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Zustand von Big-Tech: Die Auflösung der nationalen & globalen digitalen Grenzen
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Keine Einzelfälle!
Declaración de la Coordinación Estatal Contra la OTAN y las Bases sobre los presupuestos Generales del Estado para 2023
Ukraine & Russland – Gefahr eines Atomkriegs zur Vermeidung einer Demütigung
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Neu erschienen: Lebenshaus-Rundbrief Nr. 115
Audios vom Kongress „Zeitenwenden“
Eine wichtige Ankündigung von acTVism Munich
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F-35-Kampfjets: Bündnis fordert Stopp der nuklearen Aufrüstung!
Polen Vorfall: Angst vor 3. Weltkrieg zeigt, warum Top-US-General Frieden will
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„Mission Creep Mali – EUropas gescheiterte Hinterhof-Politik“
Sanktionen als Weg aus dem Krieg?
Enttäuschende Tarifabschlüsse
Die Ergebnisse der Entgelt-Verhandlungen in der Chemie- und Metall-Industrie fallen enttäuschend aus. Dementsprechend kommt viel Beifall von der falschen Seite für die „verantwortungsvolle Tarif-Politik“. „So funktioniert Sozialpartnerschaft“, lobte die wirtschaftsnahe FAZ den Tarif-Abschluss in der Chemie-Industrie. Und die „Rheinische Post“ stimmte ein. Eine „verantwortungsvolle Tarif-Politik in der Krise“ attestierte das Blatt der IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE). Die „moderate Lohn-Erhöhung lässt den Chemie-Betrieben Luft zum Atmen“, konstatierte das Blatt. Dabei haben die meisten Unternehmen der Branche die Lungen voll: Der Bayer-Konzern etwa gab im November für das 3. Quartal 2022 eine Umsatz-Steigerung von 15,3 Prozent gegenüber dem Vorjahres-Wert bekannt. Konkret erbrachte die „verantwortungsvolle Tarif-Politik“ in der Krise“ einen Tarif-Vertrag mit einer 20-monatigen Laufzeit, der ab Januar 2023 ein Entgelt-Zuwachs von 3,25 Prozent vorsieht und ab Januar 2024 einen weiteren Aufschlag von 3,25 Prozent. Zudem erhalten die Beschäftigten – ebenfalls in zwei Tranchen – eine Einmal-Zahlung von insgesamt 3.000 Euro. Auf diesen – von Steuern und Abgaben befreiten – Beitrag hatten sich Bundesregierung, Arbeitgeber und „Deutscher Gewerkschaftsbund“ Mitte September in einer konzertierten Aktion verständigt. Und bereits seit dem Frühjahr steht ein Paket, das eine Erhöhung der Nachtarbeitszuschläge von 15 auf 20 Prozent des Stundenlohns, einige Maßnahmen zur Förderung der Auszubildenden und eine Flexibilisierung der Altersfreizeiten umfasst. Insgesamt 6,5 Prozent mehr und dazu noch 3.000 Euro „Inflationsausgleichsprämie“ – das hört sich zunächst einmal nicht schlecht an, aber bei näherer Betrachtung fällt die Bilanz nüchterner aus. So fließt etwa von der Pauschale kein Geld in Renten- und Krankenkassen-Kasse. Zudem geht das Geld nicht in die Lohnsumme ein, die die Basis für die kommenden Tarif-Verhandlungen bildet, was etwaige Entgelt-Anstiege dann entsprechend kleiner ausfallen lässt. Das muss auch die FAZ einräumen, die Zeitung erweist sich jedoch als findig bei der Suche nach angeblich guten Gründen dafür. „Die sogenannte tabellen-wirksame Tarif-Erhöhung bleibt mit 6,5 Prozent zwar ein sichtbares Stück hinter der aktuellen Teuerung zurück. Das hilft aber den Betrieben bei der Standort- und Arbeitsplatz-Sicherung.“ Dieses Hinterherhinken war ganz unverhohlen auch Sinn und Zweck der konzertierten 3.000-Euro-Aktion. Mit ihr wollten Bund und „Sozialpartner“ nämlich das Gespenst der Lohn/Preis-Spirale verjagen, das in Inflationszeiten stets umhergeistert. Nicht nur deshalb jedoch kommt der Tabellen-Lohn nicht recht vom Fleck. Für zusätzliche Bremseffekte sorgt die lange Laufzeit des Vertrages. Damit nicht genug, räumt er Bayer & Co. zusätzlich noch die Möglichkeit ein, die Anhebungen bei etwaigen ökonomischen Problemen per Betriebsvereinbarungen um bis zu drei Monate zu verschieben, und diese wirtschaftlichen Schwierigkeiten fangen für die Firmen schon da an, wo die Umsatz-Rendite unter 3,1 Prozent fällt. Nicht ganz ohne ist auch das Übereinkommen über die Altersfreizeiten-Flexiblilisierung. Mit ihm weicht nämlich ein tarifvertraglich abgesicherter Anspruch einer individuellen Abmachung zwischen Unternehmen und Beschäftigtem, wie die Zeitschrift SoZ kritisierte. Trotz alledem bewertete der stellvertretende Vorsitzende der IG BCE, Ralf Sikorski, den Abschluss positiv. „Die Menschen profitieren vom attraktiven ,Brutto-für-Netto‘-Angebot der Bundesregierung genauso wie von der höchsten Tariferhöhung in der Chemie seit mehr als 30 Jahren“, preist er das Resultat der um eine Politikpartnerschaft erweiterten Sozialpartnerschaft. BASF-Personalchef Hans Oberschulte, der für den Bundesarbeitgeberverband Chemie die Verhandlungen leitete, sprach derweil von einem „ausgewogenen Abschluss, der Firmen Planungssicherheit gibt“. BAVC-Präsident Kai Beckmann zeigte sich ebenfalls zufrieden. „Mit diesem Ergebnis halten wir die Balance zwischen der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und den Interessen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, bekundete er. Die Verhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie erbrachten etwas mehr. Eine Tarif-Erhöhung von 8,5 Prozent – zahlbar in zwei Tranchen von 5,2 Prozent ab 2023 und 3,3 Prozent ab 2024 – bei einer Laufzeit von 24 Monaten plus 3.000 Euro Inflationsausgleichsprämie kam heraus. Der FAZ war das schon zu viel. „Ein Tarif-Abschluss auf Kredit“ lautete ihr Kommentar. Als „mindestens mutig“ bezeichnete die Zeitung die Einigung, obwohl Mercedes Benz im 3. Quartal des Jahres einen operativen Gewinn von 5,2 Milliarden Euro einfuhr und VW einen von 4,3 Milliarden Euro. Die Rheinische Post zeigte sich hingegen zufriedener: „Die IG Metall hat Wort gehalten und die Preis-Lohn-Spirale nicht angeheizt“. Sie freute sich über nun schon zwei „verantwortungsvolle Abschlüsse in der Doppelkrise“. Aber eine Sorge blieb: „Man kann nur hoffen, dass Verdi sich in künftigen Runden ähnlich verhält.“ Zum Glück sieht das erst einmal nicht so aus. Irene Golz, Verdi-Verhandlungsführerin in den Gesprächen mit den baden-württembergischen Uni-Kliniken, lehnt die 3.000-Euro-Prämien als Ersatz für lineare Entgelt-Steigerung ab. „Das ist sehr unglücklich, weil die Arbeitgeber sehenden Auges die Reallöhne kaputtmachen“, erklärte sie der „jungen Welt“ gegenüber: „Für uns macht das nur als zusätzliche Entlastung Sinn.“ Und in die Tarif-Auseinandersetzungen mit der Deutschen Post startete die Gewerkschaft mit einer Forderung von 15 Prozent mehr Lohn. „Unsere Mitglieder erwarten den Inflationsausgleich und darüber hinaus eine Beteiligung am Unternehmenserfolg“, so Verhandlungsführerin Andrea Kocsis.
Enttäuschende Tarifabschlüsse
Die Ergebnisse der Entgelt-Verhandlungen in der Chemie- und Metall-Industrie fallen enttäuschend aus. Dementsprechend kommt viel Beifall von der falschen Seite für die „verantwortungsvolle Tarif-Politik“.
„So funktioniert Sozialpartnerschaft“, lobte die wirtschaftsnahe FAZ den Tarif-Abschluss in der Chemie-Industrie. Und die „Rheinische Post“ stimmte ein. Eine „verantwortungsvolle Tarif-Politik in der Krise“ attestierte das Blatt der IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE). Die „moderate Lohn-Erhöhung lässt den Chemie-Betrieben Luft zum Atmen“, konstatierte das Blatt. Dabei haben die meisten Unternehmen der Branche die Lungen voll: Der Bayer-Konzern etwa gab im November für das 3. Quartal 2022 eine Umsatz-Steigerung von 15,3 Prozent gegenüber dem Vorjahres-Wert bekannt.
Konkret erbrachte die „verantwortungsvolle Tarif-Politik“ in der Krise“ einen Tarif-Vertrag mit einer 20-monatigen Laufzeit, der ab Januar 2023 ein Entgelt-Zuwachs von 3,25 Prozent vorsieht und ab Januar 2024 einen weiteren Aufschlag von 3,25 Prozent. Zudem erhalten die Beschäftigten – ebenfalls in zwei Tranchen – eine Einmal-Zahlung von insgesamt 3.000 Euro. Auf diesen – von Steuern und Abgaben befreiten – Beitrag hatten sich Bundesregierung, Arbeitgeber und „Deutscher Gewerkschaftsbund“ Mitte September in einer konzertierten Aktion verständigt. Und bereits seit dem Frühjahr steht ein Paket, das eine Erhöhung der Nachtarbeitszuschläge von 15 auf 20 Prozent des Stundenlohns, einige Maßnahmen zur Förderung der Auszubildenden und eine Flexibilisierung der Altersfreizeiten umfasst.
Insgesamt 6,5 Prozent mehr und dazu noch 3.000 Euro „Inflationsausgleichsprämie“ – das hört sich zunächst einmal nicht schlecht an, aber bei näherer Betrachtung fällt die Bilanz nüchterner aus. So fließt etwa von der Pauschale kein Geld in Renten- und Krankenkassen-Kasse.
Zudem geht das Geld nicht in die Lohnsumme ein, die die Basis für die kommenden Tarif-Verhandlungen bildet, was etwaige Entgelt-Anstiege dann entsprechend kleiner ausfallen lässt. Das muss auch die FAZ einräumen, die Zeitung erweist sich jedoch als findig bei der Suche nach angeblich guten Gründen dafür. „Die sogenannte tabellen-wirksame Tarif-Erhöhung bleibt mit 6,5 Prozent zwar ein sichtbares Stück hinter der aktuellen Teuerung zurück. Das hilft aber den Betrieben bei der Standort- und Arbeitsplatz-Sicherung.“
Dieses Hinterherhinken war ganz unverhohlen auch Sinn und Zweck der konzertierten 3.000-Euro-Aktion. Mit ihr wollten Bund und „Sozialpartner“ nämlich das Gespenst der Lohn/Preis-Spirale verjagen, das in Inflationszeiten stets umhergeistert. Nicht nur deshalb jedoch kommt der Tabellen-Lohn nicht recht vom Fleck.
Für zusätzliche Bremseffekte sorgt die lange Laufzeit des Vertrages. Damit nicht genug, räumt er Bayer & Co. zusätzlich noch die Möglichkeit ein, die Anhebungen bei etwaigen ökonomischen Problemen per Betriebsvereinbarungen um bis zu drei Monate zu verschieben, und diese wirtschaftlichen Schwierigkeiten fangen für die Firmen schon da an, wo die Umsatz-Rendite unter 3,1 Prozent fällt.
Nicht ganz ohne ist auch das Übereinkommen über die Altersfreizeiten-Flexiblilisierung. Mit ihm weicht nämlich ein tarifvertraglich abgesicherter Anspruch einer individuellen Abmachung zwischen Unternehmen und Beschäftigtem, wie die Zeitschrift SoZ kritisierte.
Trotz alledem bewertete der stellvertretende Vorsitzende der IG BCE, Ralf Sikorski, den Abschluss positiv. „Die Menschen profitieren vom attraktiven ,Brutto-für-Netto‘-Angebot der Bundesregierung genauso wie von der höchsten Tariferhöhung in der Chemie seit mehr als 30 Jahren“, preist er das Resultat der um eine Politikpartnerschaft erweiterten Sozialpartnerschaft. BASF-Personalchef Hans Oberschulte, der für den Bundesarbeitgeberverband Chemie die Verhandlungen leitete, sprach derweil von einem „ausgewogenen Abschluss, der Firmen Planungssicherheit gibt“. BAVC-Präsident Kai Beckmann zeigte sich ebenfalls zufrieden. „Mit diesem Ergebnis halten wir die Balance zwischen der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und den Interessen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“, bekundete er.
Die Verhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie erbrachten etwas mehr. Eine Tarif-Erhöhung von 8,5 Prozent – zahlbar in zwei Tranchen von 5,2 Prozent ab 2023 und 3,3 Prozent ab 2024 – bei einer Laufzeit von 24 Monaten plus 3.000 Euro Inflationsausgleichsprämie kam heraus. Der FAZ war das schon zu viel. „Ein Tarif-Abschluss auf Kredit“ lautete ihr Kommentar. Als „mindestens mutig“ bezeichnete die Zeitung die Einigung, obwohl Mercedes Benz im 3. Quartal des Jahres einen operativen Gewinn von 5,2 Milliarden Euro einfuhr und VW einen von 4,3 Milliarden Euro. Die Rheinische Post zeigte sich hingegen zufriedener: „Die IG Metall hat Wort gehalten und die Preis-Lohn-Spirale nicht angeheizt“. Sie freute sich über nun schon zwei „verantwortungsvolle Abschlüsse in der Doppelkrise“. Aber eine Sorge blieb: „Man kann nur hoffen, dass Verdi sich in künftigen Runden ähnlich verhält.“
Zum Glück sieht das erst einmal nicht so aus. Irene Golz, Verdi-Verhandlungsführerin in den Gesprächen mit den baden-württembergischen Uni-Kliniken, lehnt die 3.000-Euro-Prämien als Ersatz für lineare Entgelt-Steigerung ab. „Das ist sehr unglücklich, weil die Arbeitgeber sehenden Auges die Reallöhne kaputtmachen“, erklärte sie der „jungen Welt“ gegenüber: „Für uns macht das nur als zusätzliche Entlastung Sinn.“
Und in die Tarif-Auseinandersetzungen mit der Deutschen Post startete die Gewerkschaft mit einer Forderung von 15 Prozent mehr Lohn. „Unsere Mitglieder erwarten den Inflationsausgleich und darüber hinaus eine Beteiligung am Unternehmenserfolg“, so Verhandlungsführerin Andrea Kocsis.
Klimagipfel COP27 in Sharm El-Sheikh: internationale Klimapolitik braucht prinzipielle Neuausrichtung
UN-Generalsekretär António Guterres bewertete den 27. Klimagipfel (COP27) in Sharm El-Sheikh, Ägypten vom 8.-20.11.2022 sehr kritisch, wie viele andere Beobachter auch. Es seien zentrale Ziele verfehlt worden, es sei dort nicht gelungen, die „drastischen Emissionssenkungen“ auf den Weg zu bringen, die notwendig seien, um die Erderwärmung einzudämmen. „Unser Planet ist in der Notaufnahme“, unterstrich der UN-Generalsekretär die Dramatik der Lage. „Wir müssen die Emissionen drastisch verringern und dies anzugehen hat die Klimakonferenz versäumt.“ Der Verlauf auch dieser Klimakonferenz war wieder, wie auch in der Vergangenheit üblich, geprägt von zahlreichen, aber unverbindlichen und deshalb belanglosen Appellen und frommen Reden angesichts der Klimasituation auf der Erde und der generell viel zu geringen Handlungen, insbesondere der reichen Staaten mit ihren immer noch blamabel hohen Pro Kopf Emissionen an Treibhausgasen (THG). Außerdem war der Gipfel überschattet von staatlicher Repression und der Behinderung zivilgesellschaftlicher Bewegungen sowie der Greenwashing-Politik der über 600 teilnehmenden LobbyistInnen der Öl- und Gasindustrie. Leider hat auch die grüne Regierungsbeteiligung keine wirklich grundlegende Veränderung der deutschen Haltung in Richtung faire und ehrliche Übernahme von internationaler Verantwortung für die eigene historische Klimaschuld gebracht.
Loss and Damage Fonds
Als positives Ergebnis wird allgemein der Beschluss zur Gründung eines Fonds für Klimaschäden und Verluste in besonders armen und klimaverletzlichen Ländern herausgestellt. Das ist auch sicher besser als nichts, aber ohne konkrete Finanzen bzw. ohne einen regelbasierten, einigermaßen gerechten Mechanismus, um halbwegs genügend Finanzen für so einen Fonds zuverlässig zu generieren, ist er fast nichts wert, außer wieder eine neue Ankündigung. Trotzdem werten viele Länder des globalen Südens, die dafür schon seit mehreren Jahrzehnten kämpfen, dies als ihren großen Erfolg. Aber auch A. Baerbock u. ihre Staatssekretärin J. Morgan (ehemalige Geschäftsführerin von Greenpeace International) wollten sich damit schmücken. Sie waren es jedoch, die versuchten, China die Schuld dafür zuzuschieben, dass kein Finanzmechanismus vereinbart wurde, obwohl klar belegt und leicht nachzuvollziehen ist, dass derzeit noch nicht China, aber die USA und viele andere kapitalistische Länder - auch Deutschland - riesige Klimaschulden angehäuft haben (s.u.), indem sie mit ihren fossilen Konzernen weit über das vertretbare Maß hinaus jahrzehntelang fossile Energien genutzt und damit riesige Gewinne[1] gemacht bzw. ihren enormen Reichtum begründet haben. Insofern wehrte sich auch die Gruppe der G77 (Ländergruppe mit z.Zt. 134 Staaten inkl. China) in diesem geopolitischen Kampf erfolgreich dagegen, China vom globalen Süden abzuspalten.
Finanzen
Konkret berechenbare Klimaschulden in erheblicher Größenordnung ergeben sich, selbst wenn man erst ab 1990 und nur mit einem relativ moderaten internationalen CO2-Ausgleichspreis von 60 Dollar für 1 t überzogene CO2-Emissionen über das ab 1990 laut Klimawissenschaft zur Verfügung stehende CO2-Rest-Budget hinaus rechnet. Aus Gründen der Kimagerechtigkeit, aber auch schon aus einer völlig naheliegenden Logik heraus, sollten sich zunächst einmal die Staaten verpflichten, in einen solchen Schadensfonds einzuzahlen, die nachweislich die größte Schuld an dem Klimaproblem (und zwar erst ab 1990 gerechnet!) - bzw. nachweislich Klimaschulden - haben. Dies sind in der folgenden Reihenfolge (Daten für 2020):
- die USA( bis 2020 kumulierte Klimaschulden: 7 Bill.$, jährlich ca. 270 Mrd.$),
- Russland (kumuliert: 1,9 Bill.$, jährlich ca. 100 Mrd.$),
- Japan (kumuliert: 1,0 Bill.$, jährlich ca. 64 Mrd.$),
- Deutschland - schon an 4. Stelle - (kumuliert: 790 Mrd.$, jährlich ca. 38 Mrd.$),
- Kanada (kumuliert: 670 Mrd.$, jährlich ca. 33 Mrd.$),
- Südkorea (kumuliert: 460 Mrd.$, jährlich ca. 37 Mrd.$),
- Australien (kumuliert: 450 Mrd.$, jährlich ca. 23 Mrd.$),
- Saudi-Arabien (kumuliert: 405 Mrd.$, jährlich ca. 35 Mrd.$),
- England UK (kumuliert: 310 Mrd.$, jährlich ca. 19 Mrd.$),
- Ukraine (kumuliert: 250 Mrd.$, jährlich ca. 11 Mrd.$),
- Polen (kumuliert: 240 Mrd.$, jährlich ca. 18 Mrd.$) usw...
Das gerne in diesem Zusammenhang genannte China ist in dieser Liste der Klimaschuldenländer z.Zt. noch nicht dabei, es wird aber wohl 2024 dazukommen, aber zunächst noch ohne kumulierte Klimaschuld, da es bisher sein CO2-Restbudget von 1990 noch nicht überzogen hat . Indien ist noch viele Jahrzehnte davon weit entfernt. Derartig konkrete, wissenschaftlich begründete und transparente Berechnungen werden auf den Klimaverhandlungen allerdings bewußt verschwiegen, und eine Erwähnung konkreter Klimaschulden wird seit Jahren bis Jahrzehnten systematisch von den reichen kapitalistischen Ländern blockiert – auch z.Zt. leider von dem deutschen angeblichen „Klimavorreiter-Duo“ A. Baerbock / J. Morgan.
isw-report 129: 30 Jahre in Etappen in die Klimakatastrophe
Unabhängig davon ist jedoch für alle, die zumindest etwas die internationalen Notwendigkeiten zur Verhinderung des Klimawandels kennen, klar, dass es nicht nur um „Loss and Damage“ geht, sondern um einen noch wesentlich größeren internationalen Klimafonds, der nach transparenten Regeln gefüllt werden muss und aus dem die ärmeren Länder des globalen Südens finanziert werden müssen, um angesichts ihrer generellen Überschuldung überhaupt notwendige infrastrukturelle Änderungen und eine grundlegende Transformation hin zu einer regenerativen Energieerzeugung und hin zu notwendigen Adaptationsmaßnahmen an den schon jetzt und noch mehr in Zukunft ablaufenden Klimawandel vornehmen zu können. Immerhin wird im Abschluss-Papier (Sharm el-Sheikh Implementation Plan) der COP27 unter dem Punkt Finanzen erwähnt, dass ca. 4 Billionen US$ pro Jahr durch die reichen Staaten zunächst bis 2030 in regenerative Energien weltweit investiert werden müssen und darüber hinaus weitere Investitionen von mindestens 4-6 Bill $ pro J nötig sind, um eine Transformation in Richtung „low carbon economy“ zu erreichen. Dort wird auch erwähnt, dass es vor allem bei den Entwicklungsländern, die den wachsenden Auswirkungen des Klimawandels ausgesetzt sind und gleichzeitig eine wachsende Staatsverschuldung haben, eine immer größere Lücke zwischen diesen Erfordernissen und der Unterstützung durch die reichen Industrieländer (bzw. die nachweisbaren Klimaschuldnerländer) besteht. Diese Erfordernisse werden derzeit auf ca. 5,8 Bill $ für die Zeit bis 2030 geschätzt. Wie derartige Finanzsummen effektiv aufgebracht werden sollen, wird jedoch auch bei dieser COP nicht näher ausgeführt. Die eigentlich verantwortlichen reichen kapitalistischen Länder vermeiden jede konkrete finanzielle Verpflichtung aufgrund historischer Fakten, wie oben beispielhaft angedeutet ist. Es wird lediglich allgemein erwähnt, dass es einer „Transformation des Finanz-Systems, seiner Strukturen und Prozesse“ bedarf um solche Fördersummen aufzubringen. Dabei bleibt der Text aber vollkommen in der Sphäre des heutigen globalkapitalistischen Finanzsystems und seiner Institutionen, eine wirkliche Neuausrichtung der Logik ist damit kaum zu erwarten. Es wird in der bisher schon seit Jahren unverbindlichen und kaum erfolgreichen Art an diverse
„other Parties“ appelliert „to provide or continue to provide such support voluntarily“, or „on the shareholders of multilateral development banks and international financial institutions to reform multilateral development bank practices and priorities, align and scale up funding, ensure simplified access and mobilize climate finance from various sources and encourages multilateral development banks to define a new vision and commensurate operational model, channels and instruments that are fit for the purpose of adequately addressing the global climate emergency, including deploying a full suite of instruments, from grants to guarantees and non-debt instruments, taking into account debt burdens, and to address risk appetite, with a view to substantially increasing climate finance”Immerhin wird der Ordnung halber eine ernsthafte Besorgnis über das beschämende Versagen bzgl. des 2009 bei der COP 15 in Kopenhagen gegebenen Versprechens ausgedrückt,
„…that the goal of developed country Parties to mobilize jointly USD 100 billion per year by 2020 in the context of meaningful mitigation action and transparency on implementation has not yet been met and urges developed country Parties to meet the goal”Diese 100 Mrd.$, die an sich schon angesichts der o.g. global notwendigen Finanzdimensionen lächerlich gering sind, wurden schon 2009 auf dem Klimagipfel in Kopenhagen für das damals weit in der Zukunft liegende Jahr 2020 versprochen, aber bisher noch nie eingehalten..., also auch nicht in Glasgow und nicht in Sharm El-Sheikh! Dies ist ein krasses Beispiel für die Unredlichkeit der reichen Länder, an erster Stelle der USA aber auch von Deutschland, jetzt mit einer grünen Regierungsbeteiligung, und des grundsätzlichen Konstruktionsfehlers dieser internationalen Klimaverhandlungen.
Prinzipielle Neuausrichtung der internationalen Klimapolitik
Der problematische Verlauf und die am Ende wieder insgesamt schwachen und frustrierenden Ergebnisse der UN-Klimakonferenz zeigen die Richtigkeit der Einschätzung im ISW-Report 129 vom Juli 2022, in dem eine grundsätzliche Neuausrichtung der internationalen Klimaverhandlungen und der internationalen Klimapolitik vorgeschlagen wurde. Wie sollte eine prinzipielle Neuausrichtung der internationalen Klimapolitik aussehen? Im Folgenden seien einige essentielle Punkte genannt:
- Angesichts der existentiellen Dramatik der Klimasituation für die ganze Menschheit sollte das Prinzip der Einstimmigkeit bei Beschlüssen durch ein Mehrheitsprinzip ersetzt werden, sodass bei den Klimagipfeln verbindliche Beschlüsse gefasst werden können und nicht ein einzelner Staat einen vernünftigen Mehrheitsbeschluss blockieren kann. Es müssen dann auch Sanktionen bei grob klimaschädlichem Verhalten von Staaten ermöglicht werden.
- Generell ist das Prinzip der Freiwilligkeit und der relativen Unverbindlichkeit in der internationalen Klimapolitik grundsätzlich in Frage zu stellen und zu verändern. Es sind wirklich mehr als genug am Ende unverbindlicher Appelle ergangen und fromme Reden gehalten worden. Es braucht mehr wissenschaftlich begründete, regelbasierte, neutrale und transparente Verpflichtungen.
- Generell ist das Verursacherprinzip und das Prinzip der Klimagerechtigkeit, d.h. die halbhistorische Verantwortung zumindest ab 1990 von allen Staaten anzuerkennen.
- Anstatt der freundlichen und immer wieder wortreichen Bitte um die Vorlage ambitionierterer Emissionsminderungs-Versprechen (INDCs = intended nationally determined contributions) der einzelnen Staaten sollten wissenschaftlich fundierte – insbesondere aufgrund der bekannten THG-Bilanz (bzw. CO2-Bilanz) jedes Staates – konkrete THG-Emissionsminderungs-Verpflichtungen für jeden Staat vereinbart werden, sodass in der Summe das generell jeweils vereinbarte und angestrebte Ziel einer gerade noch geduldeten Temperaturerhöhung (z.B. ~ 1,5°C Ziel von Paris, 2015) wird. Bei Nichteinhaltung der Vereinbarung sollten Sanktionen ausgesprochen werden können.
- Anstatt wortreicher und diplomatisch rücksichtsvoller, aber erwiesenermaßen letztlich weitgehend wirkungsloser finanzieller Bitten im Rahmen der derzeit bestehenden Finanzstrukturen und globalkapitalistischen Machtverhältnisse sollten transparente, verbindliche, wissenschaftlich untermauerte und - so gerecht wie maximal möglich - Vereinbarungen über eine Berechnungsmethode für die notwendigen Ausgleichszahlung je nach (halb-)historischer Schuld getroffen werden (s. z.B. das vorgeschlagene Klimaschulden-Berechnungs-Modell lt. ISW-Report 129: Dabei wird –kurz dargestellt- dem jeweils länderbezogenen CO2-Restbudget der reale CO2-Ausstoß seit 1990 gegenübergestellt. Diese sog. CO2-Bilanz kann positiv oder negativ sein. Bei Überziehung des CO2-Budgets werden mit einem vereinbarten internationalen CO2-Ausgleichspreis fällige Reparationszahlungen berechnet).
- Die transparent nachvollziehbaren Reparationszahlungen sollten, wie sonstige Schulden, völkerrechtlich verbindlich geregelt werden. D.h. die Zahlungen wären dann in Zukunft keine freiwillige milde Gabe, sondern eine aus der vergangenen und immer noch laufenden Überziehung des jeweils länderbezogenen CO2-Budgets resultierende verbindliche Klima-Schuld bzw. eine völkerrechtlich verbindliche finanzielle Verpflichtung.
- Ein ausreichend gefüllter Finanzierungsfonds sollte für Klima-Maßnahmen in ärmeren und vom Klimawandel stärker betroffenen Ländern durch nachvollziehbare, transparente Regeln zur Verfügung stehen. Um diesen Prozess zu regulieren und zu überwachen, wird deshalb ein nach UNO-Prinzipien arbeitender UN-Klimafonds vorgeschlagen, der einerseits in demokratischer, völkerrechtlich korrekter und transparenter Weise die Klimaschulden berechnet, durchsetzt und verwaltet – und der andererseits je nach Klima-Guthaben über die transparente und kontrollierte Verteilung der Finanzen an arme Länder des globalen Südens für konkrete Klima-Maßnahmen wacht. Diese Organisation sollte nicht nur völlig transparent und demokratisch bestimmt arbeiten, sondern auch mit Sanktionsmöglichkeiten ausgestattet sein.
- Bei dieser Klima-Finanzierung geht es um den Infrastrukturaufbau in Richtung Nachhaltigkeit und Klimaschutz (mitigation) und um Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel (adaptation). Die Transferleistungen sollten ausschließlich zur Finanzierung der Reduzierung der THG-Emissionen, des Umbaus der Energieversorgung auf regenerative Energien (statt neuer Kohle- und anderer fossiler Kraftwerke), der jeweils notwendigen Anpassungen an schon regional wirksame Klimafolgenschäden (Deichbau, Bewässerung, Meerwasserentsalzung, Aufforstung, soziale Ausgleichsmaßnahmen u.ä.) und zum Stopp der Entwaldung verwendet werden dürfen. Schließlich könnten finanzielle Hilfen bei Zerstörungen und Verlusten durch Klimakatastrophen (loss and damage s.o.) gegeben werden
- Ein durch die o.g. Transferleistungen gespeister UN-Klimafinanzfonds würde eine erhebliche Größenordnung haben – akkumuliert bis Ende 2022 über 18 Billionen US-Dollar und pro Jahr ab 2021 über 900 Mrd. Dollar. Dieser Fonds würde eine substantielle Bedeutung für die nachhaltige Entwicklung ärmerer Länder erhalten, ohne dass die Entwicklungsländer bloß Bittsteller wären, sie hätten nach diesem Ansatz ein Recht auf finanziellen Ausgleich – im Gegenzug für nicht genutzte Emissionsrechte.
- Die Schwellen- und Entwicklungsländer müssen ihrerseits akzeptieren, dass eine nachholende wirtschaftliche Entwicklung auf der Basis fossiler Energieträger nicht mehr zukunftsfähig ist, dass auch sie möglichst rasch den Übergang zu einer klimaverträglichen Gesellschaft einleiten müssen. Allerdings würde ihnen der Weg dorthin über erhebliche Transferleistungen nach dem Prinzip der Klimagerechtigkeit stark erleichtert werden.
- Neben den notwendigen finanziellen Transfers unter dem Aspekt der Klimagerechtigkeit sind auch neue kooperative internationale Strukturen bei der Nutzung von Wissenschaft und Technik und von Patenten im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung aller Länder zu implementieren.
Auch wenn hier eine grundlegend andere Art und Methode der internationalen Klimakonferenzen eingefordert wird, dann soll das nicht heißen, dass die derzeitigen UN-Klima-Konferenzen in Bausch und Bogen verurteilt werden und man auf sie besser verzichten sollte. Denn diese großen jährlichen Klimakonferenzen sind bei aller Kritik eine wichtige Gelegenheit, sich in einem breiten internationalen UN-Rahmen zur Klimakrise auszutauschen, Lösungen zu besprechen und auch gegen „falsche Lösungen“ wie Kernkraft oder CO2-Entnahme aus der Luft (CCS, CDR) und Greenwashing eine Gegenöffentlichkeit zu bilden. Sie sind ein unverzichtbarer Kristallisationspunkt, wo sich viele Widersprüche in der heutigen kapitalistisch dominierten Welt wie in einem Brennglas bündeln und das Thema „Klima“ und das „Mensch-Natur-Verhältnis“ große internationale Aufmerksamkeit bekommt. Es geht darum, diese Konferenzen und die internationale Klimapolitik durch eine immer konsequentere, noch viel stärkere und organisiertere globale Klimabewegung radikal zu verändern und so zu verbessern, dass weltweit daraus internationalistische und solidarische Strukturen in einer neuen Größenordnung entstehen, um die Klimakatastrophe noch abzuwenden bzw. zu mildern. So gab es auch in Sharm El-Sheikh verschiedene Aktivitäten der Klimagerechtigkeitsbewegung, die allerdings noch zu einer ganz anderen Dimension anwachsen müssen. Am Ende bedarf es jedoch über die hier dargestellte Veränderung der globalen Klimapolitik hinaus einer tiefgreifenden revolutionären Veränderung der globalen Machtverhältnisse, um eine Antwort auf alle anstehenden globalen Krisen zu finden. Dazu braucht es ein globales revolutionäres Subjekt, das aus der Verbindung einer radikalen globalen Umwelt- und Klimagerechtigkeitsbewegung mit einer radikalen, weltweiten sozialen Bewegung gegen Ausbeutung, Ungleichheit, Armut und Militarisierung entstehen kann.
[1] Allein die fünf größten Ölgesellschaften der Welt haben in diesem Jahr 170 Mrd $ Gewinn gemacht. Dieses Geld gehört eigentlich in einen Loss-and-Damage Fonds.
Klimagipfel COP27 in Sharm El-Sheikh: internationale Klimapolitik braucht prinzipielle Neuausrichtung
UN-Generalsekretär António Guterres bewertete den 27. Klimagipfel (COP27) in Sharm El-Sheikh, Ägypten vom 8.-20.11.2022 sehr kritisch, wie viele andere Beobachter auch. Es seien zentrale Ziele verfehlt worden, es sei dort nicht gelungen, die „drastischen Emissionssenkungen“ auf den Weg zu bringen, die notwendig seien, um die Erderwärmung einzudämmen.
„Unser Planet ist in der Notaufnahme“, unterstrich der UN-Generalsekretär die Dramatik der Lage. „Wir müssen die Emissionen drastisch verringern und dies anzugehen hat die Klimakonferenz versäumt.“ Der Verlauf auch dieser Klimakonferenz war wieder, wie auch in der Vergangenheit üblich, geprägt von zahlreichen, aber unverbindlichen und deshalb belanglosen Appellen und frommen Reden angesichts der Klimasituation auf der Erde und der generell viel zu geringen Handlungen, insbesondere der reichen Staaten mit ihren immer noch blamabel hohen Pro Kopf Emissionen an Treibhausgasen (THG).
Außerdem war der Gipfel überschattet von staatlicher Repression und der Behinderung zivilgesellschaftlicher Bewegungen sowie der Greenwashing-Politik der über 600 teilnehmenden LobbyistInnen der Öl- und Gasindustrie.
Leider hat auch die grüne Regierungsbeteiligung keine wirklich grundlegende Veränderung der deutschen Haltung in Richtung faire und ehrliche Übernahme von internationaler Verantwortung für die eigene historische Klimaschuld gebracht.
Loss and Damage Fonds
Als positives Ergebnis wird allgemein der Beschluss zur Gründung eines Fonds für Klimaschäden und Verluste in besonders armen und klimaverletzlichen Ländern herausgestellt. Das ist auch sicher besser als nichts, aber ohne konkrete Finanzen bzw. ohne einen regelbasierten, einigermaßen gerechten Mechanismus, um halbwegs genügend Finanzen für so einen Fonds zuverlässig zu generieren, ist er fast nichts wert, außer wieder eine neue Ankündigung. Trotzdem werten viele Länder des globalen Südens, die dafür schon seit mehreren Jahrzehnten kämpfen, dies als ihren großen Erfolg. Aber auch A. Baerbock u. ihre Staatssekretärin J. Morgan (ehemalige Geschäftsführerin von Greenpeace International) wollten sich damit schmücken. Sie waren es jedoch, die versuchten, China die Schuld dafür zuzuschieben, dass kein Finanzmechanismus vereinbart wurde, obwohl klar belegt und leicht nachzuvollziehen ist, dass derzeit noch nicht China, aber die USA und viele andere kapitalistische Länder – auch Deutschland – riesige Klimaschulden angehäuft haben (s.u.), indem sie mit ihren fossilen Konzernen weit über das vertretbare Maß hinaus jahrzehntelang fossile Energien genutzt und damit riesige Gewinne[1] gemacht bzw. ihren enormen Reichtum begründet haben. Insofern wehrte sich auch die Gruppe der G77 (Ländergruppe mit z.Zt. 134 Staaten inkl. China) in diesem geopolitischen Kampf erfolgreich dagegen, China vom globalen Süden abzuspalten.
Finanzen
Konkret berechenbare Klimaschulden in erheblicher Größenordnung ergeben sich, selbst wenn man erst ab 1990 und nur mit einem relativ moderaten internationalen CO2-Ausgleichspreis von 60 Dollar für 1 t überzogene CO2-Emissionen über das ab 1990 laut Klimawissenschaft zur Verfügung stehende CO2-Rest-Budget hinaus rechnet. Aus Gründen der Kimagerechtigkeit, aber auch schon aus einer völlig naheliegenden Logik heraus, sollten sich zunächst einmal die Staaten verpflichten, in einen solchen Schadensfonds einzuzahlen, die nachweislich die größte Schuld an dem Klimaproblem (und zwar erst ab 1990 gerechnet!) – bzw. nachweislich Klimaschulden – haben.
Dies sind in der folgenden Reihenfolge (Daten für 2020):
- die USA( bis 2020 kumulierte Klimaschulden: 7 Bill.$, jährlich ca. 270 Mrd.$),
- Russland (kumuliert: 1,9 Bill.$, jährlich ca. 100 Mrd.$),
- Japan (kumuliert: 1,0 Bill.$, jährlich ca. 64 Mrd.$),
- Deutschland – schon an 4. Stelle – (kumuliert: 790 Mrd.$, jährlich ca. 38 Mrd.$),
- Kanada (kumuliert: 670 Mrd.$, jährlich ca. 33 Mrd.$),
- Südkorea (kumuliert: 460 Mrd.$, jährlich ca. 37 Mrd.$),
- Australien (kumuliert: 450 Mrd.$, jährlich ca. 23 Mrd.$),
- Saudi-Arabien (kumuliert: 405 Mrd.$, jährlich ca. 35 Mrd.$),
- England UK (kumuliert: 310 Mrd.$, jährlich ca. 19 Mrd.$),
- Ukraine (kumuliert: 250 Mrd.$, jährlich ca. 11 Mrd.$),
- Polen (kumuliert: 240 Mrd.$, jährlich ca. 18 Mrd.$) usw…
Das gerne in diesem Zusammenhang genannte China ist in dieser Liste der Klimaschuldenländer z.Zt. noch nicht dabei, es wird aber wohl 2024 dazukommen, aber zunächst noch ohne kumulierte Klimaschuld, da es bisher sein CO2-Restbudget von 1990 noch nicht überzogen hat . Indien ist noch viele Jahrzehnte davon weit entfernt. Derartig konkrete, wissenschaftlich begründete und transparente Berechnungen werden auf den Klimaverhandlungen allerdings bewußt verschwiegen, und eine Erwähnung konkreter Klimaschulden wird seit Jahren bis Jahrzehnten systematisch von den reichen kapitalistischen Ländern blockiert – auch z.Zt. leider von dem deutschen angeblichen „Klimavorreiter-Duo“ A. Baerbock / J. Morgan.
isw-report 129: 30 Jahre in Etappen in die KlimakatastropheUnabhängig davon ist jedoch für alle, die zumindest etwas die internationalen Notwendigkeiten zur Verhinderung des Klimawandels kennen, klar, dass es nicht nur um „Loss and Damage“ geht, sondern um einen noch wesentlich größeren internationalen Klimafonds, der nach transparenten Regeln gefüllt werden muss und aus dem die ärmeren Länder des globalen Südens finanziert werden müssen, um angesichts ihrer generellen Überschuldung überhaupt notwendige infrastrukturelle Änderungen und eine grundlegende Transformation hin zu einer regenerativen Energieerzeugung und hin zu notwendigen Adaptationsmaßnahmen an den schon jetzt und noch mehr in Zukunft ablaufenden Klimawandel vornehmen zu können.
Immerhin wird im Abschluss-Papier (Sharm el-Sheikh Implementation Plan) der COP27 unter dem Punkt Finanzen erwähnt, dass ca. 4 Billionen US$ pro Jahr durch die reichen Staaten zunächst bis 2030 in regenerative Energien weltweit investiert werden müssen und darüber hinaus weitere Investitionen von mindestens 4-6 Bill $ pro J nötig sind, um eine Transformation in Richtung „low carbon economy“ zu erreichen. Dort wird auch erwähnt, dass es vor allem bei den Entwicklungsländern, die den wachsenden Auswirkungen des Klimawandels ausgesetzt sind und gleichzeitig eine wachsende Staatsverschuldung haben, eine immer größere Lücke zwischen diesen Erfordernissen und der Unterstützung durch die reichen Industrieländer (bzw. die nachweisbaren Klimaschuldnerländer) besteht. Diese Erfordernisse werden derzeit auf ca. 5,8 Bill $ für die Zeit bis 2030 geschätzt.
Wie derartige Finanzsummen effektiv aufgebracht werden sollen, wird jedoch auch bei dieser COP nicht näher ausgeführt. Die eigentlich verantwortlichen reichen kapitalistischen Länder vermeiden jede konkrete finanzielle Verpflichtung aufgrund historischer Fakten, wie oben beispielhaft angedeutet ist. Es wird lediglich allgemein erwähnt, dass es einer „Transformation des Finanz-Systems, seiner Strukturen und Prozesse“ bedarf um solche Fördersummen aufzubringen. Dabei bleibt der Text aber vollkommen in der Sphäre des heutigen globalkapitalistischen Finanzsystems und seiner Institutionen, eine wirkliche Neuausrichtung der Logik ist damit kaum zu erwarten. Es wird in der bisher schon seit Jahren unverbindlichen und kaum erfolgreichen Art an diverse
Immerhin wird der Ordnung halber eine ernsthafte Besorgnis über das beschämende Versagen bzgl. des 2009 bei der COP 15 in Kopenhagen gegebenen Versprechens ausgedrückt,
Diese 100 Mrd.$, die an sich schon angesichts der o.g. global notwendigen Finanzdimensionen lächerlich gering sind, wurden schon 2009 auf dem Klimagipfel in Kopenhagen für das damals weit in der Zukunft liegende Jahr 2020 versprochen, aber bisher noch nie eingehalten…, also auch nicht in Glasgow und nicht in Sharm El-Sheikh! Dies ist ein krasses Beispiel für die Unredlichkeit der reichen Länder, an erster Stelle der USA aber auch von Deutschland, jetzt mit einer grünen Regierungsbeteiligung, und des grundsätzlichen Konstruktionsfehlers dieser internationalen Klimaverhandlungen.
Prinzipielle Neuausrichtung der internationalen Klimapolitik
Der problematische Verlauf und die am Ende wieder insgesamt schwachen und frustrierenden Ergebnisse der UN-Klimakonferenz zeigen die Richtigkeit der Einschätzung im ISW-Report 129 vom Juli 2022, in dem eine grundsätzliche Neuausrichtung der internationalen Klimaverhandlungen und der internationalen Klimapolitik vorgeschlagen wurde.
Wie sollte eine prinzipielle Neuausrichtung der internationalen Klimapolitik aussehen? Im Folgenden seien einige essentielle Punkte genannt:
- Angesichts der existentiellen Dramatik der Klimasituation für die ganze Menschheit sollte das Prinzip der Einstimmigkeit bei Beschlüssen durch ein Mehrheitsprinzip ersetzt werden, sodass bei den Klimagipfeln verbindliche Beschlüsse gefasst werden können und nicht ein einzelner Staat einen vernünftigen Mehrheitsbeschluss blockieren kann. Es müssen dann auch Sanktionen bei grob klimaschädlichem Verhalten von Staaten ermöglicht werden.
- Generell ist das Prinzip der Freiwilligkeit und der relativen Unverbindlichkeit in der internationalen Klimapolitik grundsätzlich in Frage zu stellen und zu verändern. Es sind wirklich mehr als genug am Ende unverbindlicher Appelle ergangen und fromme Reden gehalten worden. Es braucht mehr wissenschaftlich begründete, regelbasierte, neutrale und transparente Verpflichtungen.
- Generell ist das Verursacherprinzip und das Prinzip der Klimagerechtigkeit, d.h. die halbhistorische Verantwortung zumindest ab 1990 von allen Staaten anzuerkennen.
- Anstatt der freundlichen und immer wieder wortreichen Bitte um die Vorlage ambitionierterer Emissionsminderungs-Versprechen (INDCs = intended nationally determined contributions) der einzelnen Staaten sollten wissenschaftlich fundierte – insbesondere aufgrund der bekannten THG-Bilanz (bzw. CO2-Bilanz) jedes Staates – konkrete THG-Emissionsminderungs-Verpflichtungen für jeden Staat vereinbart werden, sodass in der Summe das generell jeweils vereinbarte und angestrebte Ziel einer gerade noch geduldeten Temperaturerhöhung (z.B. ~ 1,5°C Ziel von Paris, 2015) wird. Bei Nichteinhaltung der Vereinbarung sollten Sanktionen ausgesprochen werden können.
- Anstatt wortreicher und diplomatisch rücksichtsvoller, aber erwiesenermaßen letztlich weitgehend wirkungsloser finanzieller Bitten im Rahmen der derzeit bestehenden Finanzstrukturen und globalkapitalistischen Machtverhältnisse sollten transparente, verbindliche, wissenschaftlich untermauerte und – so gerecht wie maximal möglich – Vereinbarungen über eine Berechnungsmethode für die notwendigen Ausgleichszahlung je nach (halb-)historischer Schuld getroffen werden (s. z.B. das vorgeschlagene Klimaschulden-Berechnungs-Modell lt. ISW-Report 129: Dabei wird –kurz dargestellt- dem jeweils länderbezogenen CO2-Restbudget der reale CO2-Ausstoß seit 1990 gegenübergestellt. Diese sog. CO2-Bilanz kann positiv oder negativ sein. Bei Überziehung des CO2-Budgets werden mit einem vereinbarten internationalen CO2-Ausgleichspreis fällige Reparationszahlungen berechnet).
- Die transparent nachvollziehbaren Reparationszahlungen sollten, wie sonstige Schulden, völkerrechtlich verbindlich geregelt werden. D.h. die Zahlungen wären dann in Zukunft keine freiwillige milde Gabe, sondern eine aus der vergangenen und immer noch laufenden Überziehung des jeweils länderbezogenen CO2-Budgets resultierende verbindliche Klima-Schuld bzw. eine völkerrechtlich verbindliche finanzielle Verpflichtung.
- Ein ausreichend gefüllter Finanzierungsfonds sollte für Klima-Maßnahmen in ärmeren und vom Klimawandel stärker betroffenen Ländern durch nachvollziehbare, transparente Regeln zur Verfügung stehen. Um diesen Prozess zu regulieren und zu überwachen, wird deshalb ein nach UNO-Prinzipien arbeitender UN-Klimafonds vorgeschlagen, der einerseits in demokratischer, völkerrechtlich korrekter und transparenter Weise die Klimaschulden berechnet, durchsetzt und verwaltet – und der andererseits je nach Klima-Guthaben über die transparente und kontrollierte Verteilung der Finanzen an arme Länder des globalen Südens für konkrete Klima-Maßnahmen wacht. Diese Organisation sollte nicht nur völlig transparent und demokratisch bestimmt arbeiten, sondern auch mit Sanktionsmöglichkeiten ausgestattet sein.
- Bei dieser Klima-Finanzierung geht es um den Infrastrukturaufbau in Richtung Nachhaltigkeit und Klimaschutz (mitigation) und um Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel (adaptation). Die Transferleistungen sollten ausschließlich zur Finanzierung der Reduzierung der THG-Emissionen, des Umbaus der Energieversorgung auf regenerative Energien (statt neuer Kohle- und anderer fossiler Kraftwerke), der jeweils notwendigen Anpassungen an schon regional wirksame Klimafolgenschäden (Deichbau, Bewässerung, Meerwasserentsalzung, Aufforstung, soziale Ausgleichsmaßnahmen u.ä.) und zum Stopp der Entwaldung verwendet werden dürfen. Schließlich könnten finanzielle Hilfen bei Zerstörungen und Verlusten durch Klimakatastrophen (loss and damage s.o.) gegeben werden
- Ein durch die o.g. Transferleistungen gespeister UN-Klimafinanzfonds würde eine erhebliche Größenordnung haben – akkumuliert bis Ende 2022 über 18 Billionen US-Dollar und pro Jahr ab 2021 über 900 Mrd. Dollar. Dieser Fonds würde eine substantielle Bedeutung für die nachhaltige Entwicklung ärmerer Länder erhalten, ohne dass die Entwicklungsländer bloß Bittsteller wären, sie hätten nach diesem Ansatz ein Recht auf finanziellen Ausgleich – im Gegenzug für nicht genutzte Emissionsrechte.
- Die Schwellen- und Entwicklungsländer müssen ihrerseits akzeptieren, dass eine nachholende wirtschaftliche Entwicklung auf der Basis fossiler Energieträger nicht mehr zukunftsfähig ist, dass auch sie möglichst rasch den Übergang zu einer klimaverträglichen Gesellschaft einleiten müssen. Allerdings würde ihnen der Weg dorthin über erhebliche Transferleistungen nach dem Prinzip der Klimagerechtigkeit stark erleichtert werden.
- Neben den notwendigen finanziellen Transfers unter dem Aspekt der Klimagerechtigkeit sind auch neue kooperative internationale Strukturen bei der Nutzung von Wissenschaft und Technik und von Patenten im Hinblick auf eine nachhaltige Entwicklung aller Länder zu implementieren.
Auch wenn hier eine grundlegend andere Art und Methode der internationalen Klimakonferenzen eingefordert wird, dann soll das nicht heißen, dass die derzeitigen UN-Klima-Konferenzen in Bausch und Bogen verurteilt werden und man auf sie besser verzichten sollte. Denn diese großen jährlichen Klimakonferenzen sind bei aller Kritik eine wichtige Gelegenheit, sich in einem breiten internationalen UN-Rahmen zur Klimakrise auszutauschen, Lösungen zu besprechen und auch gegen „falsche Lösungen“ wie Kernkraft oder CO2-Entnahme aus der Luft (CCS, CDR) und Greenwashing eine Gegenöffentlichkeit zu bilden. Sie sind ein unverzichtbarer Kristallisationspunkt, wo sich viele Widersprüche in der heutigen kapitalistisch dominierten Welt wie in einem Brennglas bündeln und das Thema „Klima“ und das „Mensch-Natur-Verhältnis“ große internationale Aufmerksamkeit bekommt. Es geht darum, diese Konferenzen und die internationale Klimapolitik durch eine immer konsequentere, noch viel stärkere und organisiertere globale Klimabewegung radikal zu verändern und so zu verbessern, dass weltweit daraus internationalistische und solidarische Strukturen in einer neuen Größenordnung entstehen, um die Klimakatastrophe noch abzuwenden bzw. zu mildern. So gab es auch in Sharm El-Sheikh verschiedene Aktivitäten der Klimagerechtigkeitsbewegung, die allerdings noch zu einer ganz anderen Dimension anwachsen müssen.
Am Ende bedarf es jedoch über die hier dargestellte Veränderung der globalen Klimapolitik hinaus einer tiefgreifenden revolutionären Veränderung der globalen Machtverhältnisse, um eine Antwort auf alle anstehenden globalen Krisen zu finden. Dazu braucht es ein globales revolutionäres Subjekt, das aus der Verbindung einer radikalen globalen Umwelt- und Klimagerechtigkeitsbewegung mit einer radikalen, weltweiten sozialen Bewegung gegen Ausbeutung, Ungleichheit, Armut und Militarisierung entstehen kann.
[1] Allein die fünf größten Ölgesellschaften der Welt haben in diesem Jahr 170 Mrd $ Gewinn gemacht. Dieses Geld gehört eigentlich in einen Loss-and-Damage Fonds.
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