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2023/09/19 zoom webiner
Das XV. BRICS-Gipfeltreffen – Multipolarität auf globaler Ebene verfestigt sich
Wenn es um dieses vom 22. bis 24. August 2023 im südafrikanischen Johannesburg stattgefundene XV. BRICS-Gipfeltreffen geht, so scheint wenigstens eines unstrittig zu sein: BRICS ist auch westlicherseits von Politik sowie Mainstream-Medien nicht mehr so einfach zu übergehen.
Wohl noch nie zuvor hat ein Gipfeltreffen dieser fünf für das Akronym BRICS stehenden Staaten – Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika – bereits im Vorfeld ein derartig großes Interesse auf sich gezogen. Damit soll aber auch nicht ausgedrückt sein, dass es dabei stets nur um eine sachliche Betrachtung bzw. Auseinandersetzung mit Hauptanliegen wie verfolgten Zielen von BRICS gegangen ist. Das Gegenteil war der Fall: Entweder schien es vornehmlich skandalgetrieben zu sein, ob nun der russische Präsident trotz des gegen ihn vom Internationalen Gerichtshof ausgestellten Haftbefehls anreisen und Südafrika ihn dann überstellen würde. Oder aber, es sollten BRICS und deren Gipfelbeschlüsse in westlicher Arroganz herabgewürdigt werden, indem das Bündnis als ein Klub bezeichnet wird, den der Westen zumindest nach Meinung von Welt-Kommentator Alan Posener nicht fürchten müsse. Oder aber es ging darum, gezielt Schläge vor allem gegen China auszuteilen, um so zugleich noch, in Übereinstimmung mit zweifelhaften westlichen -A einen Spaltkeil in den BRICS-Verbund zu treiben. Das entspricht etwa der Praxis von Alexander Görlach im Focus Online vom 25. August 2023, für den BRICS lediglich ein Vehikel für die dem chinesischen Präsidenten unterstellten Weltherrschaftspläne bilde und es China folglich allein darum ginge, alternative Institutionen einzuführen, „deren Mitglieder sich unter der Führung Xis gegen die freiheitlich-demokratische Ordnung positionieren“. Demgegenüber drückt Thomas Fasbender in der Berliner Zeitung aus, daß BRICS zwar eher als eine Selbsthilfegruppe zu bezeichnen sei, sich jedoch nicht der Blick für dessen Wesen verstelle, Teil der im Entstehen begriffenen multipolaren Welt zu sein, und deshalb der Westen, allen voran Europa, zur Revision des bisherigen Narrativs, diese BRICS weiterhin nur als Antiwesten zu schmähen, zu ermahnen sei.[1]
Wichtigste Beschlüsse und inhaltliche Festlegungen
Ganz abgesehen davon hat es sich zusammen mit seinen Begleitveranstaltungen - BRICS-Africa Outreach und BRICS-Plus-Dialogue - bei diesem XV. Gipfeltreffen um die größte Zusammenkunft von Ländern des globalen Südens gehandelt.
Bemerkenswert sind insbesondere zwei Beschlüsse mit einer Tragweite, welche die geopolitischen Machtbalancen zulasten der euro-atlantischen Hemisphäre spürbar verändern. Zudem enthält die Gipfelansprache des chinesischen Präsident Xi in seiner Gipfelansprache den Hinweis, wonach BRICS sich als eine „bedeutende Kraft bei der Gestaltung der internationalen Landschaft“[2] erwiesen habe.
Gemeint sind zum einen die zahlenmäßige Erweiterung der BRICS von bislang fünf auf ab 2024 elf Staaten, also möglicherweise fortan auch als BRICS+ oder BRICS11 bezeichnet. Von diesen sechs hinzukommenden Staaten - Argentinien, Ägypten, Äthiopien, Iran, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate (VAE) – sind allein vier muslimische Staaten aus der für die USA seit eh und je als vitale Interessenssphäre geltenden Nah- und Mittelost-Region. Und davon sind drei wiederum aus der Golfregion, die ihrerseits auf dem Wege ist, sich – speziell nach der von China vermittelten Aussöhnung zwischen Iran und Saudi-Arabien zu einem sich noch verstärkenden eigenständigen Kraftzentrum zu entwickeln.
BRICS repräsentiert im Zuge dieser Erweiterung ab 2024 fast die Hälfte der Weltbevölkerung. Ebenso verfügt sie damit über fast drei Viertel der Öl- und Gasressourcen, und ihr Anteil an der weltweiten Wirtschaftsleistung steigt um 12 Punkte auf nunmehr 37 Prozent an.
Zum anderen resultiert aus dem Gipfeltreffen die Orientierung auf einen weiteren spürbaren Schub für die „De-Dollarisierung“. So zielt die von BRICS 2014 installierte New Development Bank (NDB), deren Vorsitz seit April 2023 die frühere Präsidentin Brasiliens, Dilma Rousseff innehat, darauf ab, den Anteil der nicht-Dollar-basierten Kreditgewährungen bis 2026 auf 30 Prozent zu steigern.[3] Zusammen mit dem gleichfalls geschaffenen Gemeinsamen Reservefonds sowie der Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) stehen Entwicklungsländern damit Alternativen zu den westlich dominierten Finanzinstitutionen - IWF (Internationaler Währungsfonds) und Weltbank - zur Verfügung.
Ebenso soll auch der Inner-BRICS-Staaten-Handel noch zielgerichteter anstelle des Dollars auf der Basis jeweiliger nationaler Währungen abgewickelt werden.
Wenngleich die Kontinuität des bisherigen Wirkens von BRICS offensichtlich bestehen bleibt, markiert dieser XV. Gipfel eine neue Zäsur bei dem Bestreben, eine multipolar verfasste Weltordnung zu etablieren.
So hatte sich BRICS auf ihrem I. Gipfeltreffen 2009 im russischen Jekaterinenburg – zu diesem Zeitpunkt allerdings noch ohne Südafrika, dessen Anschluss erst ein Jahr später erfolgt ist - gemäß dem dort verabschiedeten Gemeinsamen Statement - als ein Verbund so genannter Schwellenländer formiert, mit dem Ziel, die euro-atlantische Vormachtstellung in der Welt zu brechen und mithin auch die strukturellen Benachteiligungen der ehemals kolonial abhängigen Länder des globalen Südens zu überwinden.
Neben den, in der UN-Charta verbrieften Prinzipien und Normen des Völkerrechts, wie das Selbstbestimmungsrecht, die souveräne Gleichheit aller Staaten, die Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten, waren dann auf dem Gipfeltreffen 2011 noch zusätzlich solche Grundsätze, wie Offenheit, Pragmatismus, Solidarität, Blockfreiheit und Neutralität gegenüber dritten Parteien hinzugefügt worden. BRICS sieht sich ausdrücklich auch in völliger Übereinstimmung mit jenem, von der UNO unter dem Titel „Die 2030 Agenda für nachhaltige Entwicklung (The 2030 Agenda for Sustainable Development)“ beschlossenen weltweiten Entwicklungsprogramm.
Nicht zufällig erinnerte der südafrikanische Präsident in seinen Begrüßungsworten anlässlich des BRICS-Africa Outreach und des BRICS-Plus-Dialogues im Kontext von Zweck und Rolle der BRICS-Staaten an die Konferenz von Bandung 1955. Auf dieser hatten bereits national unabhängig gewordene asiatische und afrikanische Länder ein größeres Gewicht für die Entwicklungsländer eingefordert. Diese gemeinsame Vision einer fairen und gerechten Welt habe immer Bestand. eine Welt, die ohne Barrieren zwischen Nord und Süd, Ost und West sowie von Kooperation und gegenseitigem Respekt geprägt sei. Dies werde in Südafrika unter dem Begriff Ubuntu zusammengefasst.[4]
Zu den Hauptinhalten der Deklaration von Johannesburg
Die, wie der Gipfel, unter das Motto „BRICS and Africa: Partnership for Mutually Accelerated Growth, Sustainable Devolopment and Inclusive Multilateralism (BRICS und Afrika: Partnerschaft für gemeinsames beschleunigtes Wachstum, nachhaltige Entwicklung und inklusiven Multilateralismus) gestellte und in 94 verschiedene Punkte aufgeschlüsselte Deklaration bekräftigt dementsprechend in ihrer Präambel das gemeinsame Bekenntnis zu gegenseitigem Respekt, souveräner Gleichheit, Solidarität, Demokratie, Offenheit, Inklusivität, verstärkter Zusammenarbeit und zum Konsens.
Zu den dort abgehandelten sechs inhaltlichen Schwerpunkten gehören:
- Partnerschaft für inklusiven Multilateralismus
- Beförderung einer Umwelt des Friedens und der Entwicklung
- Partnerschaft für gemeinsames beschleunigtes Wachstum
- Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung
- Vertiefung Von Mensch zu Mensch Austausche
- Institutionelle Entwicklung.
Was die Partnerschaft für inklusiven Multilateralismus betrifft, so steht erklärtermaßen dabei im Vordergrund, die Stellung der Länder des globalen Südens entsprechend ihrem Gewicht neu zu kalibrieren. Zwar werden die zentrale Rolle der UNO sowie die in deren Charta festgeschriebenen Prinzipien bekräftigt; aber gleichzeitig wird eine umfassende Reform, vor allem des Sicherheitsrates, eingefordert, um diesen „demokratischer, repräsentativer, effektiver und effizienter zu machen sowie die ständige Repräsentation der Entwicklungsländer im Sicherheitsrat zu erhöhen“.
Dadurch soll den legitimen Aspirationen der aufstrebenden Entwicklungsländer Afrikas, Asiens und Lateinamerikas - darunter der drei besonders genannten Länder, nämlich Brasilien, Indien, Südafrika - ebenfalls dort adäquat Rechnung getragen werden.
Ebenso nachdrücklich einzufordern seien sowohl die als dringend eingestufte Reform der Welthandelsorganisation (World Trade Organisation –WTO) als auch die Schaffung eines globalen Finanzsicherungsnetzes mit einem quoten-basierten und adäquat ausgestatteten Weltwährungsfonds/International Monetary Fund (IMF) als dessen Zentrum. Anstelle der Verhängung einseitiger Zwangsmaßnahmen mit negativen Folgewirkungen, vor allem für die Entwicklungsländerwelt werde eine solche globale Governance angestrebt, die demokratisch sei und dem Multilateralismus Rechnung träge.
In Bezug auf die Beförderung einer Umwelt des Friedens und der Entwicklung wird – wie überdies in anderen Zusammenhängen - das Bekenntnis erneuert, Differenzen und Streitigkeiten durch Dialog und inklusive Konsultationen in koordinierter und kooperativer Weise friedlich zu lösen und dementsprechend jegliche Anstrengungen für eine friedliche Beilegung von Krisen zu unterstützen. Mit einem besonderen Augenmerk sei dabei auf die verstärkte Einbeziehung von Frauen in die Friedensprozesse, einschließlich in die Konfliktprävention und Konfliktlösung, in das Peacekeeping und Peacebuilding, in den Nachkonfliktwiederaufbau sowie in die Friedensbewahrung zu achten.
Auffällig bei den konkreten regionalen Bezugnahmen ist zumindest dreierlei:
Erstens, zu den angeführten Konfliktkonstellationen in Afrika wird unterschiedlich detailliert Stellung bezogen. So werden die anhaltende Gewalt in Sudan sowie die sich verschärfende Lage in der Sahel-Zone, insbesondere in Niger, jeweils lediglich als Faktum genannt. Zur Unterstützung von Libyen wird ein Libysch geführter und Libyen eigener politischer Prozess unter UN-Vermittlung bekundet. In der Westsahara-Frage soll mit dem Verweis auf die Notwendigkeit einer von allen Seiten akzeptierten, tragfähigen Lösung in Übereinstimmung mit den einschlägigen UN-Sicherheitsratsresolutionen und in Erfüllung des Mandats der UN-Mission für die Organisierung eines Referendums über die Westsahara (MINURSO) eine noch präzisere Positionsbestimmung erfolgen;
Zweitens, der Region des Nahen und Mittleren Ostens soll offenkundig besondere Aufmerksamkeit beigemessen werden, indem die dortigen Konfliktpotentiale im Einzelnen angesprochen werden. So sei die Wiederherstellung der diplomatischen Beziehungen zwischen Iran und Saudi-Arabien nicht nur zu begrüßen, sondern zugleich wird bekräftigt, dass der Abbau von Spannungen und das Überwinden von Differenzen durch Dialog und Diplomatie den Schlüssel für friedliche Koexistenz bildeten. So werde Jemens Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität sowie die positive Rolle aller involvierten Parteien beim Zustandekommen des Waffenstillstandes unterstützt. Zustimmung erfährt auch das Bemühen um eine politische Konfliktlösung. Ebenso sind alle Anstrengungen zu einer politischen und verhandelten Lösung der Syrien-Krise zu unterstützen– einschließlich der Rückkehr Syriens in die Arabische Liga.
Deutliche Kritik hingegen wird sowohl hinsichtlich der humanitären Situation in den besetzten palästinensischen Gebieten als auch der fortgesetzten Expansion des israelischen Siedlungswesens geäußert. Es gehe um die Befürwortung direkter, auf dem Völkerrecht basierenden und den einschließenden relevanten UN-Sicherheitsratsresolutionen, sowie der Arabischen Initiative basierenden Verhandlungen mit dem Ziel gemäß der Zwei-Staaten-Lösung „einen souveränen, unabhängigen und lebensfähigen Palästina-Staat“ zu implementieren;
Drittens, bezüglich Lateinamerika und speziell auf Haiti eingehend wird angesichts der sich dort sicherheitsmäßig, humanitär, politisch und ökonomisch beständig verschlechternde Lage ein Haiti-gelenkter Dialogprozess unter Einbeziehung der lokalen politischen Kräfte, Institutionen wie der Gesellschaft befürwortet.
Bemerkenswert überdies sind die relativ kurz gefassten Ausführungen zum Ukraine-Konflikt. So wird unter Berufung auf die jeweiligen nationalen BRICS-Positionen, wie sie im UN-Sicherheitsrat und in der UN-Vollversammlung zum Ausdruck gebracht worden seien, auf die hohe Wertschätzung für die relevanten Vermittlungsvorschläge und guten Dienste, die auf eine friedliche Lösung des Konflikts durch Dialog und Diplomatie, eingeschlossen die Friedensmission der afrikanischen Führer und den vorgeschlagenen Weg zum Frieden verwiesen.
Des Weiteren positioniert sich die Erklärung zu Fragen von Abrüstung, Nichtweiterverbreitung, einschließlich der Konvention zum Verbot der Entwicklung, Produktion und Vorratshaltung von bakteriologischen und anderen Gift-Waffen sowie deren Zerstörung, zum Verbot von chemischen Waffen sowie des Wettrüstens im Weltraum.
Einbezogen ist dabei die Forderung nach Lösung der strittigen Nuklearfrage Irans im Wege friedlicher und diplomatischer Mittel im Einklang mit dem Völkerrecht; sprich der Rückkehr zum JCPOA und der UN-Sicherheitsratsresolution 2231.
Bei erklärter Ablehnung jeglicher Art von Terrorismus wird abschließend dann noch auf die Unterstützung entsprechender Aktivitäten der BRICS-Konter-Terrorismus Arbeitsgruppe sowie deren fünf Untergruppen, basierend auf der BRICS-Konter-Terrorismus Strategie und dem BRICS-Konter-Terrorismus Aktionsplan verwiesen.
Hinsichtlich der Partnerschaft für gemeinsames beschleunigtes Wachstum soll – auch unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das durch die Pandemie geschwächte globale Wachstums-Momentum – verstärkt auf eine konstruktive Rolle der multilateralen Finanzinstitutionen und internationalen Organisationen bei der Herbeiführung eines globalen Konsenses über die Wirtschaftspolitiken und bei der Abwendung systemischer Risiken der wirtschaftlichen Disruption und finanziellen Fragmentierung hingewirkt werden. Ins Auge gefasst sind Multilaterale Entwicklungsbanken, deren Geschäftsmodell darin besteht, ihre Kreditkapazitäten beständig zu erhöhen und sich damit langfristig stabil als robuste Kreditgeber erweisen zu können.
Interessant ist die Bestimmung der Rolle der G20. So wird deren Bedeutung davon abgeleitet, das einzige multilaterale Forum im Bereich der internationalen Wirtschafts- und Finanzkooperation zu sein, in welchem sowohl entwickelte als auch aufstrebende Märkte sowie Entwicklungsländer zusammengeschlossen seien. Dementsprechend wird besonders große Hoffnung in die jeweilige G20- Präsidentschaft der drei BRICS-Staaten gesetzt – beginnend mit Indien, welches gerade als Gastgeber des entsprechenden Gipfeltreffens fungiert hat, gefolgt 2024 von Brasilien und dann 2025 von Südafrika. Diese werden mit der besonderen Erwartung verknüpft, ein nachhaltiges Momentum des Wandels zu gewährleisten. Zumindest ist der indischen Präsidentschaft die Aufnahme der Afrikanischen Union als ständiges G20-Mitglied zu danken, deren Agenda 2063 wie den afrikanischen Anstrengungen in Richtung ihrer Integration, einschließlich der Operationalisierung der Afrikanischen Kontinentalen Freihandelszone (AfCFTA) zugleich auch die BRICS-Unterstützung zugesagt wird.
Die eigenen BRICS-Belange betreffend werden folgende Vereinbarungen hervorgehoben:
- Davon ausgehend, dass die BRICS-Staaten ein Drittel der Nahrungsmittel in der Welt produzieren, sehen sich diese im Interesse der Gewährleistung der Nahrungssicherheit weltweit dazu verpflichtet, ihre landwirtschaftliche Kooperation zu verstärken sowie eine nachhaltige Landwirtschaft und der ländlichen Entwicklung zu fördern,
- Ebenso werde danach gestrebt, die Inner-BRICS-Kooperation zu verstärken und vor allem die BRICS-Partnerschaft für die Neue Industrielle Revolution zu intensivieren, um so neue Möglichkeiten für die beschleunigte industrielle Entwicklung zu erschließen. Eine besondere Bedeutung wird dabei bereits bestehenden BRICS-eigenen Einrichtungen, beigemessen wie etwa das BRICS-Zentrum für Industrielle Kompetenzen (BCIC), das BRICS-(PartNIR)-Innovationszentrum oder auch das Startup-Forum,
- Im Interesse der Beförderung des gegenseitigen Tourismus soll gleichfalls die BRICS-Allianz für Grünen Tourismus gestärkt werden,
- Hinsichtlich der Erreichung eines „schnellen, preisgünstigen, transparenten, sicheren und inklusiven Zahlungssystems“ soll der Report der BRICS Payment Task Force (BPTF) für die Kartierung der verschiedenen Elemente der G20-Roadmap zu den grenzüberschreitenden Zahlungen in den BRICS-Staaten abgewartet werden.
Des Weiteren sollen die Stärkung der korrespondierenden Banknetzwerke zwischen den BRICS-Staaten sowie das Zustandekommen von Festlegungen über lokale Währungen unterstützt werden. Die Finanzminister und/oder Zentralbankgouverneure sollen damit beauftragt werden, die Frage der lokalen Währungen, Zahlungsinstrumente und Plattformen zu prüfen und darüber auf dem nächsten Gipfel Bericht zu erstatten.
Der von Dilma Rousseff geleiteten Nationalen Entwicklungsbank (NDB) wird die Schlüsselrolle bei der Beförderung der Infrastruktur und einer nachhaltigen Entwicklung ihrer Mitgliedstaaten eingeräumt und deren drei Neumitglieder (Bangladesh, Ägypten, VAE) willkommen geheißen. Ebenso wird die 2022 erfolgte Gründung des BRICS Think Tank Network for Finance, deren operationale Leitlinien unter südafrikanischem Vorsitz erarbeitet worden sind, besonders positiv bewertet.
Im Hinblick auf die Partnerschaft für nachhaltige Entwicklung wird der Aufruf zur Implementierung der 2030 Agenda für nachhaltige Entwicklung - und zwar in deren 3-Dimensionalität, nämlich ökonomisch, sozial, umweltmäßig - erneuert. Um so dringender wird insbesondere an die Geberländer appelliert, ihren Verpflichtungen gegenüber der Offiziellen Entwicklungshilfe, Official Development Assistance (ODA), die die Bereitstellung finanzieller, technischer und personeller Leistungen im Rahmen der Entwicklungsländerzusammenarbeit umfasst, gerecht zu werden.
Ebenso nachdrücklich betont werden die Bedeutung der Implementierung des United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC), des Abkommens von Paris sowie der Prinzipien der „Gemeinsamen aber Differenzierten Verantwortungen und respektive Möglichkeiten (CBDR-RC).
Die multilaterale Antwort auf den Klimawandel müsse gestärkt und gemeinsam auf einen Erfolg der 28. Klimakonferenz (UNFCCC COP28) hingewirkt werden.
Die entwickelten Länder müssten den Entwicklungsländern helfen, Zugang zu den vorhandenen und neuen Niedrig-Emissions-Technologien zu erlangen, wie ebenso der Niedrig-Kosten-Transfer und die Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen für nachhaltige Umwelt-Projekte zu gewährleisten seien.
Begrüßt wird die Kandidatur Brasiliens für die COP30 im Jahr 2025 als ein Schlüssel, um dem Klimawandel global zu begegnen.
Abgelehnt werden Handelsbarrieren, einschließlich solcher unter dem Vorwand des Klimawandels, welche von bestimmten Ländern verhängt werden. Maßnahmen, die der Bekämpfung des Klimawandels wie der Biodiversität dienen sollen, müssten WTO konsistent sein und nicht zu ungerechtfertigter Diskriminierung oder Handelsrestriktionen genutzt werden.
In punkto der Vertiefung der Menschen zu Menschen Austausche wird insbesondere jener Fortschritt hervorgehoben, der unter dem südafrikanischen Vorsitz 2023 erzielt worden sei. Gleichzeitig zu würdigen sei die erfolgreiche Durchführung des BRICS-Geschäfts-Forums. Besondere Wertschätzung in diesem Kontext sei dem BRICS-Akademischen Forum als Plattform für Deliberalisierungen und Diskussionen unterführenden BRICS-Akademikern über heutige Herausforderungen beizumessen., Eine Wertschätzung erfährt auch der in 2023 sein zehnjähriges Jubiläum feiernde BRICS-Think Tank-Rat, der einen wesentlichen Beitrag zur Kooperation in der Forschung geleistet habe.
Nicht zuletzt seien die konstruktive Rolle bei der Konsensbildung und Vertiefung der Kooperation zu würdigen, die der Dialog zwischen den politischen Parteien der BRICS-Staaten spiele, insbesondere der im Juli 2023 durchgeführte BRICS Politische Parteien-Dialogs. Was überdies auch für den kulturellen Bereich wie den des Sports, einschließlich der für den Oktober 2023 in Südafrika geplanten BRICS-Spiele, gelte.
Die institutionelle Entwicklung, den sechsten Schwerpunkt der Deklaration betreffend, soll es vor allem darum gehen, die auf den gemeinsamen Interessen und Schlüsselprioritäten basierende Solidarität und strategisch-partnerschaftliche Kooperation weiter auszubauen. Ungeachtet aller sich im Laufe der Zeit auch in der BRICS-Kooperation notwendig machenden Wandlungen werde jedoch weiterhin auf klare Prioritäten in der bestehenden weit reichenden Kooperation gesetzt sowie auf den Konsens als Basisprinzip.
Getreu diesem BRICS-Geist sowie dem Bekenntnis zum Multilateralismus bringen die beteiligten Staaten den Konsens über die Leit-Prinzipien, Standards, Kriterien und Prozeduren des BRICS-Erweiterungsprozesses zum Ausdruck. In Anbetracht des sichtlichen Interesses von Ländern des globalen Südens an einer BRICS-Mitgliedschaft seien die BRICS-Außenminister beauftragt worden, das BRICS-Partner-Staat-Modell weiterzuentwickeln und dementsprechend auf dem nächsten Gipfel, für dessen Durchführung in Kasan der russische Präsident die volle Unterstützung erhalten hat, eine Liste in Frage kommender Staaten vorzulegen.
Resümee und Ausblick
Mit diesem XV. Gipfeltreffen in Südafrika eröffnet BRICS als Staatenverbund ein qualitativ neues Kapitel in seiner bisherigen Entwicklungsgeschichte. Mit der Erweiterung vor allem auch in Gestalt der vier muslimischen Staaten der Nah- und Mittelostregion ist er nunmehr in diesem, wegen seiner enormen Ressourcen an fossilen Brennstoffen und seiner Lage am Schnittpunkt dreier Kontinente sowie wichtiger Handels- und Seewege geostrategisch so bedeutsamem Teil der Welt massiv präsent. Drei dieser Staaten – Ägypten, Saudi-Arabien, VAE – unterhalten zugleich enge Kooperationsbeziehungen vor allem auch zu den USA. Deshalb wertet beispielsweise der Vizepräsident und Premier der VAE den BRICS-Beitritt seines Landes als Beleg für dessen ausbalancierte Außenpolitik, für die „Diversifizierung der Partnerschaften und Märkte bei Beibehaltung der traditionellen Beziehungen mit dem Rest der Welt“. Dies spiegelt sich sowohl in dem mit den USA im Rahmen des Viererbundes Israel, Indien USA, VAE praktizierte Zusammenwirken als auch dem Zusammenwirken mit China und Russland nunmehr innerhalb von BRICS wider.
Allein schon deshalb erweist es sich mehr als fragwürdig, BRICS als antiwestlich zu schmähen. Es wäre faktisch ebenso nicht präzise, den Verbund als Gegenpart zur westlichen G7 verorten zu wollen, oder sich gar noch darauf zu versteifen, wonach sich innerhalb von BRICS durch die Erweiterung die autoritären Elemente weiter verstärkt hätten. Das würde, gewollt oder ungewollt, den Charakter von BRICS eindeutig verzerren.
Es geht darum, die benachteiligte Stellung der Entwicklungsländer des globalen Südens vor allem in den internationalen, von westlicher Dominanz geprägten Finanz- und Wirtschaftsorganisationen aufzuheben. Immerhin bildet die gemeinsame Forderung nach einer Neuen Internationalen Wirtschaftsordnung (NIWO) seit 1972 eine politische Plattform der Entwicklungsländer in der UNO, so wie die Nord-Süd-Kommission in ihrem ersten Bericht 1980 gleichfalls eine solche eingefordert hat.[5] Obwohl diese Länder die Mehrheit der Weltbevölkerung ausmachen, sind betreffende in internationalen Finanzorganisationen mit lediglich 14 Prozent repräsentiert. Und es sieht auch nicht danach aus, dass sich daran aus westlicher Sicht und Interessenlage etwas ändern sollte.
Wenn nun eine wachsende Zahl von Ländern des globalen Südens ihr Interesse an einer Mitwirkung im BRICS-Verbund bekundet – 23 Länder hatten sich im Vorfeld dieses XV. Gipfels offiziell darum beworben und fast noch einmal so viele ihr Interesse bekundet –
so ist dies ein Beleg dafür, dass alle diese Länder mit gestärktem Selbstbewusstsein entschlossen sind, die westliche Dominanz bei der globalen Regierungsführung (Global Governance) nicht mehr hinnehmen zu wollen.
Und sie sehen in BRICS ein geeignetes Instrumentarium, dieser ihrer Intention in Kooperation mit anderen Ländern zu entsprechen. Der südafrikanische Präsident, in seiner Eigenschaft als Vorsitzender dieses XV. Gipfels, drückt es so aus: es gehe darum, die Vision von BRICS zu teilen, ein Champion der Erfordernisse der Menschen im globalen Süden zu sein - als eine gleiche Partnerschaft von Staaten, deren Ansichten divergieren, aber die die gemeinsame Vision von einer besseren Welt teilen.[6]
Der Videoansprache des russischen Präsidenten war zu entnehmen, dass sich die BRICS-Staaten darin einig seien, „eine neue multipolare Weltordnung mit einer genuinen Interessensbalance und unter Berücksichtigung der souveränen Interessen so vieler Staaten wie möglich zu implementieren, die diese in die Lage versetzt, ihre eigenen Entwicklungsmodelle zu verfolgen sowie ihnen hilft, ihre diversen nationalen Kulturen und Traditionen zu bewahren“.
Die Chancen, dieses grundsätzliche Anliegen weiter zu fördern, seien durch die Erweiterung von BRICS nach Einschätzung des brasilianischen Präsidenten Lula – gemäß seiner am 25. August veröffentlichten Pressekonferenz, gestiegen. So erlange diese damit noch größere ökonomische und strategische Bedeutung und ermögliche auch den Ländern des globalen Südens, etwa bei Verhandlungen mit dem G7-Block fortan noch gestärkter aufzutreten.
Nach Einschätzung der offiziösen chinesischen Global Times vom 24. August 2023 wird dank dieser Erweiterung „BRICS zu einer der größten repräsentativen Organisationen für Schwellen- und Entwicklungsländer“ avancieren, der ein großes Potential innewohne, die Entwicklung der Global Governance in eine gerechtere Richtung zu fördern. Es gehe also um tektonische Veränderungen historischen Ausmaßes, in denen sich die Notwendigkeit widerspiegelt, eine solche internationale Architektur anzustreben, die nicht mehr auf der ausbeuterischen Vormacht des euro-atlantischen Nordens gegenüber der so genannten „Dritten Welt“ basiert.
Andererseits ist aber zu bedenken, dass aus einer solchen Erweiterung von BRICS neue Herausforderungen für deren inneren Mechanismus erwachsen. Schon allein daraus erklärt sich, warum innerhalb der ursprünglichen Fünfer-Gruppe um einen Konsens darüber gerungen wurde, ob, und in welchem Umfange eine Erweiterung anzustreben sei. Zurecht wird in der Gipfel-Erklärung auf die Fähigkeit aller Beteiligten zur Konsensfindung über ein schrittweises Vorgehen hervorgehoben, weil es dabei nicht bloß um einen propagandistisch gesetzten Paukenschlag gehen sollte, sondern allein darum, BRICS wirkungsmächtiger werden zu lassen. Nicht zufällig wird von Seiten Chinas dabei vor allem der zwischen Indien und China gefundene Konsens über die Erweiterungsfrage als beispielhaft dafür angeführt, wie zwei alte Zivilisationen nach Gemeinsamkeiten gesucht und zugleich Unterschiede bewahrt hätten. Solange der Geist der BRICS-Staaten hochgehalten werde, gäbe es „überall Möglichkeiten für Zusammenarbeit und Fortschritt“[7].
Auch, dass die neben der Erweiterungsfrage gleichfalls so wichtige Entscheidung zum Inner-BRICS-Finanzsystem – oder auch zu den Möglichkeiten einer Reduzierung der Abhängigkeit der nichtwestlichen Volkswirtschaften vom US-Dollar - nicht als Hauruck-Aktion betrachtet worden ist, mag von jenen, denen BRICS aus verschiedensten Gründen ein Dorn im Auge ist, Anlass zu billiger Häme geben. Nichtsdestoweniger zeugt aber der Umgang mit dieser diffizilen Frage von großer Besonnenheit. ES werden erst relevante Prüfberichte abgewartet und verschiedenste Zwischenschritte in Erwägung gezogen, bevor es zu endgültigen Entscheidungen kommt. Das liegt schon deshalb im Interesse der Beteiligten, weil die Volkswirtschaften selbst innerhalb der Fünfer Gruppe sehr unterschiedlich sind – so entfallen allein auf China zwei Drittel des Bruttoinlandsprodukts. Und zum anderen betrifft es einen sensiblen Bereich, weil damit, wie Dmitri Trenin konstatiert, „gegen das eifersüchtig gehütete Prinzip der nationalen Souveränität verstoßen wird“[8]. Alle einschlägigen Analysten stimmen dabei überein, dass erst einmal die bereits gängige Praxis, im Inner-BRICS-Staaten-Handel den Rückgriff auf nationale Währungen, weiter zu qualifizieren sinnvoll wären, indem Kosten verursachende „Probleme mit der Konvertierbarkeit einiger Währungen, ihrer begrenzten Verwendung außerhalb des Ausgabelandes und der Instabilität des Wechselkurses“[9] in den Blick zu nehmen seien.
Allerdings sollten auch keine Illusionen darüber bestehen, dass die weitere Entwicklung des BRICS-Staatenverbundes fortan komplikationslos vonstatten ginge. Allein schon, weil zu bezweifeln ist, wonach sich die USA – angesichts ihres wiederholt bekundeten Anspruchs auf ihre führende globale Hegemonierolle – mit den veränderten Realitäten tatsächlich abzufinden bereit wären. Zumindest deuten die aktuellen Indizien auf das genaue Gegenteil hin. Neben der Nutzung des Ukraine-Krieges zur Schwächung Russlands scheint es für die USA und deren euro-atlantische Alliierte vorrangig darum zu gehen – gemäß dem alten kolonialistischen Prinzip des Divide et Impera -, Keile zwischen China und Indien zu treiben. Unter dem fadenscheinigen Vorwand, Demokratien gegenüber den Autokratien stärken zu wollen, wird versucht, Indien wegen seiner Bevölkerungszahl als größte Demokratie der Welt bezeichnetes Land mehr und mehr gegen China in Stellung zu bringen. Zwischen beiden Ländern bestehen Streitigkeiten vor allem über Grenzverläufe in Kaschmir oder im Himalaja-Gebirge. Die damit verbundenen indischen Vorbehalte gegenüber dem chinesischen Seidenstraßenprojekt bilden dafür anscheinend einen geeigneten Anknüpfungspunkt.
Wie die I2U2-Initiative (strategische Partnerschaft Israel, USA, Indien und VAE) und die damit einhergehenden Rückschläge Chinas gegenüber Indien im Zusammenhang mit dem Ausbau des israelischen Hafens in Haifa, soll nun offensichtlich – zumindest erst einmal propagandistisch das am Rande des G20-Gipfels in Neu-Delhi von Biden, Modi und von der Leyen verkündete Projekt dazu dienen, China gegen Indien aufzubringen. Zudem sind Bestrebungen zu beobachten, die beiden angehenden BRICS-Staaten Saudi-Arabien und VAE, auf die antichinesische Seite zu ziehen. Soweit bislang bekannt, soll es bei eben diesem Projekt um den Bau eines Schienen- und Schifffahrtskorridors gehen, der Indien via Naher und Mittlerer Osten mit Europa verbindet. Ein – wie es heißt – ambitioniertes Projekt, welches das ökonomische Wachstum und die politische Kooperation stärken soll. Der Korridor soll den Handel, die Transportenergieressourcen sowie die digitale Vernetzung voranbringen.
Als von US- wie EU-Seite ausdrücklich verstandenes Gegengewicht zur chinesischen Seidenstraße (Belt and Road Initiative – BRI) sollen daran – neben Indien, Saudi-Arabien, VAE – ebenfalls noch Jordanien, Israel und EU beteiligt werden.
Dabei ist anzumerken, daß Saudi-Arabien und VAE nicht nur Neu-Mitglieder von BRICS sind, sondern überdies – auf der Basis strategischer Partnerschaften – weitreichend in die BRI involviert sind. Inwieweit daraus Kollisionen mit BRICS wie BRI erwachsen könnten, ist bislang rein hypothetisch; nichtsdestoweniger aber birgt es zwangsläufig auch die reale Gefahr einer unberechenbaren Schaukelpolitik. Obwohl es sicherlich angeraten wäre, erst einmal abzuwarten, inwieweit ein solches globales Projekt beim dritten Anlauf überhaupt zustande kommt. Soweit bislang überhaupt Projekt-Einzelheiten bekannt geworden sind, soll es sich dabei um einen Bestandteil des Projektes „Partnerschaft für Globale Infrastruktur und Investment (Partnership for Global Infrastrucuture and Investment – PGII) handeln. Aber allein schon dieses PGII in ihrer Eigenschaft als westliches Anti-BRI-Programm hat bei seiner Verkündung auf dem G7-Gipfel 2022 im deutschen Elmau vielerlei Fragezeichen entstehen lassen, weil es bereits dort als lediglich eine Zusammenfassung des 2021 im britischen Carbis Bay des dort gleichfalls schon großspurig angekündigten Build Back Better World (B3W) sowie der einige Monate später von der EU in die Welt gesetzten Global Gateway (GG)-Initiative erschienen war. Insofern besteht der berechtigte Verdacht, dass es sich bei der jetzigen Ankündigung wiederum nur um eine Aufmerksamkeit heischendes Ereignis handeln könnte, da der seit 2013 laufenden BRI und deren Investitionen von zusammengenommen mittlerweile reichlich vier Billionen USD kaum noch ernsthaft beizukommen sein wird – außer es mit Luftnummern oder propagandistischen Verunglimpfungen dagegen zu polemisieren.
Wie schon im Falle der BRI sollte es dem Westen auch in Bezug auf die BRICS in ihrem erweiterten Zustand eine Lehre sein, nicht hinter den Entwicklungen hinterherzuhinken und sie dann wieder zu ihren Gunsten umkehren zu wollen. Vielmehr wäre es vonnöten, die bisherige eigene Politik gegenüber den Entwicklungsländern des globalen Südens selbstkritisch zu hinterfragen. Die transatlantischen Wortfüher-Staaten sollten sich gleichfalls der Tatsache bewusst sein, dass - wie in den Reden der Präsidenten Südafrikas oder Chinas auf dem XV. BRICS-Gipfel erneut unterstrichen - Armut, Ungleichheit und Unterentwicklung mit zu den größten Geiseln der Menschheit gehören und Entwicklung ein unveräußerliches Recht aller Länder und kein Privileg nur einiger weniger sei. Und dementsprechend wären auch auf diesem Feld vielmehr Kooperation und Win-Win-Situationen anzustreben anstelle von Konfrontation und Feindbildkonstruktionen. Es bleibt weiterhin zu beobachten, wie diese sich herausbildende multipolare Ära mit einer spezifischen neuen Welle national-souveräner Emanzipationsbestrebungen einhergeht, deren Ziel gerade darin besteht, sich von jeglicher äußeren Bevormundung zu befreien und sich stattdessen entlang eigener ökonomischer wie politischer Interessen neu aufzustellen. Und deshalb, wie in der ägyptischen Al-Ahram Online vom 29. August 2023 festgestellt wird, eher damit zu rechnen ist, wonach sich mit der Erweiterung von BRICS die Bedeutung der G7 verringern, die Widersprüche und Disparitäten in der G20 zunehmen und der BRICS-Verbund eine noch größere Anziehungskraft bei weiteren Ländern des globalen Südens gewinnen werde.
[1] Siehe hierzu Thomas Fasbender, Es ist an der Zeit, unser Narrativ zu revidieren, in Berliner Zeitung, Printausgabe vom 02./03. September 2023, S. 28
[2] https://news.cgtn./news/2023-08-23/Full-text-Xi-Jinping-s-speech-at- the-15th-BRICS-summit-1mvxFMvuF2W/index.html
[3] Vgl. dazu auch German-Foreign-Policy.com vom 29. August 2023
[4] Abzurufen unter https://www.gov.za/speeches/president-cyril-ramaphosa-welcome-remarks-brics-africa-outreach-and-brics-plus-dialogue-24
[5] https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexikon/politlexikon/17904/neue-weltwirtschaftsordnung/
[6] Siehe dazu BRICS CHAIR President Cyril Ramaphosa’s Media Briefing Remarks Announcing the Outcomes of the XV BRICS Summit, 24 August 2023
[7] Siehe dazu Leitartikel der Global Times vom 24. August 2023, abzurufen unter https://www.globaltimes.cn/opinion/editorial/
[8] Dmitri Trenin, Das sind die Chancen der BRICS-Staaten in Johannesburg, abzurufen unter https://globalbridge.ch/?s=Dmitri+Trenin
[9] Ebenda
2023/09/30 zoom First peace action zoom conference of the Network No to NATO
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Paradebranche unter Druck
Ökonomen warnen vor Strafzöllen gegen chinesische Elektroautos, mit denen nach dem Start einer angekündigten EU-Untersuchung zu rechnen ist: Die härtesten Schäden trügen deutsche Unternehmen davon.
Etwaige EU-Strafzölle gegen Elektroautos aus China, wie sie die EU-Kommission im Blick hat, könnten der deutschen Industrie größere Schäden zufügen als deren chinesischer Konkurrenz. Davor warnen Ökonomen, nachdem EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Mittwoch die Einleitung einer Antisubventionsuntersuchung gegen chinesische E-Fahrzeuge angekündigt hat. Beijing werde Gegenmaßnahmen verhängen, zumal die EU ihrerseits batteriebetriebene Fahrzeuge stark subventioniere, erklärt Gabriel Felbermayr, Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung. Die Gegenmaßnahmen aber würden besonders deutsche Kfz-Hersteller treffen, die heute umfassend vom Chinageschäft abhängig seien. Felbermayr stuft das EU-Vorhaben als „Bumerang“ ein. Zudem liefe es dem Ziel der Bundesregierung zuwider, die Zahl der E-Fahrzeuge auf deutschen Straßen bis 2030 auf 15 Millionen anzuheben; dieses sei, heißt es in einer aktuellen Analyse, nur mit Hilfe chinesischer Elektroautos zu erreichen, da diese deutlich billiger als deutsche Modelle, also auch für weniger wohlhabende Milieus bezahlbar seien. Grünen-Politiker loben die EU-Maßnahme gegen China dennoch.
Strafzölle wahrscheinlich
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat am Mittwoch in ihrer diesjährigen State of the Union-Rede mitgeteilt, die Kommission leite eine Antisubventionsuntersuchung gegen Elektrofahrzeuge aus China ein. Der Weltmarkt werde gegenwärtig von „billigeren chinesischen Elektroautos geflutet“, sagte von der Leyen und behauptete, deren Preis werde „künstlich durch gewaltige staatliche Beihilfen niedrig gehalten“: „Das verzerrt unseren Markt.“[1] Man werde jetzt dagegen vorgehen. Das Standardprozedere in derlei Fällen sieht vor, dass die EU nach der offiziellen Einleitung der Antisubventionsuntersuchung in einer Zeitspanne von neun Monaten vorläufige Strafzölle verhängen kann. Die abschließende Entscheidung über dauerhafte Strafzölle muss binnen 13 Monaten gefällt werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass die EU die Einfuhr von Elektrofahrzeugen aus China auf diesem Wege verteuert, wird als „hoch“ eingeschätzt.[2] Branchenkreise weisen darauf hin, dass die EU-Kommission in jüngerer Zeit in vergleichbaren Fällen Strafzölle in Höhe von 10 bis 20 Prozent verhängt habe.[3] Ein solcher Rahmen sei demnach auch bei ihrem Vorgehen gegen die Einfuhr chinesischer Elektroautos eine realistische Perspektive. Die Strafzölle kämen dann zu den jetzt schon bestehenden Einfuhrzöllen von 10 Prozent hinzu.
Chinas E-Auto-Boom
Chinesische Hersteller von Elektroautos schicken sich zur Zeit in der Tat an, in Europa relevante Marktanteile zu erobern. Ihre Fahrzeuge gelten als qualitativ gut und in puncto IT-Ausstattung als weltweit führend; erst in der vergangenen Woche wurden sie auf der Münchner Automesse IAA von Experten weithin gelobt. Im ersten Quartal 2023 exportierten Chinas Kfz-Hersteller, gestützt ganz überwiegend auf Elektroautos, zum ersten Mal mehr Fahrzeuge (1,07 Millionen) als Konzerne aus Japan (954.000) sowie Deutschland (840.000). Der Marktanteil chinesischer Autos – Verbrenner und E-Modelle zusammengenommen – ist in Europa bereits von 0,1 Prozent im Jahr 2019 auf 2,3 Prozent von Januar bis Juli 2023 gestiegen. Bei Elektroautos allein hat er in der EU laut Angaben der Kommission bereits 8 Prozent erreicht und dürfte, wenn kein Eingriff in den Markt erfolgt, schon in zwei Jahren in einen Bereich von 15 Prozent hineinwachsen, dies mit weiterhin zunehmender Tendenz. In Deutschland können sich mittlerweile laut Umfragen 42 Prozent der potenziellen Käufer vorstellen, ein chinesisches Elektroauto zu erwerben. Dies liegt auch daran, dass chinesische Modelle preisgünstiger sind;
Branchenkenner urteilen, sie hätten das Potenzial, sich „in Volumensegmenten unterhalb von 30.000 und 20.000 Euro“ festzusetzen.[4]
Die Berliner Klimaziele
Gerade weil chinesische Elektroautos preisgünstiger sind als deutsche, hängt von ihnen das Erreichen eines Teils der deutschen Klimaziele ab. Zu diesem Ergebnis kam kürzlich in einer aktuellen Untersuchung die Beratungsgesellschaft Deloitte. Demnach werden bis zum Jahr 2030 bei einer Fortschreibung der gegenwärtigen Entwicklung lediglich 11,7 Millionen batteriebetriebene Fahrzeuge auf deutschen Straßen unterwegs sein – erheblich weniger als die 15 Millionen, die die Bundesregierung anstrebt.[5] Hauptursache sei, dass Verbrenner zur Zeit mit einem Durchschnittspreis von 31.000 Euro viel billiger seien als Elektrofahrzeuge mit einem Durchschnittspreis von 42.500 Euro, konstatiert Deloitte. Preisparität sei bei deutschen Herstellern nicht vor 2028 bis 2030 zu erwarten – eindeutig zu spät für die Ziele der Bundesregierung. Den Absatz von Elektroautos steigern könnten nur chinesische Firmen mit ihren kostengünstigeren Fahrzeugen. Allerdings würden deutsche Kfz-Konzerne dann Marktanteile an sie verlieren. Schreibe man die derzeitige Situation in die Zukunft fort, dann könne die deutsche Kfz-Industrie 2030 einen Marktanteil von 46 Prozent halten; chinesische Firmen lägen dann bei 8 Prozent. Gelinge es, mit billigeren E-Autos dem Regierungsziel näher zu kommen, steige der chinesische Anteil allerdings auf 18 Prozent; der Anteil deutscher Hersteller falle dann auf 41 Prozent.
Die Präferenzen der Grünen
In der Abwägung zwischen dem Erreichen der Berliner Klimaziele und dem Bewahren der Marktanteile deutscher Kfz-Konzerne räumt nicht nur die EU-Kommission, sondern auch die Bundesregierung Letzterem Vorrang ein. Er „begrüße“ die Entscheidung der Kommission, erklärte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) am Mittwoch.[6] Auch deutsche Europaabgeordnete zollen von der Leyen Beifall. Sie sei mit der Ankündigung der Kommissionspräsidentin „völlig einverstanden“, teilte Angelika Niebler (CSU) mit; Anna Cavazzini (Bündnis 90/Die Grünen) lobte die bevorstehende Einleitung der Antisubventionsuntersuchung als „bemerkenswert“.[7]
Steine im Glashaus
Warnungen kommen insbesondere von Ökonomen. So weist etwa Gabriel Felbermayr, Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO), darauf hin, dass die EU ihrerseits die Elektroautobranche mit hohen Summen fördert; so hat sie im Rahmen eines sogenannten IPCEI (Important Project of Common European Interest) Subventionen für die Batterieherstellung in Höhe von 3,2 Milliarden Euro genehmigt. Felbermayr konstatiert: „Die EU wirft mit einem Stein im Glashaus.“[8] China könne aus gutem Grund Gegenmaßnahmen verhängen – etwa in Form eigener Strafzölle –, die „die europäische Autoindustrie treffen, aber auch andere Bereiche“: „Das ließe das WTO-Recht explizit zu.“ Dabei drohe „die Gefahr einer Spirale“. Für die Bundesrepublik sei „ein eskalierender Handelsstreit ... schwer auszuhalten“, zum einen, weil sie „ein Exportland“ und damit anfällig für chinesische Gegenstrafzölle sei, zum anderen, weil deutsche Kfz-Hersteller auch in China produzierten – BMW etwa fertige das Elektromodell iX3 ausschließlich in der Volksrepublik und müsse dann beim Verkauf des Fahrzeugs in Deutschland gleichfalls Strafzölle zahlen. Die EU-Maßnahme sei wohl „als eine Art Konjunkturpolitik“ zugunsten europäischer Kfz-Konzerne gedacht, konstatiert Felbermayr; dies könne aber leicht „zum Bumerang werden“.
Vor dem Handelskrieg
Die Gefahr ist insbesondere für die deutsche Kfz-Industrie groß. Für Volkswagen, Mercedes und BMW ist China der mit Abstand größte Absatzmarkt; dort konnten sie im Jahr 2021 rund 37,2 Prozent (Volkswagen), 32,2 Prozent (Mercedes) bzw. 31,7 Prozent (BMW) ihrer global verkauften Autos veräußern.[9] Der Verband der Automobilindustrie (VDA) mahnt daher, bei der Planung etwaiger EU-Strafzölle müssten „mögliche Gegenreaktionen aus China ... berücksichtigt werden“.[10]
Solche Gegenreaktionen zeichnen sich in der Tat bereits klar ab. Am gestrigen Donnerstag teilte das chinesische Handelsministerium „große Bedenken“ und „starken Unmut“ über Antisubventionsuntersuchung der EU-Kommission mit und warnte, es werde „die legitimen Rechte und Interessen chinesischer Firmen entschieden schützen“.[11] Damit steht Berlin und der EU nach Stand der Dinge ein neuer Handelskrieg bevor.
[1] 2023 State of the Union Address by President von der Leyen. ec.europa.eu 13.09.2023.
[2], [3] Hendrik Kafsack, Julia Löhr, Tobias Piller, Gustav Theile: EU knöpft sich Chinas E-Autos vor. Frankfurter Allgemeine Zeitung 14.09.2023.
[4] S. dazu Paradebranche unter Druck.
[5] E-Auto-Ziele nur mithilfe Chinas erreichbar. Frankfurter Allgemeine Zeitung 31.08.2023.
[6] Hendrik Kafsack, Julia Löhr, Tobias Piller, Gustav Theile: EU knöpft sich Chinas E-Autos vor. Frankfurter Allgemeine Zeitung 14.09.2023.
[7] Habeck begrüßt Untersuchung zu E-Autos aus China. tagesschau.de 13.09.2023.
[8] Johannes Pennekamp: „Die EU wirft mit einem Stein im Glashaus“. faz.net 14.09.2023.
[9] Dana Heide: Wo Deutschland am abhängigsten von China ist. handelsblatt.com 21.06.2023.
[10] Michael Sauga, Martin Hesse, Simon Hage: Deutsche Autobauer fürchten Chinas Vergeltung. spiegel.de 14.09.2023.
[11] Nicolas Camut: China slams EU over electric vehicle subsidy probe. politico.eu 14.09.2023.
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Druck durch KI auf die Beschäftigten
Ein aktuelles betriebliches Beispiel zeigt die Auswirkungen künstlicher Intelligenz (KI) auf die Beschäftigten: „Deutsche Bank testet KI zur Früherkennung von Händler-Vergehen“, meldet bloomberg.com deutsche-bank-testet-ki-zur-fruherkennung-von-handler-vergehen).
Die Technik soll automatisiert im Aktien-Handel mögliche Anzeichen von Fehlverhalten der Beschäftigten frühzeitig erkennen. Mit dieser Überwachung soll etwa der Tonfall von Angestellten analysiert werden. Die Frankfurter Bank prüft das maschinelle Lernen von Google Cloud als Teil einer umfassenderen Erkundung der Einsatzmöglichkeiten von KI, sagte Technikvorstand Bernd Leukert im Interview von Bloomberg News.
Die Effizienz der bereits eingesetzten Überwachung der eigenen Mitarbeiter zu erhöhen, ist ein großes Thema für Banken weltweit. So könne das Unternehmens „eine viel bessere Kontrolle ausüben”. Das neue System soll in der Lage sein, zu erkennen, ob ein Händler, der „Das bleibt unter uns“ sagt, dabei über harmlose Themen spricht, oder ob es aus Unternehmersicht um illegale Planungen geht, so Leukert.
Der Vorstand stellt dies als Element einer Compliance-Regelung dar und nutzt Kontroll-Instrumente, die bisher nur aus Call-Centern bekannt sind. Es geht etwa um ACD, eine Automatic-Call-Distributor-Software, die nicht nur eingehende Anrufe verteilt. Die Dokumentation und Verwaltung von Beschäftigten- und Kundendaten erfolgt über ACD- und Workflow-Management-Systeme. Voraussetzung ist eine Datenbank, über die Daten der Kunden und einzelne Arbeitsschritte der Beschäftigten ausgewertet werden. Mussten früher eingehende Briefe noch gescannt werden, erfolgt die Kommunikation heute meist über Internet. Dies erleichtert Unternehmen, Beschäftigte unter Druck zu setzen, bis hin zu innerbetrieblichem „Benchmarking“. So müssen sich die Angestellten rechtfertigen, warum ein Telefonat eine bestimmte Dauer überschritten hat oder in einem anderen Team die Kundenanfragen viel schneller bearbeitet werden.
Vor diesen Entwicklungen warnt tbs NRW, die Technologie-Beratungsstelle des DGB, seit längerem (www.tbs-nrw.de). In Bereichen mit Kundenkontakt können die Arbeiter nicht mehr entscheiden, welche Arbeitsvorgänge sie übernehmen. Stattdessen verteilen intelligente Telefonanlagen (ACD) und Workflowsysteme die Arbeit. Mithilfe von KI und Algorithmen soll der Arbeitsanfall und das Kundenverhalten prognostiziert und stundentaktgenaue Vorgaben des Arbeitsvolumens ermittelt werden, um Personalkapazitäten und die Verteilung der Arbeitszeiten bis hin zur Lage der Pausen vorschreiben zu können. Die Folge sind standardisierte Prozesse, d.h. die konkrete Vorgabe von Arbeitsschritten für Bildschirmarbeitsplätze. „Routinetätigkeiten können und müssen standardisiert beziehungsweise automatisiert werden“, lautet oft die Vorgabe des Managements. Der Geschäftsprozess beginnt mit der Kundenanfrage und reicht bis zur Feststellung der Kundenzufriedenheit. Gemessen werden etwa die Bearbeitungsdauer, Gesprächsdauer, Wartezeiten oder Antwortzeiten. Auf dieser Basis werden die Prozesse ständig gemessen, standardisiert und die Beschäftigten durch Zeitvorgaben kontrolliert.
Die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes, Ferda Ataman, warnt vor weiteren Fehlentwicklungen. Sie fordert gesetzliche Regelungen zum Schutz vor Diskriminierung durch neue Technik. „Digitalisierung, künstliche Intelligenz und Algorithmen machen vieles leichter – leider auch Diskriminierung“, so die Beauftragte. (www.migazin.de/2023/08/30/ataman-gesetz-sollte-vor-digitaler-diskriminierung-schuetzen)
Ein Beispiel aus den Niederlanden zeigt, was passieren kann. Dort wurden Ataman zufolge 20.000 Eltern zu Unrecht und unter Strafandrohungen aufgefordert, Kindergeld zurückzuzahlen. Mitverantwortlich war ein diskriminierender Algorithmus in der Software - die Betroffen waren vor allem Eltern mit Migrationshintergrund. Sie wurden als Betrüger dargestellt und sollten teils Zehntausende von Euro zurückzahlen.
Die Bundesregierung müsse die geplante Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) nutzen, um Menschen vor den Gefahren digitaler Diskriminierung zu schützen, so die Regierungsbeauftragte.
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