, ob es eine Strategie nach vorne gibt. Und die zu entwickeln ist eine Führungsaufgabe.“ Das genau macht das Management seit Jahren nicht. Woher der Glaube oder die Hoffnung, dass sie das jetzt machen werden. Und wo bleibt da der Mitbestimmungsanspruch und der alternative Plan der weltgrößten Gewerkschaft mit einem Organisationsgrad von über 90 Prozent in diesem Konzern?

„Wir verschließen uns keinem Personalabbau und keinem Outsourcing“, sagt Daniela Cavallo bei der Pressekonferenz am 20. November. Das passt dann zur Antwort auf die Frage, wie den Überkapazitäten begegnen werden solle: Der Betriebsrat wäre einverstanden, wenn die Werksbelegung auf der drastisch reduzierten Fertigung vom Herbst 2024 erfolgen würde. Das entspricht in Wolfsburg einer Auslastung von maximal 60 Prozent. In Emden und Zwickau ist das näher an 40 Prozent und in den Komponentenwerken folgt eine angepasste Absenkung der Produktion. Mit Beschäftigungs- und Standortsicherung hat das nichts zu tun. Die Hoffnung, dass das Management sich an solche Abmachungen halten würde, ist spätestens mit der Nichterfüllung des Zukunftspaktes obsolet.

Bei großer Kampfbereitschaft und dem gewerkschaftlichen Organisationsgrad von über 90 Prozent müsste die IG Metall in die Offensive gehen. Denn es ist absehbar, was nach einer Niederlage der größten und stärksten Gewerkschaft im bestorganisierten Betrieb folgen würde: Großflächig wird in der Auto- und Zulieferindustrie, später in der gesamten Metall- und Elektroindustrie und schließlich in allen anderen Bereichen von Industrie- und Dienstleistung Personal entlassen, das Einkommen der Arbeiter_innen nach unten „angepasst“, die Arbeitszeit ausgeweitet und weiter flexibilisiert. Das ist die politische und soziale Dimension dieser Auseinandersetzung, aus der sich die Verantwortung der Gewerkschaft und der gesellschaftlichen Linken ergibt. 

Nur am Rande sei erwähnt, dass die IG Metall kaum mit Solidarität aus dem Werk in Belgien rechnen kann. Für die kämpfenden Kolleginnen und Kollegen im vor der Schließung stehenden Audi-Werk in Brüssel gab es keine Unterstützung von der IG Metall. 

Im Dezember dann die dritte Bombe mit dem Tarifabschluss:

  • Keine betriebsbedingten Kündigungen bis Ende 2030. Zunächst keine Werksschließungen – alles mit Revisionsklausel. Erleichterung bei vielen Arbeiterinnen und Arbeitern, mit dem blauen Auge davongekommen zu sein – und weiterhin große Sorgen in Osnabrück und Emden wegen Unterauslastung und möglicher Werksschließungen.
  • Abbau von 35.000 Arbeitsplätzen bis 2030 = Reduzierung der Personalkosten um 1,5 Mrd. Euro nachhaltig
  • Kapazitätsreduzierung von 730.000 Fahrzeugen
  • Reduzierung der Ausbildungsplätze von 1.400 auf 600 pro Jahr
  • Entgeltreduzierung durch Arbeitszeitverlängerung von 33 auf 35 Stunden und Einbehalt von 5,5 % durch das Unternehmen als „Beschäftigtenbeitrag“ plus reduziertes Urlaubsgeld, Boni etc. In Summe mehr als 10.000 Euro brutto pro Beschäftigten und Jahr (je nach Entgeltstufe).

Die IG Metall hat frühzeitig erklärt, dass die Personalkosten nicht das Problem von Volkswagen sind. Also ist die Senkung der Personalkosten auch keine Lösung des Problems. Deutlich wird am Beispiel: Lohnverzicht sichert keine Arbeitsplätze!

Im Verhandlungsergebnis werden die Betriebsräte mit dem „Zukunftstarifvertrag“ § 3.1.2 darüber hinaus zu „Produktrenditen“ verpflichtet, die natürlich vom Unternehmen gesetzt werden. Im § 4 ist weiter festgelegt, dass „alle Entscheidungen darauf geprüft werden, ob sie an den Standorten wettbewerbsfähig dargestellt werden können“. Für das laufende Jahr ist eine Revision des Entgelttarifvertrages vereinbart, mit den zukünftigen Arbeiterinnen und Arbeitern, also denjenigen, die jetzt ausgebildet werden, weitere Lohnbestandteile im Umfang von sechs Prozent gestrichen werden sollen. Die 130.000 Arbeiterinnen und Arbeiter werden trotz Gewinnrücklagen des Konzerns von über 140 Milliarden Euro um viele Milliarden ihres erarbeiteten und verdienten Entgelts gebracht. US-Gewerkschaften haben in der Autoindustrie und auch bei Boeing vorgemacht wie es möglich ist, dem weinerlichen Kapitalistengenöhle nicht auf dem Leim zu gehen und viel mehr herauszuholen. Die IG Metall hat dem Standortdiskurs und den Interessen von Autokonzern und Großaktionären nicht widerstanden, sondern die Konkurrenz zu Arbeiterinnen und Arbeitern anderer Automobilunternehmen verschärft. 

III. Linke Industriepolitik und die sozial-ökologische Transformation

Die Konversion der Autoindustrie ist voraussetzungsvoll – es braucht einen gesellschaftlichen Konsens, politischen Willen und viel Geld für einen massiven Ausbau des öffentlichen Verkehrs in ländlichen Räumen. Als Olaf Scholz die „Zeitenwende“ ankündigte, waren über Nacht 100 Milliarden Euro dafür da, Rheinmetall und andere Rüstungsunternehmen expandierten mit Fabriken, Personal, Produktion und Profit. Rheinmetall schaut sich leerstehende Fabriken der Auto- und Zulieferindustrie an und übernimmt deren Personal, u.a. bei Conti und Ford. Panzer statt Busse und Züge? Dabei handelt es sich um eine industrielle Konversion, die, weil es um Kriegsgeräte geht, zu weiterem Sozialabbau, zu Kürzungen von Ausgaben für den Klimaschutz und Klimaresilienz und zur Vernichtung in künftigen Kriegen führt.

Ein Beitrag zur Verkehrswende ist der Niedergang der Autoindustrie nicht, weil der öffentliche Verkehr nicht im notwendigen Umfang aufgebaut wird. Das Ergebnis ist eher Mobilitätsarmut. Um einen gesellschaftlichen Konsens zur Mobilitätswende zu erreichen, muss sich die IG Metall von ihrer Fixierung auf die Autoindustrie lösen. Die Aufkündigung der Sozialpartnerschaft durch die Arbeitgeber mit der Androhung von Massenentlassungen und Werksschließungen macht die Perspektivlosigkeit dieser Fixierung sichtbar. Das ist aber nicht Konsens in dieser vielfältigen Gewerkschaft, in der zum Beispiel auch die Arbeiter_innen im Schienenfahrzeugbau organisiert sind. So erklärt die IG Metall in ihrem 11-Punkte-Plan: „Unternehmen und Politik müssen die Mobilitätswende massiv beschleunigen. Schluss mit den Debatten um Ausstiegsdaten und Grenzwerte! Ein Zick-Zack-Kurs gefährdet nur Arbeitsplätze. Mobilität bedeutet für uns die bestmögliche Kombination von Auto, Bus, Bahn und anderen Verkehrsmitteln – in der Stadt wie auf dem Land. Von zentraler Bedeutung: deutlich höhere Investitionen in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs und in das Schienennetz.“

Die Folge des Kahlschlags sind weniger Einkommens- und Gewerbesteuern, weniger Sozialversicherungsbeiträge und weniger Kaufkraft in den Kommunen: Haushalts-Schock in Wolfsburg! 270 Millionen Euro fehlen. "Zu knapp bemessen ist auch die Kostenpauschale für Asylbewerber. 6.000 Euro schießen die Kommunen pro Person zu. Oberbürgermeister Weilmann kündigte an, künftig mehr Menschen abschieben zu wollen." In Köln ist zu lesen: "Nicht mal für neue öffentliche Toiletten in der Stadt ist Geld da. Um die prognostizierten jährlichen Verluste von bis zu einer halben Milliarde Euro abzumildern, müssen die Kölnerinnen und Kölner mehr Gebühren bezahlen.“ Die da oben, wir da unten – das wird immer konkreter, sichtbarerer und krasser.

Es geht um Umbau statt Abbau! Die Eigentümer und Manager der Autoindustrie fahren den Laden gerade gegen die Wand. Ursächlich für die Krise sind die Fehlplanungen und die falsche Produktstrategie der Manager, der rückläufige Autoabsatz sowie die Weigerung von Autoindustrie und der Regierung, die Weichen Richtung Verkehrswende zu stellen. Während VW, Mercedes und BMW mit immer größeren und teureren Autos hohe Gewinne machen, müssen die Arbeiterinnen und Arbeiter um ihre Zukunft bangen. Wir brauchen eine Jobgarantie, eine Einkommensgarantie und eine Weiterbildungsgarantie für die Arbeiterinnen und Arbeiter in einer Industrie mit Zukunft. Es braucht politische Steuerung und mehr Mitbestimmung, denn die Unternehmen werden ihrer Verantwortung nicht gerecht.

VW und die gesamte Auto- und Zulieferindustrie könnte besser dastehen, wenn man auf Die Linke gehört hätte: Ein sozial-ökologisches Investitionsprogramm auf Basis einer bedarfsorientierten Investitionsplanung, kräftige Investitionen in die Infrastruktur, den smarten Fahrzeugpark und das Personal des öffentlichen Personenverkehrs. Weil die profitorientierten privaten Unternehmen das wegen zu geringer Gewinne nicht machen, müssen gemeinwirtschaftlich orientierte Unternehmen aufgebaut werden: gGmbH`s, Genossenschaften oder Stiftungen. Zunächst mit Anschubfinanzierung des Bundes, der Länder oder der Kommunen, bald sich selbst tragend.

Ein weiteres Instrument ist eine kollektive Arbeitszeitverkürzung in Richtung einer Drei- oder vier-Tage-Woche mit Zeitwohlstand für alle, die in diesen Betrieben arbeiten. Das bedeutet eine Abkopplung vom Wachstumszwang, einen Ausstieg aus der globalen Konkurrenz, die die globalen Krisen verursacht hat und kein Teil der Lösung sein kann. Ein ganz praktischer Grund besteht darin, dass die Konkurrenz zu China auf diesem Sektor nicht mehr zu gewinnen ist.

Die politischen Verwerfungen, die Tendenz zu autoritären „Lösungen“ der Krise sind bedrohlich und unübersehbar. Die neuen Nazis beschäftigen sich damit und plakatieren ihren "Stolz auf den deutschen Diesel" vor jedem Werk, greifen BR und IGM an. Zu diesem Teil der „Zeitenwende“ gehört, dass Rüstungshersteller wie Rheinmetall auf die Übernahme der Arbeiterinnen und Arbeiter warten, um neue Waffen zu produzieren, die sich ihren Weg suchen und einen Krieg für finden.

Ohne wesentlich mehr Mitbestimmung der Produzentinnen und Produzenten und der gesamten Gesellschaft, ohne Beschneidung der Macht des Kapitals, ohne Vergesellschaftung wird es keine Krisenlösung gebe, sondern die Katastrophe wird mit allen politischen und sozialen Konsequenzen ihren Lauf nehmen. Carsten Büchling, Betriebsratsvorsitzender bei VW in Kassel sagt dazu: „Dass jetzt betriebsbedingte Kündigungen und Werksschließungen im Raum stehen, ist Wasser auf die Mühlen der AfD. Wenn wir mehr Einfluss hätten auf strategische Entscheidungen, könnten solche Zuspitzungen vermieden werden. Die Beschäftigten müssen zu Miteigentümern der Betriebe werden.“

 

EU-Wahl 2024

AFD

Die LINKE

Niedersachsen

13,2

2,1

Salzgitter

22

2,1

Emden

16,5

2,8

Wolfsburg

15,7

1,7

Deutschland

15,9

2,7

 

Über Klasse und Klassenpolitik zu reden ist richtig, solche praktisch zu machen aber ungleich wichtiger und schwieriger. In den Betrieben gibt es maximale Verunsicherung und große Ängste vor Entlassungen und Betriebsschließungen. Das, was wir jetzt tun müssen, um den Rechten nicht das Feld zu überlassen sind Aktionen auf Basis unserer Kenntnisse und Erfahrungen: Wir brauchen eine klare politisch-ökonomische Analyse entsprechend der aktuellen ökonomischen Lage, der realen Entwicklung, den Kräfteverhältnissen und der Klassenauseinandersetzungen. Angesichts der Krise der Automobilindustrie als Schlüsselindustrie und der notwendigen sozial-ökologischen Transformation sind öffentliche Kontrolle, die Demokratisierung von Unternehmen und öffentliches Eigentum dringend notwendig für eine zukunftsfähige, nachhaltige und gute Arbeit sichernde Industrie – und nicht die Steigerung des Aktienwerts und der Dividendenausschüttung, anknüpfend an das Transparent von gewerkschaftlichen Vertrauensleuten bei der Warnstreikdemo am 2. Dezember in Wolfsburg: „Statt Krise und mit Gier – wenn ihr nicht könnt übernehmen wir!“. Es geht nicht um die radikalste Forderung – aber mit „Sozialpartnerschaft“ und auf Basis der Konkurrenz und Profitwirtschaft sind die Probleme nicht zu lösen.

Es bleibt dabei: Uns aus dem Elend zu erlösen, können wir nur selber tun!

Steigender Arbeitsdruck durch Management per RFID, Excel & KI

ISW München - Sa, 11/01/2025 - 16:40

Im letzten Jahr hat sich erneut gezeigt: Arbeit macht auch in der modernen Arbeitswelt krank. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, wie Beschäftigte unter Druck gesetzt werden. Jeder fünfte Arbeitnehmer war mindestens einmal aufgrund von mentalen Problemen krankgeschrieben, meldet der AXA Mental Health Report 2024 (1). Bei vielen Arbeitsstellen ist die psychische Belastbarkeit des Arbeitenden nachhaltig gefährdet. „Führung geht nicht per Excel-Tabelle“, schreibt der Psychologe Rolf Schmiel in seinem neuen Buch „Toxic Jobs“ (2). Er kritisiert, dass Zahlen von vielen Managern als einziges Steuerungsinstrument genutzt werden. Motivation, die Suche nach Verbesserungspotential der Beschäftigten – all das hält er für sinnvollere Instrumente.

Die Realität sieht anders aus: Bedeutete Controlling in der Vergangenheit, die Gewinnerwartung zu ermitteln und Kostenrechnung zu betreiben, soll heute jeder Arbeitsablauf mit aktuellen Zahlen verfolgt werden. Das ist Ziel der „digitalen Transformation“, von der Unternehmen zunehmend sprechen. Neue Software verspricht immer mehr Möglichkeiten, wie das Beispiel „Microsoft“ zeigt: „Microsoft Fabric verfolgt einen integrierten Ansatz, der Datenintegration, Datenmanagement und Business Intelligence nahtlos miteinander verbindet. Während Power BI bisher überwiegend für die Datenvisualisierung und -analyse verwendet wurde, erweitert Fabric diese Funktionalitäten zu einer umfassenderen Datenplattform. Power BI ermöglicht zwar bereits Datenintegration und Datenmodellierung, aber Fabric hebt das Ganze auf ein völlig neues Niveau.“ (3) Die Dokumentation und Verwaltung von Beschäftigtendaten mit Hilfe moderner Technik ist von besonderer Bedeutung – denn sie liefern Vorgesetzen Daten zur Kontrolle. In „Echtzeit“, wie es heute heißt, indem sofort nach einzelnen Arbeitsschritten etwa das Arbeitstempo überwacht wird. 

Dabei ist diese prozessorientierte Steuerung nicht so einfach umzusetzen, wie ein Bericht des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (Fraunhofer IAO) zeigt. Geschildert wird die Situation in einer Werkshalle der Firma Bosch in Bühl. Es wird alle paar Sekunden ein neuer elektrischer Motor für die Sitzverstellung in Autos produziert – und zwar auf einer rund 50 Meter langen Fertigungsstraße, die seit vielen Jahren genutzt wird. „Um die Performance der Linie durch Daten- und KI-gestützte Analysen zu verbessern, müssen wir zunächst Daten sammeln und korrelieren, was mit den alten Maschinen nicht so einfach möglich ist. Zugleich wäre es aber nicht wirtschaftlich gewesen, sie technisch aufzurüsten“, erläutert Dr. Stefan Groh, Data Scientist bei Bosch (4). „Also haben wir nach einer intelligenten Lösung gesucht, wie wir die Daten kostengünstig sammeln, aufbereiten und weiterverwenden können“. Statt die ganze Maschine zu vernetzen, wurden die Werkstückträger aufgerüstet, auf denen der Motor durch die Fertigungslinie fährt. Diese Träger sind mit RFID-Chips ausgestattet, durch die sich der Weg durch die Linie nachvollziehen lässt. RFID bedeutet „Radio Frequency Identification“. Auf einem kleinen RFID-Chip können die unterschiedlichsten Informationen gespeichert und durch Funkwellen gesendet werden. Durch dieses Senden werden einzelne Arbeitsschritte nachvollziehbar, was den „gläsernen Arbeiter“ ermöglicht. Sobald sich andeutet, dass etwas nicht nach Plan läuft, bewertet eine KI-Software die Auswirkung und schickt eine Meldung auf die Handys von Produktionsplaner und Facharbeiter. Diese Meldungen können dann auch in der Freizeit bei Beschäftigten ankommen, so dass die Arbeit immer mehr in die Freizeit eindringt.

KI-Verordnung ohne Beschäftigtendatenschutz

Im letzten Jahr wurde eine europaweite Regelung zum KI-Einsatz verabschiedet. Die EU-KI-Verordnung gilt für alle Unternehmen mit Sitz in der EU – und zwar nach dem Marktortprinzip gemäß Art. 2 EU KI-VO auch unabhängig vom Standort des Betreibers, solange der Einsatz des KI-Systems für Nutzer in der EU erfolgt. Sie gilt sowohl für Entwickler oder Anbieter von KI-Systemen als auch für deren Anwender im Betrieb und hat deshalb auch für Arbeitsplätze eine große Bedeutung. Mit der Verordnung werden KI-Systeme in unterschiedliche Risikogruppen unterteilt. Zu Hochrisiko-KI-Systemen gehören Recruiting-Programme, die Bewerbungen sichten, Bewerber bewerten oder Aufgaben automatisiert zuweisen. Selbst diese Hochrisiko-KI-Systeme sind aber nicht verboten, sie sollen Anbieter zur Transparenz zwingen, indem eine sogenannte Konformitätserklärung abzugeben ist – sie sollen so zusichern, dass sie sich an die geltenden EU-Vorgaben halten.

Die Mängel der Neuregelung sind offensichtlich: Sie umfasst keinen Schutz der Belegschaften vor Überwachung. Ein spezifisches Beschäftigtendatenschutzgesetz, wie es die Gewerkschaften seit Langem fordern, fehlt also weiterhin.

An oberster Stelle steht bei vielen Technik-Projekten die Begrenzung sogenannter nicht-wertschöpfender Tätigkeiten. Dazu zählen im Industriebereich das Holen von Werkzeugen, Reparaturarbeiten oder die Nachbearbeitung. Auch Abstimmungen zwischen Schichten oder Arbeitsgruppen können dazu gehören. Übersehen wird bei dieser Suche nach „Luft in den Prozessen“ bewusst: Diese Arbeiten dienen den Beschäftigten nicht nur dazu, auch eine kleine Verschnaufpause zu haben, sie sind vielmehr in der Regel Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Erledigung der Arbeit. Auch die Auswertung der einzelnen Arbeitsschritte und somit die Kontrolle der Arbeitenden zählen zu den Möglichkeiten der neuen Technik. Voraussetzung ist oft eine Datenbank, in der Informationen aus unterschiedlichen Quellen in einem einheitlichen Format zusammengefasst werden. Die Folge ist steigender Leistungsdruck in den Betrieben.

Proteste gegen Leistungsdruck bei Amazon

Dagegen regt sich Widerstand. Die Gewerkschaft ver.di hat Beschäftigte von Amazon am „Black Friday“ im Dezember 2024 die zum Streik aufgerufen. In Bad Hersfeld fand eine zentrale Protestaktion statt, zu der 1.200 Streikende aus der ganzen Republik anreisten. Die Arbeiter fordern nicht nur eine Bezahlung nach Tarif. Vielmehr soll der Tarifvertrag für gute und gesunde Arbeit im Einzelhandel durchgesetzt werden. „Die Beschäftigten berichten uns von einem enormen Leistungsdruck, von einer erschöpfenden Arbeitsverdichtung und von einer Überwachung am Arbeitsplatz, die ein Klima der Angst erzeugt“, erklärt ver.di-Bundesvorstand Silke Zimmer (5).

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Nachweise:

(1) www.axa.de/presse/mediathek/studien-und-forschung/mental-health-report-2024

(2) Rolf Schmiel, Toxic Jobs, https://www.zsverlag.de/book/toxic-jobs-e-book-9783965844827

(3) www.haufe.de/controlling/controllerpraxis/microsoft-fabric-veraendert-rolle-des-power-bi-entwicklers_112_639058.html

(4) www.iao.fraunhofer.de/de/forschung/beitrag_01-die-frau-fuers-digitale.html

(5) www.verdi.de/presse/pressemitteilungen/++co++9452b59c-ad91-11ef-be85-2b47d3ea26bf

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