SIKO Gegenaktionen München

Mathes Breuer 15.02.2025 am Stachus

Mathes Breuer

--- Manuskript --- Es gilt das gesprochene Wort ----


Liebe Freund:innen, Liebe Kolleg:innen,

vielen Dank an das Aktionsbündnis gegen die Sicherheitskonferenz für die Einladung. Ich bin Anwalt und arbeite im Straf- und Versammlungsrecht. Ich möchte kurz ein paar Minuten zur Einschränkung von Grundrechten in Deutschland sprechen.

Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine und der von Olaf Scholz verkündeten "Zeitenwende" wird massiv aufgerüstet, der Ton gegenüber Konkurenten des westlichen Imperialismus wird schärfer, die Kriegsgefahr wächst. Zu dieser Militarisierung nach außen gehört auch eine Militarisierung nach innen. Diese findet seit einigen Jahren rasant statt und ist untrennbar mit der Aufrüstung verbunden. 

Ein Hebel, den der Staat ansetzt ist die Kulturförderung. Diese sollte eigentlich politisch neutral vergeben werden. Stattdessen nutzen die Stadtverwaltungen dieses Instrument immer mehr, um nur noch solche Meinungen zu fördern, die auf Regierungslinie sind und anderen die Förderung zu streichen. Beispiele dafür sind etwa die Streichung der Förderung der Münchner Friedenkonferenz durch die Rot/Grüne Stadtratsmehrheit in München oder die Schließung des Kulturzentrums Oyun in Berlin aufgrund des Vortrags einer linken jüdischen Gruppe. Kulturschaffende sind darüber hinaus von Kündigungen und Absagen bedroht, wenn sie sich etwa solidarische mit den Palästinensier:innen zeigen. Die Stadt München allein hat 2024 279 Millionen Euro für Kultur ausgegeben. Viel Geld, mit dem man politische Meinungen ausgrenzen kann und diejnigen die kritisch zur Regierung stehen auf Linie bringen.

Der zweite Aspekt auf den ich eingehen möchte ist das Versammlungsrecht. Seit dem Angriff der Hamas auf Israel und dem Genozid. den Israel seit dem versucht an den Palästinensern zu verüben, wurden zahlreiche Versammlungen verboten, angegriffen und Versammlungsteilnehmer mit Repression überzogen. Erst vor wenigen Wochen wollten sich einige palästina-solidarische Studierende mit der Universtitätsleitung der Technischen Universität austauschen. Sie hatten dies im Vorfeld angekündigt und ihnen wurde auch nicht abgesagt. Als sie vor Ort waren wurden sie in den Raum gelassen, nur um dann sofort von der Polizei umstellt zu werden, die sie einsperrte und erst nach stundenlangen Kontrollen und Aufnahme aller Personalien wieder gehen lies. Freiheitsberaubung für den Versuch an einer völlig friedlichen Versammlung teilzunehmen. Und von dem Medien leider breites Schweigen dazu.

Doch nicht nur werden Räume gestrichen und die kollektive Meinungsfreiheit auf Versammlungen angegriffen, auch Parolen und Symbole von Protestbewegungen werden verboten. So etwa die Losung "From the river to the sea – Palästine will be free", oder auch das Bild des kurdischen Politikers Abdullah Öcalan. Beides zu zeigen ist eigentlich von der Meinungsfreiheit gedeckt, aber das Bundesinnenministerium greift hier zu einem Trick. Sie behaupten einfach, es handele sich nicht nur um einen Spruch oder ein Bild, sondern um das Kennzeichen einer verbotene Organisation. Dann wird aus einer legalen Parole ganz schnell eine verbotene. Alle, die dann die Parole oder das Bild verwenden, laufen Gefahr dafür vor Gericht gezerrt zu werden. Dabei ist es auch egal, ob die verbotene Organisation groß oder klein, bekannt oder unbekannt ist oder wie man persönlich zu der Organisation steht. Solange ein Vertreter der Organisation die Parole oder das Bild schon einmal verwendet hat kann man zumindest behaupten, es handele sich um ein verbotenes Kennzeichen.

Das Kalkühl: Bis die Gerichte nach Jahren endlich geklärt haben, ob es sich tatsächlich überhaupt um ein verbotenes Kennzeichen der Organisation handelt, kann die Polizei alle Menschen deswegen festnehmen und mit Prozesses überziehen. Schon hat man einer ganzen Protestbewegung seine Symbole genommen.

Der Grund, warum ich euch das alles so detailliert erzähle ist, dass es uns jeden Tag von Politik und Medien anders verkauft wird. Diese tun so, als würde Recht hier neutral und ohne ansehen der Person oder ihrer Meinung angewendet. Die Wahrheit ist aber, dass dies immer weniger der Fall ist. Unter dem Vorwand des Rechts werden hierzulande politische Meinungen immer stärker eingeschränkt und das ist eine äußerst gefährliche Entwicklung. Da müssen wir weder in die USA schauen, noch auf Trump oder gar die AfD warten – das treiben auch die Grünen und die SPD voran.

Liebe Freund:innen ich möchte zum Ende kommen, aber ich möchte nochmal appelieren. Wir müssen dieser Aushölung der Meinungsfreiheit entgegentreten. Die Politik verkauft uns, wir müssten unsere "Freiheit" vor der Gefahr aus Russland verteidigen. Die wirkliche Gefahr für unsere Freiheit sitz aber in Berlin und nicht in Moskau.

Ich denke es ist wichtig, dass wir uns hier nicht gegeneinander ausspielen lassen: Diese Verschärfungen werden alle fortschrittlichen politischen Bewegungen treffen. Wir dürfen nicht in die Falle laufen uns nur dann zu empören, wenn es uns selbst trifft. Egal ob die Klimabewegung, die Gewerkschaftsbewegung, die Friedensbewegung oder andere – lasst uns trotz Differenzen gemeinsam für unsere Versammlungs- und Meinungsfreiheit einstehen.

Der Beste Weg unsere Freiheiten zu verteidigen bleibt immer noch sie zu nutzen – deshalb auf eine erforlgleiche Demonstration!