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Wie die Neocons seit den frühen 1990er Jahren die Hegemonie dem Frieden vorziehen

acTVism - mer, 18/09/2024 - 10:05

Wie die Neocons seit den frühen 1990er Jahren die Hegemonie dem Frieden vorziehen.

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Hetze gegen "die jüdisch-internationale Weltfriedensidee" im Jahr 1894

Lebenshaus-Newsletter - mer, 18/09/2024 - 06:48
Ein zentraler Aspekt des vom Lebenshaus Schwäbische Alb e.V. mitgetragenen Forschungsprojektes "Pazifisten und Antimilitaristen aus jüdischen Familien" wird die historische... Michael Schmid http://www.lebenshaus-alb.de

Deutsche Ökonomie in der Globalisierungsfalle? Die internationale Vernetzung der deutschen Wirtschaft

ISW München - mar, 17/09/2024 - 22:46

Die deutsche Ökonomie ist gekennzeichnet durch intensive internationale Verflechtungen.
Ein Merkmal dieser besonderen außenwirtschaftlichen Beziehungen ist seit Jahren der Außenhandelsüberschuss.




Bei der Betrachtung des Offenheitsgrades (Summe von Exporten und Importen im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung) weist Deutschland eine erheblich größere Offenheit aus als vergleichbare andere Industrieländer wie Frankreich, Vereinigtes Königreich, China oder die USA (vgl. hierzu Prognos 2024, 2). Dabei weist die Verflechtung weit über die in den Handelsstatistiken ablesbaren Größen hinaus. Es ist nicht übertrieben zu behaupten, der Aufstieg Deutschlands zu einer führenden Industrienation ist eng mit diesen internationalen Verflechtungen verbunden, ja wäre ohne sie kaum vorstellbar. Sie sind ein besonderes Charakteristikum der wirtschaftlichen Ausrichtung in diesem Land.

Ein Merkmal dieser besonderen außenwirtschaftlichen Beziehungen ist seit Jahren intensiv in der Debatte und in der Kritik: der Außenhandelsüberschuss (vgl. hierzu beispielhaft neben ganz vielen anderen Veröffentlichungen: Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik 2017). Deutschland produziert seit Jahr- zehnten mehr Waren, als es im Inland verbraucht. Dieser oft als »Exportorien- tierung« bezeichnete Tatbestand war lange Zeit der wichtigste Wachstumstreiber der deutschen Wirtschaft. Der Schwerpunkt der deutschen Warenausfuhren liegt dabei bei wenigen Industriebranchen. Die Autoindustrie, der Maschinenbau, die Chemische Industrie, DV-Geräte, Elektronik, Optik und die Elektrischen Ausrüs- tungen machten im Jahr 2023 55 Prozent der gesamten Ausfuhren aus.

Deutschland ist einer der wenigen klassischen Industrieländer, wo die Be- deutung der Industrie (Anteil an Bruttowertschöpfung und an der Beschäftigung) für die gesamte Wirtschaft seit langem stabil ist. Fast alle anderen Länder hat- ten mehr oder weniger ausgeprägte Deindustrialisierungen zu verkraften. Ohne erhebliche Exportquoten wäre diese Entwicklung in Deutschland nicht möglich gewesen. Einen so großen Bedarf an industriellen Produkten gibt es inländisch schlicht nicht.

Allerdings sind die Zeiten stark steigender Außenhandelsüberschüsse vorbei. Der Höhepunkt war bereits 2016 erreicht, als der Überschuss einen Wert von fast 250 Milliarden Euro erreichte. Seitdem war er bis 2022 kontinuierlich gesunken. Im letzten Jahr stieg er wieder an, blieb aber mit 225 Milliarden Euro deutlich unter den früheren Spitzenwerden. Zudem sind diese Daten aus der Handelssta- tistik nicht preisbereinigt. Real ist der Rückgang in den letzten Jahren damit noch viel größer gewesen.

Während die Exportorientierung immer Gegenstand intensiver Debatten war, ist ein anderes Merkmal der internationalen Verflechtungen lange Zeit unbeachtet geblieben: die Importorientierung. Erst in den Zeiten der Corona-Krise, als internationale Lieferketten gerissen sind und Produktion deshalb nicht mehr stattfinden konnte, rückte auch dieser Aspekt in den Blickpunkt. 2023 betrugen die Warenausführen knapp 1,6 Billionen Euro, die Einfuhren beliefen sich aber ebenfalls auf gigantische 1,4 Billionen Euro. Angesichts dieser Summen relati- viert sich sogar der enorme Außenhandelsüberschuss. Bis 2019 waren sowohl die Exporte als auch die Importe kontinuierlich angestiegen, mit Ausnahme der Krisenjahre 2009/10. Der Rückgang 2020 war ebenfalls krisenbedingt, durch die Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronapandemie waren die Außenhandels- beziehungen stark eingeschränkt. Der starke Anstieg der Einfuhren 2022 beruht ausschließlich auf Preiseffekten, weil die Importpreise für Gas und Öl und auch einige andere Rohstoffe förmlich explodierten. Das hat sich im letzten Jahr wie- der normalisiert.

Von dem Muster, das Rohstoffe eingeführt und dann industrielle bearbeitet wer- den und diese Produkte dann ausgeführt werden, haben sich die deutschen Ein- fuhren schon lange entfernt. Natürlich werden auch weiterhin Rohstoffe impor- tiert, da Deutschland als rohstoffarmes Land darauf angewiesen ist. Das ist aber nur ein relativ kleiner Teil. Selbst wenn man davon ausgeht, dass Rohstoffe zu relativ niedrigen Preisen gehandelt werden und deshalb – in Werten ausgedrückt

– in der Handelsbilanz unterrepräsentiert sind, machen sie nur einen kleinen Teil der Importe aus. Die Struktur der Güter unterscheidet sich nicht wesentlich von der Struktur der Exportgüter. Gut die Hälfte der importierten Waren sind Produkte der wichtigen Industriebranchen DV-Geräte, elektrische und optische Erzeugnisse, Autoindustrie, elektrische Ausrüstungen, Maschinenbau und che- mische Erzeugnisse.

Auch von den Ländern unterscheiden sich die Warenein- und Ausfuhren nicht besonders stark. Wichtigster Handelspartner ist in jedem Fall die EU. 54 Prozent der Exporte gingen und 52 Prozent der Importe kamen 2023 aus der EU. Nach einzelnen Ländern sortiert gehen die Exporte vor allem in die USA, nach Frankreich, die Niederlande, China und Polen. China ist das einzige Land, bei dem sich die deutschen Handelsbeziehungen deutlich von den anderen unter- scheiden. Aus China beziehen wir viel mehr Waren, als wir dorthin verkaufen. So ist die Rangfolge der wichtigsten Importstaaten China, die Niederlande (das ist ein Sonderfall, weil ein großer Teil der Ölimporte der Niederlande zugerechnet wird), Polen und Italien.

Zu den Importen gehören neben Gas, Öl, Metallen und landwirtschaftlichen Er- zeugnissen auch Konsumgüter. Große Teile der heimischen Konsumgüterindus- trie wurden in den letzten Jahrzehnten von den Importeuren verdrängt. So gibt es beispielsweise praktisch keine Produktion von Unterhaltungselektronik oder von Textilien mehr in Deutschland. Diese Branchen haben dem Kostendruck mit Ländern, die mit erheblich geringerem Lohnniveau fertigen, nicht standgehalten. Auch viele gängige Medikamente kommen mittlerweile fast ausschließlich aus dem Ausland. Doch die Einfuhren spielen auch für die hiesige Produktion eine ganz wichtige Rolle. Es werden in großem Maße industrielle Vorprodukte ein- geführt, die in Deutschland weiterverarbeitet werden.

Mit der Osterweiterung der EU wurde die dortige Industrie zu einer verlän- gerten Werkbank der hiesigen Unternehmen entwickelt. Viele neue Fabriken entstanden auch auf der grünen Wiese. Teile der vorher in Deutschland statt- findenden Produktion wurde in diese Länder verlagert, was zu einer erheblichen Kostensenkung führte. Eine weitere wichtige Vorleistungsgruppe, die importiert wird, sind Güter, die in Deutschland nicht in ausreichender Menge und/oder in ausreichender Qualität zur Verfügung stehen. An erster Stelle sind hier die Halb- leiter zu nennen, die in vielen Branchen benötigt werden. Im Ergebnis ist in der deutschen Industrieproduktion ein bedeutender Teil ausländischer Wertschöp- fung enthalten.

»Der überdurchschnittlich hohe Offenheitsgrad liegt unter anderem am ho- hen deutschen Importbedarf an Vorleistungsgütern für die weitere Verarbeitung in den industriellen Wertschöpfungsketten. Ein erster Überblick zeigt, dass ei- nige Branchen besonders viele Vorleistungsgüter aus dem Ausland beziehen, die dann in ihren jeweiligen Produktionsprozessen weitere Verwendung finden. An der Spitze steht hier der Kraftwagenbau mit Vorleistungsimporten im Wert von mehr als 60 Mrd. Euro.« (Prognos 2024, 2)

In den zentralen deutschen Industriebranchen wie Auto, Chemie oder Maschi- nenbau stammen 30–40 Prozent der Wertschöpfung aus dem Ausland. Das gilt in etwas abgeschwächter Form nicht nur für die Produktion, sondern auch für die deutschen Ausfuhren. »Etwa 30 Prozent der Exporte des Verarbeitenden Gewerbes enthalten importierte Vorleistungen und Rohstoffe. … In der Auto- mobilindustrie macht ausländische Wertschöpfung etwa 28 Prozent des Wertes der Exporte aus. Das liegt etwas unterhalb des Durschnitts des Verarbeitenden Gewerbes. Die Bedeutung globaler Wertschöpfungsketten hat über die Zeit zu- genommen« (SVR 2022, 375).

Damit wird der Umriss des deutschen »Geschäftsmodells« deutlich. Mit dem Import günstiger Konsumgüter und günstiger Energie wurde der Lebensstandard gesichert. Gleichzeitig haben niedrige Energie- und Rohstoffpreise sowie die Ein- fuhr von industriellen Vorleistungsgütern aus Staaten mit erheblich niedrigerem Lohnniveau die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie gesteigert. Das hat zu den großen Exporterfolgen beigetragen und somit relativ gut bezahlte industrielle Ar- beitsplätze gesichert und den exportierenden Konzernen hervorragende Profite beschert. Doch dieses Modell stößt schon seit längerem an seine Grenzen. Die un- mittelbaren Wachstumseffekte aus den vielfältigen Außenhandelsverflechtungen lassen sich am Außenbeitrag ablesen. Diese Größe aus der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung beschreibt den Anteil des Wachstums (oder des Schrumpfens), die sich aus den Exporten minus der Importe ergeben.

Zuletzt waren es die Jahre 2010 bis 2012, in denen es der deutschen Ökonomie gelungen war, einen nennenswerten Außenbeitrag zu erwirtschaften. Damals haben die Exporte wesentlich dazu beigetragen, die Wirtschafts- und Finanz- krise schnell zu überwinden, was als V-förmiger Krisenverlauf bezeichnet wur- de. Die Industrie hatte dabei stark von den weltweiten Konjunkturprogrammen profitiert, die zur Überwindung der Krise aufgelegt wurden. In den Jahren 2013 bis 2018, die von einem mäßigen konjunkturellen Aufschwung geprägt waren, traf das nicht mehr zu. Auf den gesamten Zeitraum betrachtet gab es überhaupt keinen positiven Außenbeitrag mehr. Die Außenhandelsverflechtungen hatten das Wachstum vermindert und keineswegs gepusht. Der Aufschwung war aus- schließlich binnenwirtschaftlich getragen. 2020 setzte dann eine Phase multipler Krisen mit vielfältigen Ursachen ein.

Die Phase der De-Globalisierung

Die große weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise der Jahre 2008/09 war nicht nur für die deutschen Außenhandelsbeziehungen eine tiefgreifende Zäsur. Zu- mindest was den Welthandel betrifft brach der Prozess der fortschreitenden Globalisierung, bei dem der Welthandel schneller zunahm als die Wirtschafts- leistung, ab. Eine neue Phase der Wirtschaftsbeziehungen brach an, die viele als De-Globalisierung charakterisierten. Es waren aber nicht nur die realen Han- delsbeziehungen betroffen, auch die ideologischen Debatten verschoben sich. Wurden die »Schatten der Globalisierung« (Stiglitz) wie die Deregulierung der Finanzmärkte, die Folgen des Freihandels und die immer ungleichere Verteilung bisher von linker Seite intensiv kritisiert (was auch zur Gründung von ATTAC führte), so kam die Globalisierung jetzt von rechts, von nationalistischer Seite, immer stärker unter Beschuss.

»Der Trend geringerer Wachstumsraten und stagnierender Globalisierung ist Folge der Krisen der letzten Jahre sowie der zunehmenden Widerstände ge- gen eine voranschreitende Öffnung der Märkte. Seit vielen Jahrzehnten war die Grundhaltung neo-liberaler Ökonomen das herrschende Paradigma. Dazu gehör- te auch die auf Adam Smith und David Ricardo zurückgehende Überzeugung, dass der Handel und die Spezialisierung der Länder auf die Waren, die sie we- gen einer besseren Verfügbarkeit von Produktionsfaktoren zu (vergleichsweise) geringeren Kosten herzustellen vermögen, den Wohlstand mehren.« (Kurtzke/ Scheidt 2023, 3)

Dieses Paradigma wich immer stärker den Forderungen nach nationaler Ab- schottung. Politisch setzte sich dieser nationalistische Kurs mit der Wahl von Donald Trump (Amtszeit 2017–2021) vor allem in den USA durch. Der wirt- schaftliche Konflikt mit China wurde weiter zugespitzt, aber auch gegen andere Länder wie die EU wurden Strafzölle eingeführt. Die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit der EU (TTIP) wurden abgebrochen. Der nordameri- kanische Freihandelspakt NAFTA wurde ebenfalls ausgesetzt und durch das neue Abkommen United States-Mexico-Canada Agreement (USMCA) ersetzt, in dem es beispielsweise umfangreichere Local Content Bestimmungen gibt. Obwohl dieser neue Kurs die selbst gesteckten Ziele, wie eine Verringerung des US-Ame- rikanischen Leistungsbilanzdefizits, klar verfehlte (siehe hierzu Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik 2023, 85f), wurde die Zollpolitik unter Joe Biden praktisch unverändert fortgeführt, die Sanktionspolitik gegenüber China sogar verschärft. Die Politik der Abschottung ist offensichtlich in den USA zu populär um geändert zu werden.

Eine ganz neue Qualität der Störung internationaler Wirtschaftsverflechtun- gen entwickelte sich ab 2020. Zunächst brach im Frühjahr die Corona-Pandemie aus. Die Staaten versuchten, durch Abschottungen, Grenzschließungen, Betriebs- schließungen und vielen Einschränkungen für die Bevölkerung die Ausbreitung des Virus zu verhindern. Das hat die wirtschaftlichen Aktivitäten erheblich eingeschränkt. Die Welt geriet in eine schwere Wirtschaftskrise. Noch stärker waren die internationalen Beziehungen betroffen. Einzelne Länder wie China fuhren mit einer null-Covid-Strategie einen noch härteren Kurs. Ganze Städte (oder auch Häfen) wurden abgeriegelt, wenn einzelne Infektionsfälle auftragen. Die in- ternationalen Lieferketten brachen zeitweise zusammen. Deutschland war davon besonders stark betroffen, die ganz große Mehrheit der Unternehmen litten wie die Befragungen des ifo-Instituts ergaben unter Materiamangel. Die Produktion musste häufig eingeschränkt werden. Besonders prominent in der öffentlichen Wahrnehmung war der Mangel an Mikrochips in der Automobilindustrie, doch es fehlte an vielen Rohstoffen und Vorprodukten und das in praktisch allen Bran- chen.

»Bei näherer Betrachtung der großen europäischen Industrien fallen zwei Dinge ins Auge. Erstens kämpfte Frankreich historisch mit einer hohen Material- knappheit. Diese zeigte sich insbesondere Anfang der 1990er und 2000er Jahre. Die Werte für Deutschland, Spanien, Italien und Österreich lagen vor der Pande- mie im Schnitt bei 4,6 %. Zweitens litt besonders Deutschland unter den jüngs- ten Materialengpässen. Ende 2021 und Anfang 2022 berichteten in Deutschland mehr als 80 % der befragten Unternehmen von Engpässen. In Irland, Schweden und Dänemark – die neben Deutschland am stärksten betroffen waren – klagten 71 %, 67 % beziehungsweise 65 % der Unternehmen über einen Materialmangel« (Licht/Wohlrabe 2024, 60f).

Nachdem die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abklangen und die Lage sich beruhigte, begann der Krieg Russlands gegen die Ukraine. Die EU und viele westliche Staaten reagierten mit umfassenden Sanktionspaketen, mit denen die russische Ökonomie in die Knie gezwungen und damit Kriegsuntüchtig gemacht werden sollte. Vor allem für die weltweite Energieversorgung erwiesen sich der Krieg und die Sanktionen als verheerend. Aber auch bei einigen Metallen, bei Lebens- und Düngemitteln gab es Versorgungsengpässe, die zu stark steigenden Preisen führten. Die unmittelbaren Handelsverflechtungen Deutschlands mit Russland waren nicht sehr ausgeprägt, doch die explodierenden Energiepreise haben die deutsche Ökonomie stark beeinträchtigt. Auch wenn die Energiepreise inzwischen fast wieder das Vorkrisenniveau erreicht haben, die Zeiten der sehr billigen Energie ist wahrscheinlich endgültig vorbei. Und es ist der Arbeitsgrup- pe Alternative Wirtschaftspolitik unbedingt zuzustimmen, wenn sie in diesem Krieg einen Brandbeschleuniger für die Krise der internationalen Wirtschafts- beziehungen sieht.

»Der Krieg hat auch die geopolitische Spaltung der Welt vorangetrieben. Schon vorher entfaltete sich der Machtkampf um eine dominierende Stellung in der Welt zwischen den USA und China. Jetzt droht zunehmend eine Blockbil- dung, bei der China und Russland auf der einen Seite, Europa, die USA und Japan auf der anderen Seite stehen. Als Konsequenz werden in Deutschland die engen wirtschaftlichen Beziehungen zu China deutlich kritischer gesehen. Konzerne ge- raten in eine Zwickmühle zwischen der wirtschaftlichen Abhängigkeit von China und den Risiken ihres Engagements bei feiner Zuspitzung des Konflikts.« (Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik 2023, 85)

In der schwierigen geopolitischen Situation, in der wir uns gegenwärtig be- finden, gibt es mit dem notwendigen ökologischen Umbau und der fortschrei- tenden Digitalisierung zwei weitere Mega-Themen, die auch das internationale Wirtschaftsgeflecht massiv verändert. Die Umstellung auf erneuerbare Energien ist langfristig nicht nur aus ökologischen Gründen vorteilhaft. Zwar fallen enor- me Investitionsaufwendungen an, aber für die laufende Stromproduktion gibt es keine zusätzlichen Rohstoffkosten. Auch die Abhängigkeiten von Energieimpor- ten nehmen ab. Zwar wird Deutschland auch mit erneuerbaren Energien nicht Energieautark und wird weiter auf Einfuhren angewiesen sein. Die Anteile der inländischen Erzeugung fallen bei Wind und Sonne deutlich höher aus als bei fossilen Brennstoffen. Zudem können die Importe leichter diversifiziert werden, weil relativ viele Länder klimatisch gute Voraussetzungen für erneuerbare Ener- gien aufwarten.

Auf dem Weg dorthin gibt es aber neue internationale Abhängigkeiten. Das fängt aktuell bei den Solarpanels an, die nicht mehr in Deutschland produziert werden. Sie werden ausschließlich aus China importiert. Auch bei den Elemen- ten für Windkraftanlagen wachsen die Anteile, die von ausländischen Zulieferern kommen. Wenn man nicht nur die Energieversorgung anschaut, sondern den gesamten ökologischen und digitalen Umbau, dann verändert sich der Bedarf an Rohstoffen. Nach der Definition der EU sind kritische Rohstoffe solche, die eine hohe geographische Konzentration und häufige Verwendung in Zukunftstechno- logien aufweisen. Unter letzterem werden 3D-Druck, Drohnen, Digitale Techno- logien, Li-Ionen Batterien, Robotik, Photovoltaik, E-Motoren und Windenergie gesehen.

Kritische Rohstoffe sind Cobalt, Bor, Silicium, Graphit, Magnesium, Lithium, Niob, Seltene Erden und Titan (siehe hierzu Flach u. a. 2022). Bei einigen dieser Rohstoffe wird in den kommenden Jahren ein gewaltig steigender Bedarf prog- nostiziert. Bei vielen ist China derzeit ein wichtiger Lieferant für den Weltmarkt. Mangelnde Investition in Förderstätten, sich zuspitzende Konflikte und Handels- kriege können schnell zu Lieferproblemen und/oder stark steigenden Preisen führen.

Ein heikler Punkt in den internationalen Wirtschaftsbeziehungen sind Sub- ventionen. Nach den Regeln der Welthandelsorganisation WTO sind sie norma- lerweise verboten, um international faire Wettbewerbsbedingungen zu garantie- ren. Es gab immer wieder Vorwürfe, Verdächtigungen und auch Verfahren vor den WTO-Schiedsgerichten wegen unerlaubter Subventionierung. Ein bekann- ter Fall, der sich seit vielen Jahren hinzieht sind die gegenseitigen Vorwürfe zwi- schen Boing und Airbus. Jetzt sind viele Staaten ganz offen dazu übergegangen, die WTO-Regeln nicht mehr zu beachten und mit massiven Subventionen um die Ansiedlung von Kapital zu buhlen. Ziel ist es, internationale Abhängigkeiten zu verringern, Arbeitsplätze im eigenen Land zu sichern und die industrielle Füh- rerschaft in wichtigen Branchen zu erzielen.

China arbeitet mit einem vielfältigen Förderinstrumentarium daran, bis 2049 zur weltweiten führenden Industrienation aufzusteigen. Zwischenschritte dahin waren der fünf-Jahres-Plan 2021–2025 und die Made in China 2025 Strategie.

»Das Handlungsmuster, wie in der ‚Made in China 2025‘ Strategie vorgegangen wird, ist bei den unterschiedlichen Technologien ähnlich. Zuerst werden aus- ländische Investoren angeworben, Technologien übernommen und Nachfrage geschaffen. Danach entwickelt man sich selber Schritt für Schritt zum globalen Technologieführer.« (Kurtzke/Scheidt 2023, 16)

In den USA hat die Biden-Administration zur Ankurbelung der Wirtschaft einen »Built Back Better Plan« aufgelegt. Neben einem Programm für mehr In- frastrukturinvestitionen »Infrastructure Investment and Jobs Act« gehören dazu zwei große Förderprogramme zur Subventionierung der Industrie. Das ist der

»Chips and Science Act« (Volumen 280 Milliarden US-Dollar) und der »Infla tion Reduction Act” (Volumen 550 Milliarden Euro) (Vgl. ausführlicher Kurtzke/ Scheidt 2023, 10ff). Die Finanzvolumina sind nur erste Ansätze. Da die Förder- mittel nicht gedeckelt sind, können die Beträge noch erheblich ansteigen.

Auch in der EU gibt es eine Vielzahl an industriepolitischen Initiativen und Förderprogrammen, um den ökologischen Umbau, die Digitalisierung und stra- tegische industrielle Ziele finanziell zu unterstützen. Sie werden im »Green Deal Industrial Plan« gebündelt. Die möglichen Fördervolumina unterscheiden sich wahrscheinlich gar nicht so viel von den US-amerikanischen und den chinesi- schen Programmen. Doch die EU hat hier einen strukturellen Nachteil: Es dauert in der Regel sehr lange, bis entsprechende Initiativen das europäische Gesetzge- bungsverfahren durchlaufen haben. Dann müssen diese Richtlinien noch in na- tionales Recht überführt werden. Am Ende müssen die konkreten Fördermittel wieder von der EU genehmigt werden. Auch wird normalerweise nur die Erlaub- nis zur Förderung erteilt, die Geldmittel kommen von den Nationalstaaten. Vie- le können sich entsprechende Förderungen gar nicht leisten. Deutschland hätte damit zwar grundsätzlich kein Problem, es schränkt sich aber selber durch die Schuldenbremse und keine ausreichende Besteuerung von Unternehmen, hohen Einkommen und großen Vermögen ein.

Grundsätzlich ist es zwar richtig, wenn Regierungen die wirtschaftliche Ent- wicklung nicht dem freien Markt überlassen, sondern selbst für die strategische Ausrichtung eingreift. Die Förderung ökologischer Produktion, die sich über Marktpreise noch nicht rechnet, kann auch sehr sinnvoll sein. Doch faktisch ha- ben die vielen nationalen Initiativen zu einem Subventionswettlauf geführt, der sehr teuer ist und bei dem alle verlieren. Krätke beschreibt diese Entwicklung spe- ziell für die Halbleiterbranche. Weil sie als strategisch sehr wichtig eingeschätzt wird, werden Investitionen praktisch überall gefördert. »Damit erleben wir den Beginn eines weltweiten industriepolitischen Wettlaufs, der die heutige interna- tionale Arbeitsteilung zwangsläufig verändern muss. Denn alle wollen sich aus der Abhängigkeit von Zulieferern aus dem Ausland lösen.« (Krätke 2022, 101) Das ist in diesem Fall besonders ärgerlich, weil es sich um eine hochprofitable Branche handelt, die überhaupt keiner Förderung bedarf.

Die weltweite Aufstellung des deutschen Kapitals

Nicht erst, seit es für die Ansiedlung von bestimmten Industrien hohe staatliche Subventionen gibt, ist die Anlage des Kapitals im Ausland für deutsche Unterneh- men ein Thema. Es ist ein langfristiger Trend und ein weiterer Faktor der inter- nationalen Verflechtung der deutschen Ökonomie. »Deutsche Unternehmen par- tizipierten ebenfalls an der Globalisierung in Form von Direktinvestitionen. So schraubten hiesige Firmen ihren konsolidierten Bestand an Direktinvestitionen im Ausland von gut 120 Mrd € Ende des Jahres 1990 auf knapp 1½ Billionen € Ende 2019 hoch.« (Deutsche Bundesbank 2021, 18)

Die Motive für Direktinvestitionen sind vielfältig. Saldenmechanisch sind sie eine Gegenbuchung zu den Leistungsbilanzüberschüssen. Allerdings stellt der Be- stand an Direktinvestitionen auch Vermögen dar, aus denen wieder Renditen er- wirtschaftet werden. Wenn diese nicht vollständig wieder in dem Land investiert werden, steigern diese Einnahmen wiederum den Leistungsbilanzüberschuss.

»Die Primäreinkommensbilanz wies im Berichtsjahr einen massiven, praktisch unveränderten Aktivsaldo von 144 Mrd. € aus. Der Überschuss war nur etwa 2 Mrd. € höher als 2022, nachdem er in den beiden Jahren zuvor kräftig angestie- gen war. Somit entsprachen allein die Nettoerträge der Primäreinkommen etwa 3 ½ % des BIP.« (Deutsche Bundesbank 2024, 96) Zum Vergleich: der gesamte Überschuss in der Leistungsbilanz betrug 2023 243,1 Milliarden Euro. Aus den internationalen Vermögenseinkommen speist sich also ein erheblicher Teil des gesamten Leistungsbilanzüberschusses.

Den größten Bestand an deutschen Direktinvestitionen im Ausland hatte 2021 mit 489 Milliarden Euro die EU, knapp dahinter lagen die USA mit 409 Mil- liarden Euro. Der Bestand an deutschen Direktinvestitionen in China war mit 103 Milliarden Euro deutlich kleiner, wenn auch schnell zunehmend. Insgesamt sind die ausländischen Direktinvestitionen in Deutschland erheblich geringer. Der Be- stand an Direktinvestitionen aus der EU lag bei 380 Milliarden Euro. Aus den USA war der Bestand mit 67 Milliarden Euro relativ klein, aus China gab es gar nur einen Bestand von 4,6 Milliarden Euro (alle Zahlen Deutsche Bundesbank). Das in Deutschland manchmal der Eindruck vermittelt wird, es gebe einen Aus- verkauf der deutschen Wirtschaft an das Ausland oder gar nach China, erscheint nach den Zahlen relativ absurd. Generell gibt es aber auf der Kapitalseite eine große internationale Verflechtung.

Aus der Sicht des einzelnen Unternehmens kann eine Direktinvestition eine reine Finanzanlage sein. Oft werden Beteiligungen aber auch aus strategischen Gründen getätigt. Kooperationen zu anderen Unternehmen im Ausland werden so aufgebaut. Mit der Mehrheitsübernahme anderer Unternehmen oder dem Aufbau von Produktionsstätten auf der grünen Wiese können aber auch die eigenen Produktionskapazitäten erweitert werden. Damit können Exporte ergänzt oder ersetzt werden.

Das die Direktinvestitionen auch in den Aufbau von Produktionskapazitäten geflossen sind, zeigt sehr deutlich die deutsche Automobilproduktion. 2023 pro- duzierten die deutschen Autokonzerne im Inland 4,1 Millionen PKW (von denen 75,7 Prozent exportiert wurden), aber an ausländischen Fertigungsstätten 10,1 Millionen PKW. Die ausländischen Produktionskapazitäten sind also längst viel größer als diejenigen in Deutschland. An erster Stelle steht dabei China, wo die deutschen Konzerne (hier nur Zahlen für 2021) 4,36 Millionen PKW fertigten. Danach folgen die ausländischen Standorte in Europa mit 3,18 Millionen PKW und in Amerika mit 1,98 Millionen PKW. Der Anteil der inländischen Fertigung an der Gesamtproduktion hat gegenüber 2018 weiter abgenommen.

Als Motiv für die Produktion im Ausland gilt häufig die größere Marktnähe. In gewissem Maße können dann Direktinvestitionen im Ausland die heimische Produktion sogar stärken. Unternehmen die investieren tun dies häufig im In- land und im Ausland. Allerdings kann es auch zur Verlagerung der inländischen Produktion kommen, dann werden Exporte durch Auslandsproduktion ersetzt. Es spricht viel dafür, dass wir dieses gerade in China erleben. Die Exporte bre- chen ein, die Direktinvestitionen steigen weiter. »Der sprunghafte Anstieg der grenzüberschreitenden Primäreinkommen aus China sowie die reinvestierten Gewinne deutscher Unternehmen deuten darauf hin, dass deutsche Unterneh- men zunehmend nicht mehr nach China exportieren, sondern direkt dort produ- zieren. Darüber hinaus erhöht China seinen heimischen Wertschöpfungsanteil an konsumierten, investierten und produzierten Waren, sodass die Importquote

Chinas um etwa die Hälfte im Beobachtungszeitraum gesunken ist. Hierfür ist nicht zuletzt Chinas technischer Fortschritt verantwortlich.« (Stamer 2023, 11)

Was bedeutet es aus deutscher Perspektive, wenn Exportproduktion substi- tuiert wird? Hier muss man klar unterscheiden zwischen der Perspektive der Be- schäftigten und des Kapital. Aus der Sicht der Beschäftigten gehen Arbeitsplätze verloren. Wenn diese nicht durch zusätzliche inländische Nachfrage ersetzt wer- den können, ist damit klar ein Wohlstandverlust verbunden. Allerdings ist damit für die – in diesem Fall chinesischen – Beschäftigten eine Zunahme an Arbeits- plätzen und damit an Wohlstand verbunden. Der Außenhandelsüberschuss geht zurück. Aus der Sicht des Kapitals kommt es nur auf die Renditen an. Da diese bei der chinesischen Produktion mindestens so hoch sind wie in Deutschland (siehe hierzu Bertelsmann Stiftung 2023), haben Vorteile. Denn sie können Ein- fuhrzölle oder Local Content Regelungen umgehen. Bei relativ offenen Handels- beziehungen, wie etwa in der EU, erwächst ihnen ein weiterer großer Vorteil: Ausländische Standorte sind eine gute Möglichkeit, Belegschaften gegeneinander auszuspielen. Die internationale Solidarität ist meist geringer als die innerhalb eines Staates. Neue Aufträge bekommen die Standorte, die günstiger produzieren können. Es gibt die Gefahr eines Unterbietungswettlaufs.

Fazit: Strukturelle Krise des deutschen Wachstumsmodels

Deutschland steckt in der Stagnationsfalle. Ein Teil davon ist rein konjunkturell und wird auch wieder überwunden werden. Ein Teil ist aber auch strukturell: Das deutsche Geschäftsmodell, das auf einer großen internationalen Verflechtung bei Importen, Exporten und Direktinvestitionen angewiesen ist, stößt an seine Grenzen in einer Welt der Deglobalisierung. Die jüngsten Beispiele betreffen den Handel mit China: die Einführung von Einfuhrzöllen auf chinesische Elektro- autos und das Verbot von chinesischen Komponenten bei der 5G Technik in den Telekommunikationsnetzen. Es ist relativ unerheblich, ob die Vorwürfe, die zu diesen Regelungen geführt haben, berechtigt sind oder nicht. Sie werden auf je- den Fall Gegenreaktionen der chinesischen Seite hervorrufen, die wiederum den Handelsbeziehungen schaden werden.

Diejenigen, die eigentlich mit den Zöllen geschützt werden sollen, lehnen sie deshalb auch entschieden ab. »Grundsätzlich gilt: Ausgleichszölle für aus China importierte E-Pkw sind nicht geeignet, die Wettbewerbsfähigkeit der europäi- schen Automobilindustrie zu stärken. Die deutsche Automobilindustrie setzt sich für freien und fairen Handel ein. Jede protektionistische Maßnahme, dazu zählen zusätzliche Zölle genauso wie ungerechtfertigte und marktverzerrende Subven- tionen, schränkt freien Handel ein und birgt das Risiko von Handelskonflikten, die sich letztlich zum Nachteil aller Seiten auswirken.« (VDA-Präsidentin Hilde- gard Müller in einer Presserklärung vom 04.07.2024)

Die geopolitischen Spannungen fallen zudem in eine Zeit des notwendigen ökologischen Umbaus. Es ist völlig unklar, ob die deutsche Industrie ihre Wettbewerbsstärke auch bei einem Umstieg auf ökologische Produkte halten kann. Die derzeitige Situation bei E-Autos lässt daran zumindest Zweifel aufkommen.

Ein letzter Stabilitätsanker ist die EU, mit der die intensivsten Wirtschafts- beziehungen bestehen. Hier gibt es stabile Rechtsbeziehungen. Doch auch an der Stelle wachsen die Risiken: der Brexit war eine erste Warnung und der Aufstieg rechtsradikaler Parteien verheißt nichts Gutes.

Klar ist nur: die Abhängigkeiten von Deutschland sind so groß, dass ein kurz- fristigesDecoubling verheerende Konsequenzen hätte. Deutschland braucht langfristig einen neuen Entwicklungspfad. Vielleicht bietet der ökologische Um- bau dabei sogar Chancen, weil alle Strukturen umgebaut werden müssen.


Literatur

Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik (2017): Statt »Germany first«: Alternativen für ein solidarisches Europa, MEMORANDUM 2017, Köln.

Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik (2023): Globalisierung am Ende – Zeit für Alter- nativen, MEMORANDUM 2023, Köln.

Bertelsmann Stiftung (2023): Gewinne deutscher Investoren in China – eine erste empirische Bestandsaufnahme, zusammen mit IW Köln, MERICS gGmbH, BDI.

Deutsche Bundesbank (2021): Grenzüberschreitende Unternehmensübernahmen: Auswirkun- gen der Internationalisierung auf Unternehmen in Deutschland, in: Monatsbericht Juli 2021.

Deutsche Bundesbank (2024): Die deutsche Zahlungsbilanz für das Jahr 2023, in: Monatsbe- richt März 2024.

Flach, L. u. a. (2022): Wie abhängig ist Deutschland von Rohstoffimporten? Eine Analyse für die Produktion von Schlüsseltechnologien, Studie des ifo-Zentrum für Außenwirtschaft für die IHK München und Oberbayern und den DIHK.

Krätke, Michael R., (2022): Chips: Wettlauf um die Schlüsselindustrie des 21. Jahrhunderts, in: Blätter für deutsche und internationale Politik 10/2022.

Kurtzke, W./Scheidt, B. (2023): Krise der Globalisierung, Ursachen und Folgen für die deut- sche Industrie, in: Wirtschaftspolitische Informationen der IG Metall, Juni 2023.

Licht, T, Wohlrabe, K. (2024): Materialengpässe in der Industrie: Ein Blick zurück, Status quo und ein europäischer Vergleicht, in: ifo Schnelldienst 3/2024.

Prognos AG (2024): Resilienz der deutschen und bayerischen Wirtschaft, Studie im Auftrag des vbw, Juli 2024.

Sachverständigenrat (SVR) (2022): Jahresgutachten 2022/23.

Stamer, Vincent (2023): Deutsche Exporte ausgebremst: China ersetzt »Made in Germany«, in: Kiel Policy Brief, September 2023.

 

Erstveröffentlichung Zeitschrift marxistische Erneuerung, Nr. 139, September 2024

Yanis Varoufakis über die sich verändernde Weltwirtschaft

acTVism - mar, 17/09/2024 - 10:10

Yanis Varoufakis über die sich verändernde Weltwirtschaft.

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Vision einer postextraktivistischen Zukunft

IMI Tübingen - lun, 16/09/2024 - 15:24
———————————————————- AUSDRUCK – Das IMI-Magazin Ausgabe September 2024 Schwerpunkt: Ungewisse Zukunft Gesamte Ausgabe hier herunterladen ———————————————————- Die aktuelle September-Ausgabe des IMI-Magazins AUSDRUCK hat das Thema „Ungewisse Zukunft“ zum Schwerpunkt. Darin haben wir auch Texte versammelt, die mit ihrem literarisch-fiktionalen Charakter (…)

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Tagebucheinträge des Verdachtsfalls Ibrahim Tepeci

IMI Tübingen - lun, 16/09/2024 - 15:19
———————————————————- AUSDRUCK – Das IMI-Magazin Ausgabe September 2024 Schwerpunkt: Ungewisse Zukunft Gesamte Ausgabe hier herunterladen ———————————————————- Die aktuelle September-Ausgabe des IMI-Magazins AUSDRUCK hat das Thema „Ungewisse Zukunft“ zum Schwerpunkt. Darin haben wir auch Texte versammelt, die mit ihrem literarisch-fiktionalen Charakter (…)

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USA beschuldigen Russland der Wahleinmischung

acTVism - lun, 16/09/2024 - 10:12

USA beschuldigen Russland der Wahleinmischung.

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"Frieden in Europa – nicht ohne Russland" - Videos vom Vortrag Krone-Schmalz und von der Diskussion beim Pleisweiler Gespräch

Lebenshaus-Newsletter - lun, 16/09/2024 - 06:36
Am 1. September hatten die NachDenkSeiten ein interessantes Gespräch mit Frau Professor Krone-Schmalz zum Thema "Frieden in Europa – nicht... Michael Schmid http://www.lebenshaus-alb.de

Vergessene Erfolge: Vor 50 Jahren: Bauplatzbesetzung Marckolsheim / Die frühen Anfänge der Umweltbewegung

Lebenshaus-Newsletter - dim, 15/09/2024 - 06:12
Am 20. September 1974 wurde der Bauplatz eines geplanten Bleiwerks im elsässischen Marckolsheim von Menschen beiderseits des Rheins besetzt und... Michael Schmid http://www.lebenshaus-alb.de

Ein Friedensministerium würde uns von der Kriegsertüchtigung erlösen

Lebenshaus-Newsletter - sam, 14/09/2024 - 06:45
Der dritte Band im Regal "Pazifisten & Antimilitaristen aus jüdischen Familien" erschließt die Schriften des Österreichers Moritz Adler (1831-1907), der... Michael Schmid http://www.lebenshaus-alb.de

Macrons Weigerung, die Wahlergebnisse anzuerkennen

acTVism - ven, 13/09/2024 - 12:43

Macrons Weigerung, die Wahlergebnisse anzuerkennen.

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Wie Israel ungestraft westliche Bürger tötet

acTVism - ven, 13/09/2024 - 09:26

Wie Israel ungestraft westliche Bürger tötet.

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Stoltenberg: Neuer SiKo-Chef

IMI Tübingen - ven, 13/09/2024 - 09:08
Die westliche Sicherheitscommunity ist immer für eine Überraschung gut – just endlich aus dem seit 2014 bekleideten Amt als NATO-Generalsekretär ausgeschieden, soll Jens Stoltenberg laut Politico wohl neuer Chef der Münchner Sicherheitskonferenz werden. (jw)

Ohne Druck von unten wird sich nichts ändern! - Warum wir dringendst eine kraftvolle "Friedensbewegung 2.0" brauchen

Lebenshaus-Newsletter - jeu, 12/09/2024 - 22:35
Selbst wenn der Ukrainekrieg früher oder später doch noch zu einem - wie auch immer gearteten - Ende gebracht werden... Michael Schmid http://www.lebenshaus-alb.de

Move Fast and Kill Humans:

IMI Tübingen - jeu, 12/09/2024 - 13:35
———————————————————- AUSDRUCK – Das IMI-Magazin Ausgabe September 2024 Schwerpunkt: Ungewisse Zukunft Gesamte Ausgabe hier herunterladen ———————————————————- „Der technisch-militärische Fortschritt brachte ein spezifisches Paradoxon mit sich: Je vollkommenere Waffenarten er hervorbrachte, eine um so größere Rolle spielte in ihrer effektiven Anwendung (…)

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Geopolitische Leitmotive und Waffentechnologie

IMI Tübingen - jeu, 12/09/2024 - 13:29
———————————————————- AUSDRUCK – Das IMI-Magazin Ausgabe September 2024 Schwerpunkt: Ungewisse Zukunft Gesamte Ausgabe hier herunterladen ———————————————————- Linda Ruppert hat in Heidelberg Geographie studiert und ist aktuell wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin am Institut für Umweltsozialwissenschaften und Geographie der Universität Freiburg. Dort (…)

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Die Rettung des europäischen Kapitals: eine existenzielle Herausforderung

ISW München - jeu, 12/09/2024 - 11:52

Vor etwa einem Jahr beauftragte die Kommission der Europäischen Union Mario Draghi mit der Erstellung eines wegweisenden Berichts über die Zukunft der europäischen Wirtschaft.
Diese Woche wurde der Bericht von Draghi veröffentlicht. Aktuell befinden sich  die großen europäischen Volkswirtschaften entweder in der Rezession (Deutschland, Schweden, Österreich) oder stagnieren (Frankreich, Italien).

 

 

Kaum eine EU-Wirtschaft wächst um mehr als 1 % pro Jahr, und der Durchschnitt der EU/EZ liegt bei gerade einmal +0,2 %.

 

Vor etwa einem Jahr beauftragte die Kommission der Europäischen Union Mario Draghi mit der Erstellung eines wegweisenden Berichts über die Zukunft der europäischen Wirtschaft. Draghi ist ein ehemaliger Goldman-Sachs-Banker, ehemaliger Chef der italienischen Zentralbank und dann Präsident der Europäischen Zentralbank, bevor er kurzzeitig Ministerpräsident von Italien wurde. In den Augen der Kommission war er also eindeutig geeignet, nach Wegen zu suchen, um das europäische Kapital vor dem Rückstand gegenüber dem Rest der Welt zu bewahren.

Diese Woche wurde der Bericht von Draghi veröffentlicht. Dies geschieht zu einer Zeit, in der sich die großen europäischen Volkswirtschaften entweder in der Rezession befinden (Deutschland, Schweden, Österreich) oder stagnieren (Frankreich, Italien). Kaum eine EU-Wirtschaft wächst um mehr als 1 % pro Jahr, und der Durchschnitt der EU/EZ liegt bei gerade einmal +0,2 %.

Der Bericht mit dem Titel The fuThe future of European Competitiveness (Die Zukunft der europäischen Wettbewerbsfähigkeit)(  ist 600 Seiten lang.
Er zeichnet ein klägliches, aber zutreffendes Bild des relativen Rückgangs der EU-Volkswirtschaften bei Produktions- und Produktivitätswachstum, Lebensstandard und technischem Fortschritt im Vergleich zu den USA und Asien.

Europa hat 1945 einen schrecklichen Krieg hinter sich, der seine Bevölkerung und seine Wirtschaft dezimiert hat. In den folgenden 50 Jahren des
20. Jahrhunderts erholte es sich jedoch rasch wirtschaftlich (zumindest in den Kernländern Europas) und konnte schließlich mit der Produktion und dem Lebensstandard in Nordamerika und Japan mithalten. Es wurden neue Institutionen geschaffen, die darauf abzielten, die Volkswirtschaften der Region zu integrieren und weitere Kriege innerhalb der Region zu vermeiden.

Im Bericht heißt es : „Das europäische Modell kombiniert eine offene Wirtschaft, ein hohes Maß an Marktwettbewerb und einen starken Rechtsrahmen“. Es hat einen „Binnenmarkt“ mit 440 Millionen Verbrauchern und 23 Millionen Unternehmen geschaffen, auf den etwa 17 % des weltweiten BIP entfallen, und gleichzeitig eine Einkommensungleichheit erreicht, die etwa 10 Prozentpunkte unter der in den USA und China liegt.

Gleichzeitig hat die EU in den Bereichen Regierungsführung, Gesundheit, Bildung und Umweltschutz führende Ergebnisse erzielt. Von den zehn Ländern, die bei der Anwendung der Rechtsstaatlichkeit weltweit am besten abschneiden, sind acht EU-Mitgliedstaaten. Europa liegt in Bezug auf die Lebenserwartung bei der Geburt und die niedrige Kindersterblichkeit vor den USA und China. Die europäischen Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung bieten ein hohes Bildungsniveau: Ein Drittel der Erwachsenen hat eine Hochschulausbildung abgeschlossen.

Die EU ist auch weltweit führend in Sachen Nachhaltigkeit und Umweltstandards, hat sich die ehrgeizigsten globalen Ziele für die Dekarbonisierung gesetzt und kann von der größten ausschließlichen Wirtschaftszone der Welt profitieren, die mit 17 Millionen Quadratkilometern viermal so groß ist wie die Landfläche der EU.

Doch jetzt befindet sie sich in einer schweren Krise - Draghi nennt die Situation sogar eine „existenzielle Herausforderung“. In seinem Bericht geht Draghi die traurige Geschichte der relativen Wirtschaftsleistung Europas im 21. Jahrhundert durch und zwar seit der Einführung der Euro-Einheitswährung.

Das Wirtschaftswachstum in der EU war in den letzten zwei Jahrzehnten durchgehend langsamer als in den USA, während China schnell aufgeholt hat. Der Abstand zwischen der EU und den USA beim BIP im Jahr 2015 hat sich schrittweise von etwas mehr als 15 % im Jahr 2002 auf 30 % im Jahr 2023 vergrößert.
Auf Pro-Kopf-Basis hat sich der Abstand aufgrund des schnelleren Bevölkerungswachstums in den USA weniger stark vergrößert, ist aber mit 34 % heute immer noch erheblich. Die Hauptursache für diese divergierenden Entwicklungen ist die Produktivität.
Rund 70 % des Rückstands beim Pro-Kopf-BIP gegenüber den USA sind auf die geringere Produktivität in der EU zurückzuführen.

Viele EU-Volkswirtschaften haben sich gut entwickelt und sind vom expandierenden Welthandel abhängig. Die Zeit des raschen Wachstums des Welthandels ist jedoch vorbei: Der IWF geht davon aus, dass der Welthandel mittelfristig nur um 3,2 % pro Jahr wachsen wird, ein Tempo, das deutlich unter dem jährlichen Durchschnitt von 4,9 % im Zeitraum 2000-19 liegt.
Der Anteil der EU am Welthandel ist in der Tat rückläufig, wobei seit dem Ausbruch der Pandemie ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen ist.

In der Vergangenheit konnte Europa seinen Bedarf an Energieimporten decken, indem es reichlich Pipelinegas aus Russland bezog, das 2021 rund 45 % der Erdgasimporte der EU ausmachte. Doch nach dem Ukraine-Konflikt ist diese billige Energie nun zu enormen Kosten für Europa verschwunden. Die EU hat mehr als ein Jahr BIP-Wachstum eingebüßt, während sie gleichzeitig massive Haushaltsmittel für Energiesubventionen und den Bau neuer Infrastrukturen für den Import von Flüssiggas umleiten muss.
Zwar sind die Energiepreise seit ihrem Höchststand erheblich gesunken, doch müssen die Unternehmen in der EU immer noch mit Strompreisen rechnen, die zwei- bis dreimal so hoch sind wie in den USA, und die Erdgaspreise sind vier- bis fünfmal so hoch.

Am wichtigsten ist für Mario Draghi, dass Europas Position bei den Spitzentechnologien, die das künftige Wachstum vorantreiben können, rückläufig ist.
Nur vier der 50 weltweit führenden Technologieunternehmen stammen aus Europa, und die weltweite Position der EU im Technologiebereich verschlechtert sich:
Von 2013 bis 2023 sank ihr Anteil an den weltweiten Umsätzen im Technologiebereich von 22 % auf 18 %, während der Anteil der USA von 30 % auf 38 % stieg.

Der Rückstand beim Produktivitätswachstum ist für die Zukunft des europäischen Kapitals am schädlichsten. Die EU tritt in die erste Phase ihrer Geschichte ein, in der das Wachstum nicht durch eine steigende Bevölkerungszahl unterstützt wird. Bis 2040 wird die Zahl der Erwerbstätigen voraussichtlich um fast 2 Millionen pro Jahr zurückgehen. Der Bericht geht zwar nicht darauf ein, aber eine neue Studie kommt zu dem Schluss, dass die alternde Bevölkerung in Europa „massiven Gegenwind für das Wirtschaftswachstum verursachen wird“. Während der demografische Wandel in der Vergangenheit positiv zum Pro-Kopf-Wirtschaftswachstum beigetragen hat, wird er in den kommenden Jahrzehnten die Wachstumsrate der G4-Volkswirtschaften in Europa um 0,3 bis 1 Prozentpunkt pro Jahr verringern.

Draghi schließt daraus: "Wir werden uns mehr auf die Produktivität stützen müssen, um das Wachstum anzukurbeln. Aber selbst wenn die EU ihre durchschnittliche Produktivitätswachstumsrate seit 2015 beibehalten würde, würde dies nur ausreichen, um das BIP bis 2050 konstant zu halten - und das zu einer Zeit, in der die EU vor einer Reihe neuer Investitionen steht, die durch höheres Wachstum finanziert werden müssen."

Das Problem ist, dass das niedrige Produktivitätswachstum durch geringe Investitionen in produktive Sektoren, insbesondere in neue Technologien, verursacht wird. Die Lücke zwischen den produktiven Investitionen und dem BIP beträgt in den USA und in Europa jedes Jahr etwa 1,5 % des BIP.

In dem Bericht wird lediglich in einer Anmerkung auf eine Studie der Europäischen Investitionsbank (EIB) verwiesen, https://www.eib.org/attachments/lucalli/20230381_economics_working_paper_2024_01_en.pdf,  in der untersucht wird, woher diese Lücke bei den produktiven Investitionen kommt. Aus dieser Studie geht hervor, dass die Gesamtinvestitionsquote im Verhältnis zum BIP in der EU im Durchschnitt sogar höher ist als in den USA. Dies liegt zum Teil daran, dass das BIP in den Jahren der langen Depression (2010-19) in den USA schneller gestiegen ist als in der EU. Obwohl also die Investitionen in den USA schneller stiegen als in der EU, blieb die Investitionsquote im Verhältnis zum BIP in den USA niedriger als in Europa.

Wenn man die Preis-Deflatoren für reale Investitionen in den beiden Regionen vergleicht und die Immobilien- und Bauinvestitionen ausklammert (50 % der Investitionen in der EU gegenüber 40 % in den USA), kehrt sich der Unterschied bei den „produktiven Investitionen“ um. Im Durchschnitt des Zeitraums 2012-2020 betrug die durchschnittliche Lücke real 2,6 Prozentpunkte des BIP. In fünfzehn Ländern war der Investitionsrückstand gegenüber den USA größer als im EU-Durchschnitt, darunter einige der größeren Volkswirtschaften wie die Niederlande (2,7 Prozentpunkte), Deutschland (2,8 Prozentpunkte), Italien (4,0 Prozentpunkte), Frankreich (2,5 Prozentpunkte) und Spanien (4,3 Prozentpunkte) - mit anderen Worten: der Kern Europas.

Die EIB stellte fest, dass der Investitionsrückstand der EU größtenteils auf „immaterielle Vermögenswerte“, d. h. Patente, geistiges Eigentum, Software usw., zurückzuführen ist. In diesen Bereichen waren die USA weit voraus. Die Unternehmen in der EU sind auf „ausgereifte Technologien spezialisiert, bei denen das Potenzial für Durchbrüche begrenzt ist. Sie geben weniger für Forschung und Innovation (FuI) aus - 270 Mrd. EUR weniger als ihre US-amerikanischen Kollegen im Jahr 2021. Die Top-3-Investoren in F&I in Europa wurden in den letzten zwanzig Jahren von Automobilunternehmen dominiert. In den USA war es Anfang der 2000er Jahre genauso, mit der Autoindustrie und der Pharmaindustrie an der Spitze, aber jetzt sind die Top 3 alle in der Technologiebranche.

Was sind Draghis Erklärungen für die geringen produktiven Investitionen in Europa, insbesondere im Technologiebereich?
Als guter Banker schiebt Draghi die Schuld auf den „Mangel an Finanzmitteln“ und auf das Versäumnis, Unternehmen zu großen multinationalen Konzernen zu fusionieren, die mit den USA konkurrieren können.

"Europa steckt in einer statischen Industriestruktur fest, in der nur wenige neue Unternehmen auftauchen, die bestehende Industrien stören oder neue Wachstumsmotoren entwickeln. Tatsächlich gibt es kein EU-Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von über 100 Mrd. EUR, das in den letzten fünfzig Jahren von Grund auf neu gegründet wurde, während alle sechs US-Unternehmen mit einer Bewertung von über 1 Billion EUR in diesem Zeitraum entstanden sind“.

Laut Draghi ist ein Hauptgrund für die weniger effiziente „Finanzintermediation“ in Europa, dass die Kapitalmärkte nach wie vor zersplittert sind und die Ersparnisströme in die Kapitalmärkte geringer sind. Es muss einen EU-weiten Kapitalmarkt und in der EU angesiedeltes Risikokapital geben, das nicht von den USA abhängig ist.

 "Viele europäische Unternehmer ziehen es vor, sich von US-Risikokapitalgebern finanzieren zu lassen und auf dem US-Markt zu expandieren. Zwischen 2008 und 2021 haben fast 30 % der in Europa gegründeten „Einhörner“ - Start-ups, die später einen Wert von über 1 Mrd. USD erreichten - ihren Sitz ins Ausland verlegt, die große Mehrheit davon in die USA."

Es gibt einfach zu viele bürokratische Vorschriften und ineffiziente Kreditmärkte, um „privates Kapital freizusetzen“. Draghi zufolge "verfügen die Haushalte in der EU über reichlich Ersparnisse, um höhere Investitionen zu finanzieren, aber derzeit werden diese Ersparnisse nicht effizient in produktive Investitionen gelenkt. Im Jahr 2022 beliefen sich die Ersparnisse der privaten Haushalte in der EU auf 1.390 Milliarden Euro, verglichen mit 840 Milliarden Euro in den USA."

Aber sind die ineffizienten EU-Kapitalmärkte die Ursache für die geringeren produktiven Investitionen in Europa?
Der Bericht deutet die wahre Ursache an, indem er aufzeigt,  dass die privaten Finanzierungskosten zu hoch sind im Vergleich zu den Erträgen, die der kapitalistische Sektor der EU benötigt, um produktive Investitionen zu steigern, im Gegensatz zu Investitionen in Immobilien oder Finanzanlagen. Die eigentliche Ursache liegt in der geringeren Rentabilität des europäischen Kapitals im Vergleich zu den USA. Dies ist insbesondere seit 2017 der Fall (in diesem Beispiel unten für die amerikanische und deutsche Rentabilität).

Quelle: AMECO

Im Bericht nicht erwähnt, aber vielleicht relevant, ist, dass es in der EU viel mehr kleinere Unternehmen gibt, deren Rentabilität niedrig ist, während in den USA eine höhere Kapitalkonzentration die Gewinne für die wenigen Megatech-Unternehmen an der Spitze in die Höhe getrieben hat. Seit dem Jahr 2000 sind die Bruttogewinnraten in den Vereinigten Staaten gestiegen und die Konzentration in der Industrie hat zugenommen, aber diese Trends sind in der EU nicht zu erkennen.

Draghi kommt zu dem Schluss, dass "der daraus resultierende Zyklus aus geringer industrieller Dynamik, geringer Innovation, geringen Investitionen und geringem Produktivitätswachstum in Europa als ‚mittlere Technologiefalle‘ bezeichnet werden könnte. Meiner Meinung nach ist dies jedoch ein Produkt der „Rentabilitätslücke“.

Was ist gegen die Produktivitäts- und Investitionslücke zu tun?

Draghi sagt, dass "mindestens zusätzliche jährliche Investitionen in Höhe von 750 bis 800 Milliarden Euro erforderlich sind, was 4,4 bis 4,7 % des BIP der EU im Jahr 2023 entspricht. Zum Vergleich: Die Investitionen im Rahmen des Marshall-Plans zwischen 1948 und 51 entsprachen lediglich 1-2 % des EU-BIP. Um diese Steigerung zu erreichen, müsste der Anteil der Investitionen in der EU von derzeit rund 22 % des BIP auf etwa 27 % steigen, womit ein jahrzehntelanger Rückgang in den meisten großen EU-Volkswirtschaften umgekehrt würde.Das ist ein Anstieg der Investitionen im Verhältnis zum BIP, wie es ihn seit dem Goldenen Zeitalter der 1950er und 1960er Jahre, als Europa nach dem Krieg rasch expandierte, nicht mehr gegeben hat.

Kann man erwarten, dass das europäische Kapital in der Lage oder willens ist, diese goldenen Investitionsjahrzehnte 50 Jahre später wiederherzustellen?
Wie der Bericht einräumt. „Historisch gesehen wurden in Europa etwa vier Fünftel der produktiven Investitionen vom privaten Sektor getätigt und das verbleibende Fünftel vom öffentlichen Sektor“.
In einem kapitalistischen Europa liegt es also an den Kapitalisten, mehr zu investieren, um die erforderliche höhere Produktivität in den Schlüsselbereichen zu erreichen. Der öffentliche Sektor kann das nicht tun, und die EU-Kommission und Draghi wollen ganz sicher nicht, dass öffentliche Investitionen den kapitalistischen Sektor durch öffentliches Eigentum und Planung der „Kommandohöhen“ der europäischen Volkswirtschaften ersetzen.

Draghis Antwort ist also die übliche wirtschaftsfreundliche Lösung:
 Die Regierungen müssen monetäre und steuerliche Anreize schaffen, um die Kapitalisten zu Investitionen zu „ermutigen“. Zunächst müssen die Finanzierungskosten gesenkt werden, aber „um private Investitionen in Höhe von etwa 4 % des BIP allein durch Marktfinanzierung zu erreichen, müssten die privaten Kapitalkosten nach dem Modell der Europäischen Kommission um etwa 250 Basispunkte gesenkt werden.“
Das ist im derzeitigen inflationären Umfeld kaum möglich. Und überhaupt: „Obwohl eine verbesserte Kapitalmarkteffizienz (z.B. durch die Vollendung der Kapitalmarktunion) die privaten Finanzierungskosten senken dürfte, wird die Senkung wahrscheinlich wesentlich geringer ausfallen. Steuerliche Anreize zur Erschließung privater Investitionen scheinen daher notwendig, um den Investitionsplan zusätzlich zu den direkten staatlichen Investitionen zu finanzieren“.

Die Regierungen in der EU müssen also mehr öffentliche Mittel bereitstellen. Dies führt jedoch zu einem weiteren Problem. Die EU-Regierungen, vor allem in Kerneuropa, werden von der Notwendigkeit getrieben, den Haushalt auszugleichen“ und die Staatsverschuldung nicht zu erhöhen oder zu hohe Steuern zu erheben. Es gibt EU-Fiskalregeln, die nicht gebrochen werden dürfen!

Draghi will eine stärkere „gemeinsame Kreditaufnahme“, d. h. die EU begibt mehr EU-gesicherte Schuldtitel zur Finanzierung von Projekten. Aber das ist ein großes Tabu in der EU. Deutschland und die Niederlande haben eine niedrige Staatsverschuldung und sind nicht bereit, ihren stärker verschuldeten Nachbarn unter die Arme zu greifen. Weniger als drei Stunden, nachdem Draghi seinen Vortrag beendet hatte, sagte der deutsche Finanzminister Christian Lindner, dass Deutschland einer „gemeinsamen Kreditaufnahme “ nicht zustimmen werde, da die gemeinsame Kreditaufnahme „kurz zusammengefasst werden kann: Deutschland soll für andere zahlen. Aber das kann kein Masterplan sein.

Draghi schlägt vor, mehr EU-weite Steuern zu erheben, um die Größe der EU-Kommission zu erhöhen, die zu klein ist und ihre Ausgaben auf den „sozialen Zusammenhalt“, regionale Subventionen und die Landwirtschaft konzentriert, anstatt auf „produktive Investitionen“.

Draghi möchte die öffentlichen Ausgaben der EU in den bestehenden Bereichen kürzen und sie auf Technologie umstellen. „Wenn die investitionsbezogenen Staatsausgaben nicht durch Haushaltseinsparungen an anderer Stelle kompensiert werden, könnten sich die primären Haushaltssalden vorübergehend verschlechtern, bevor der Investitionsplan seine positive Wirkung auf die Produktion voll entfalten kann.“ Eine solche Umstellung würde bei den Landwirten und in Osteuropa nicht gut ankommen.

Zusammenfassend skizziert der Draghi-Bericht den gravierenden Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit des europäischen  Kapitals im 21. JAhrhundert im Vergleich zu den USA und Asien. Jahrhundert im Vergleich zu den USA und Asien. Dies ist eine „existenzielle Herausforderung“, die nur durch einen massiven Anstieg der Investitionen, vor allem in neue Technologien, überwunden werden kann. Dies kann nur erreicht werden, wenn der kapitalistische Sektor mehr investiert. Die öffentlichen Investitionen sind zu gering, und die wirtschaftsfreundlichen Regierungen der EU wollen die großen Privatunternehmen ohnehin nicht übernehmen und haben stattdessen öffentliche Investitionen geplant. Das wäre das Ende des kapitalistischen Europas. Draghi sagt also, man müsse Europas Großunternehmen mit billigeren Krediten, deregulierten Märkten und verstärkten staatlichen Steueranreizen dazu ermutigen, mehr zu investieren, um „private Investitionen freizusetzen“. Die Chancen, dass die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten bereit sind, mehr Geld auszugeben, um den Unternehmen in der EU ausreichend zu helfen, sind jedoch gering.

Der erforderliche gewaltige Aufschwung bei den produktiven Investitionen kann nur dann stattfinden, wenn die Rentabilität des europäischen Kapitals sprunghaft ansteigt. Das wird aber nicht durch die Verbilligung von Krediten erreicht, sondern würde nur durch einen starken Anstieg der Ausbeutung der Arbeitskraft in Europa und durch die „schöpferische Zerstörung“ der „mittleren Technologie“ zur Kostensenkung erfolgen.
Vermutlich wird sich der relative Niedergang der EU weltweit fortsetzen und sogar beschleunigen.

 

 

Artensterben: Globale politische Ökonomie des Biodiversitätsverlustes

acTVism - jeu, 12/09/2024 - 09:22

Artensterben: Globale politische Ökonomie des Biodiversitätsverlustes

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„Ein langsamer, aber qualvoller Niedergang“

ISW München - jeu, 12/09/2024 - 08:51

Neue Personenkontrollen an den deutschen Grenzen lösen Spannungen mit Nachbarstaaten aus.
Experten urteilen, auch die geplanten Zurückweisungen verstießen gegen Völkerrecht.
Ex-EZB-Präsident warnt vor „qualvollem Abstieg“ der EU.



Die Ankündigung von Personenkontrollen an den deutschen Grenzen ab dem kommenden Montag löst bei der EU-Kommission sowie in mehreren Nachbarstaaten der Bundesrepublik Unmut aus. In Brüssel wird darauf hingewiesen, dass Kontrollen an den Schengen-Binnengrenzen nur als „absolute Ausnahme“ erlaubt sind; ihre umfassende Einführung durch die Bundesregierung und die fehlende zeitliche Begrenzung deuten darauf hin, dass sie keine Ausnahme sind. Zu den angekündigten Zurückweisungen heißt es in Österreich, man sei nicht bereit, Flüchtlinge zurückzunehmen, falls Deutschland ihnen völkerrechtswidrig das Stellen eines Asylantrags verweigere.
Experten urteilen, die neuen Grenzkontrollen verstießen offen gegen EU-Recht; Berlin handle, „als wäre die AfD (schon) an der Macht“.
Polens Ministerpräsident Donald Tusk kündigt „dringende Konsultationen“ mit anderen Nachbarstaaten der Bundesrepublik an. Während bereits vom Ende des Schengen-Systems die Rede ist, warnt Ex-EZB-Präsident Mario Draghi in einer aktuellen Analyse, wolle die EU ihren „qualvollen Niedergang“ vermeiden, dann müsse sie bis zu 800 Milliarden Euro investieren – ein Mehrfaches des Marshallplans.

Mit EU-Recht nicht vereinbar

Die Anordnung von Bundesinnenministerin Nancy Faeser vom Montag, an allen deutschen Außengrenzen wieder Personenkontrollen einzuführen – offiziell vorläufig, ein Ende ist aber nicht in Sicht –, löst in Brüssel und in mehreren EU-Mitgliedstaaten deutlichen Unmut aus. Die Maßnahme wird ab dem kommenden Montag (16. September) umgesetzt; die Kontrollen an den Grenzen zu Österreich, die seit 2015 stattfinden, wie auch an den Grenzen zu Polen und zu Tschechien, die im Oktober 2023 eingeführt wurden, werden verlängert. Aus rein praktischer Perspektive heißt es verärgert etwa aus Luxemburg, man hoffe, der Schritt werde die zahlreichen Arbeitspendler und den sonstigen alltäglichen Grenzverkehr nicht übermäßig belasten.[1]
Prinzipielle Kritik äußert etwa Alberto Alemanno, Professor für Europarecht an der École des hautes études commerciales de Paris (HEC Paris), der konstatiert, es handle sich um „einen offensichtlich unverhältnismäßigen Bruch des Grundsatzes der Freizügigkeit im Schengenraum“, der mit EU-Recht nicht vereinbar sei.[2]
Christopher Wratil, Assoziierter Professor für Government am Institut für Staatswissenschaft der Universität Wien, schrieb auf X, Berlin dürfe nun „nicht mehr damit kommen, irgendwer anders halte sich nicht an EU-Recht“. Die Bundesregierung handle zudem, „als wäre die AfD (schon) an der Macht“. Tatsächlich kommentierte der extrem rechte niederländische Politiker Geert Wilders Berlins neue Grenzkontrollen auf X so: „Gute Idee, müssen wir auch machen!“

„Keine Übernahmen“

Auf entschiedene Ablehnung stößt auch der Plan, die Zurückweisungen an den Grenzen deutlich auszuweiten. Rein praktisch verweigert sich Österreich dem Ansinnen. Bereits am Montag hatte Innenminister Gerhard Karner erklärt, er habe den Direktor der österreichischen Bundespolizei „angewiesen, keine Übernahmen durchzuführen“.[3] Als sein Hauptmotiv darf gelten, dass die Zahl der Asylanträge, die die Wiener Behörden zu bearbeiten hätten, rasch ansteigen würde.
Völkerrechtler äußern vor allem grundsätzliche Einwände. So schreiben das internationale Flüchtlingsrecht wie auch EU-Normen, vor allem die Dublin-II-Verordnung, vor, dass Flüchtlinge an den Grenzen Gelegenheit haben müssen, einen Asylantrag zu stellen, der dann auch bearbeitet werden muss.
Wenn ein Flüchtling zuvor in einen anderen EU-Staat eingereist ist, dann kann er zwar dorthin abgeschoben werden; allerdings muss zuvor klar festgestellt werden, in welchem Staat der Flüchtling zuerst die EU betreten hat, und dann gilt es die Abschiebung mit den Behörden des betreffenden Landes zu regeln.[4] All das kostet Zeit; währenddessen muss der Flüchtling zumindest versorgt werden. Dies ist etwa bereits in den Schnellverfahren am Flughafen in Frankfurt am Main („Flughafenverfahren“) der Fall.

Die Praxis an den Grenzen

Bei alledem ist unklar, wie die Praxis an den deutschen Grenzen aussieht. Die Bundespolizei hat bereits im vergangenen Jahr 35.618 Personen an der Grenze zurückgewiesen; im ersten Halbjahr 2024 waren es sogar 21.601 Personen – ein erheblich höherer Prozentsatz als 2023. Zudem fällt auf, dass der Anteil derjenigen, die an der Grenze den Wunsch äußern, Asyl zu beantragen, merkwürdig schwankt. An der deutsch-österreichischen Grenze blieb er relativ konstant: Im ersten Quartal 2023 lag er bei 14, im zweiten Quartal 2024 bei 11 Prozent aller Personen, die ohne gültige Papiere bzw. ohne Visum Einreise begehrten. An der deutsch-polnischen Grenze fiel der Anteil von 57 Prozent im ersten Quartal 2023 auf 23 Prozent im zweiten Quartal 2024.[5] Unklar ist unter anderem, ob Einreisewillige auf die Möglichkeit, Asyl zu beantragen, in einer Sprache hingewiesen werden, die ihnen vertraut ist, und ob die Grenzbeamten zuverlässig in der Lage sind, möglicherweise auf Englisch vorgetragene Asylbegehren zu verstehen.
Aus der Partei Die Linke heißt es, man habe sogar Kenntnis von Fällen, in denen Grenzbeamte Flüchtlingen empfohlen hätten, auf einen Asylantrag zu verzichten, weil die Chance, wirklich Asyl zu erhalten, in Deutschland äußerst gering sei.[6] Die Bundesregierung weist das selbstverständlich zurück.

„Eine absolute Ausnahme“

Mit erkennbarer Skepsis äußerte sich zu dem deutschen Vorstoß auch die EU-Kommission. Kontrollen an den Schengen-Binnengrenzen dürften bloß dann vorgenommen werden, wenn sie unzweifelhaft „notwendig und verhältnismäßig“ seien, bestätigte eine Sprecherin der Kommission am Dienstag in Brüssel. Deshalb „sollten derartige Maßnahmen eine absolute Ausnahme bleiben“.[7] Ob das auf die geplanten deutschen Grenzkontrollen zutreffe, werde zur Zeit überprüft. Eindeutig ablehnend äußerte sich Polens Ministerpräsident Donald Tusk. Er erklärte mit Blick auf die Pläne, die Zurückweisungen auszuweiten: „Ein solches Vorgehen ist aus polnischer Sicht inakzeptabel“.[8] Man wolle „dringende Konsultationen“ mit anderen „Nachbarn Deutschlands“ abhalten, um über Reaktionen zu diskutieren. Polen sorgt sich – wie Österreich –, es werde eine viel höhere Zahl an Asylanträgen bearbeiten müssen, falls die Bundesrepublik ihre Zurückweisungen stark ausweitet.
Allerdings weisen Beobachter darauf hin, dass Polen seine Grenze zu Belarus mit Stacheldrahtverschlägen in Höhe von mehreren Metern abgeschottet hat und dort selbst illegale Zurückweisungen in hoher Zahl durchführt. Polnische Gerichte, so heißt es, ahndeten „die mit EU-Recht schwer zu vereinbarende Praxis der Zurückweisung bisher nicht“.[9]

EU: Anschluss verpasst

Während die neuen deutschen Grenzkontrollen zu Konflikten mit mehreren Nachbarstaaten führen, das Schengen-System bedrohen und außerdem Kosten in Höhe von vielen Milliarden Euro verursachen könnten (german-foreign-policy.com berichtete [10]), sagt ein aktuelles Papier des ehemaligen EZB-Präsidenten Mario Draghi der EU auch rein wirtschaftlich eine düstere Zukunft voraus.
Während Chinas Wirtschaft unverändert wachse und gegenüber dem Westen aufhole, falle die EU gegenüber den USA seit zwei Jahrzehnten zurück, konstatiert Draghis Bericht zur Zukunft der europäischen Wettbewerbsfähigkeit.
Ursache sei vor allem, dass die EU die „digitale Revolution und die damit verbundenen Produktivitätsgewinne weitgehend verpasst“ habe.[11] Nun müsse dringend die Produktivität erhöht werden; dies erfordere EU-Investitionen in Höhe von 750 bis 800 Milliarden Euro pro Jahr – nahezu fünf Prozent der EU-Wirtschaftsleistung. Im Rahmen des Marshallplans seien nach dem Zweiten Weltkrieg ein bis zwei Prozent der Wirtschaftsleistung bereitgestellt worden – erheblich weniger, als heute nötig sei. Unterblieben die Investitionen, dann drohe ein weiterer Abstieg; dann sei auch „das europäische Sozialmodell“ nicht mehr finanzierbar.[12]
„Wenn die EU jetzt nicht handelt“, sagt Draghi voraus, „steht ihr ein langsamer, aber qualvoller Niedergang bevor.“

 

[1] Die eine Grenze ist nicht wie die andere. Frankfurter Allgemeine Zeitung 11.09.2024.

[2] Jon Henley: ‘The end of Schengen‘: Germany’s new border controls put EU unity at risk. theguardian.com 10.09.2024.

[3] Bisher sind die Nachbarn nicht auf Streit aus. Frankfurter Allgemeine Zeitung 10.09.2024.

[4] Matthias Lehnert, Robert Nestler: Der Mythos von der Notlage. verfassungsblog.de 09.09.2024.

[5], [6] Mona Jaeger: Wer wird bereits zurückgewiesen? Frankfurter Allgemeine Zeitung 10.09.2024.

[7], [8] Polen nennt Grenzkontrollen „inakzeptabel“. Maßnahme muss laut EU-Kommission „absolute Ausnahme bleiben“. tagesspiegel.de 11.09.2024.

[9] Bisher sind die Nachbarn nicht auf Streit aus. Frankfurter Allgemeine Zeitung 10.09.2024.

[10] S. dazu Festung Deutschland

[11] Carsten Volkery: Draghi fordert massive Investitionen – und neue EU-Schulden. handelsblatt.com 09.09.2024.

[12] Draghi warnt vor qualvollem Niedergang. Frankfurter Allgemeine Zeitung 10.09.2024.

 

Leonardo Boff: Ist Glück möglich in einer so unruhigen Welt wie der unseren?

Lebenshaus-Newsletter - mer, 11/09/2024 - 21:24
Glück ist eines der von den Menschen am meisten gewünschten Güter. Aber man kann es nicht auf dem Markt, an... Michael Schmid http://www.lebenshaus-alb.de

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