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Eskalation mit Billigung aus Berlin

IMI Tübingen - Lun, 18/03/2024 - 16:36
Wer der Metapher des Abnutzungskriegs in der Ukraine glaubt und hofft, dass dieser Krieg sich selbst erledigt weil abnutzt – könnte sich täuschen. Denn der Krieg zwischen Russland und der Ukraine ist 2023 geografisch größer geworden und in alle Richtungen (…)

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Profite: Margen und Preise

ISW München - Lun, 18/03/2024 - 13:28

Die Profit-Spannen der US-Unternehmen befinden sich auf einem Rekordhoch, obwohl sich die Preisinflation verlangsamt und die Löhne steigen.


Betrachtet man die gesamte US-Wirtschaft, so sind die Profit-Spannen des Nicht-Finanzsektors auf dem höchsten Stand des 21. Jahrhunderts (über 16 %) und nicht weit entfernt von den Rekordwerten des "goldenen Zeitalters" des kapitalistischen Wachstums Mitte der 1960er Jahre.


Und ein Blick auf die Netto-Profit-Spannen (d. h. nach Abzug aller Produktionsstückkosten) der 500 größten Unternehmen in den USA zeigt dasselbe Bild.

Es gibt erdrückende Beweise dafür, dass die Inflationsspirale nach der Einführung des COVID es vielen Unternehmen ermöglichte, die Preise für ihre Produkte erheblich anzuheben, so dass die Profit-Spannen stark anstiegen, weil die Lohnerhöhungen nicht mit den Preissteigerungen Schritt hielten.  Die Inflation hat sich in den Lebensstandard der meisten amerikanischen Haushalte eingefressen, nicht aber in die Profit-Spannen der US-amerikanischen Multis und Megafirmen.

Seit Ende 2019 sind die Preise in den USA um 17 % gestiegen, und zwar stärker als die Arbeits- und Nichtarbeitskosten. Das Ergebnis: Die Profite stiegen um 41 %. Wären die Profite  in gleichem Maße wie die Kosten gestiegen, hätte dies zu einem kumulativen Preisanstieg von nur 12,5 % und einer durchschnittlichen jährlichen Inflationsrate geführt, die um etwa 1 Prozentpunkt niedriger gewesen wäre.

Jüngste Untersuchungen haben jedoch bestätigt, dass der Anstieg der Gewinnspannen der Unternehmen "hauptsächlich von einer Untergruppe von Unternehmen mit hohen Gewinnspannen getragen wird".  Die inzwischen wohlbekannte Weber-Wasner-These zur gewinngetriebenen Inflation besagt, dass Engpässe in der Lieferkette den Wettbewerb einschränkten, da einige Unternehmen nicht in der Lage waren, die Nachfrage zu bedienen.  Dies ermöglichte es einigen Unternehmen, ihre Gewinnspannen und Preise zu erhöhen.  Eine Studie der Bank of England ergab, dass die Gewinne zwar nominal stark gestiegen sind. Aber die Kosten stiegen auch. Die Studie kam zu dem Schluss, dass sich die Gewinnspannen außer in den Bereichen Öl, Gas und Bergbau bis zum Jahr 2022 ziemlich normal verhalten. Eine andere Studie des IWF, die sich mit der Eurozone befasst, kommt zu dem Schluss, dass die begrenzten verfügbaren Daten nicht auf einen weit verbreiteten Anstieg der Gewinnspannen hindeuten".  Die profitorientierte Inflation scheint sich stark auf einige wenige Unternehmen und einige wenige "systemrelevante" Sektoren konzentriert zu haben, darunter die Rohstoffindustrie, das verarbeitende Gewerbe sowie der IT- und Finanzsektor.

Dennoch sind die Ökonomen von Goldman Sachs begeistert von der Aussicht, dass die Gewinnspannen weiter steigen werden.  Sie gehen davon aus, dass, obwohl die Durchschnittslöhne derzeit schneller steigen als die Preise, dies die Gewinnspannen nicht beeinträchtigen wird, da mit der Verlangsamung der Inflation auch die Zinssätze (letztendlich) sinken werden und somit die Kosten für den Schuldendienst sinken werden, um einen etwaigen Druck auf die Gewinne durch die Löhne auszugleichen.

Tatsächlich rechnet FactSet, ein Unternehmen, das die Gewinne der 500 größten US-Unternehmen überwacht, für das erste Quartal 2024 mit einer Nettogewinnspanne von 11,5 %, was über der Nettogewinnspanne des vorangegangenen Quartals von 11,2 % liegt und dem Fünfjahresdurchschnitt von 11,5 % entspricht, wobei sieben Sektoren im ersten Quartal 2024 Nettogewinnspannen melden dürften, die über ihrem Fünfjahresdurchschnitt liegen, angeführt vom Sektor Informationstechnologie (25,1 % gegenüber 23,3 %).

Goldman Sachs kommt zu dem Schluss, dass die US-Wirtschaft für 2024 gut aufgestellt ist, da die Gewinnspannen weiterhin stabil bleiben, mehr Investitionen generieren und die Beschäftigung erhalten werden.  Doch während der Technologiesektor mit seinen hohen Gewinnspannen und Gewinnen den Aktienmarkt stützt und den Eindruck eines weit verbreiteten Gewinnsprungs vermittelt, befindet sich der übrige Unternehmenssektor in den USA in einer Flaute.  In den meisten Sektoren sind die Gewinnspannen knapp.

Und, was am wichtigsten ist, es gibt hier eine Definitionsfrage.  Profit-Spannen sind nicht dasselbe wie Profite. Profit-Spannen sind die Differenz zwischen dem Preis pro verkaufter Einheit und den Kosten pro Einheit.  Die Rentabilität des Kapitals sollte jedoch an den Gesamtgewinnen im Verhältnis zu den Gesamtkosten für Anlagevermögen (Anlagen, Maschinen, Technologie), Rohstoffe und Löhne gemessen werden.  Nach diesem Maßstab weisen die übrigen US-Unternehmen - abgesehen von den "glorreichen Sieben" der US-Mega-Tech- und Social-Media-Unternehmen sowie der Energieunternehmen - eine geringe Rentabilität ihres Kapitals auf.  Es wird geschätzt, dass 50 % der börsennotierten US-Unternehmen unrentabel sind.

Und wenn wir die durchschnittliche Profitrate des US-Kapitals im Nicht-Finanzsektor berechnen, stellen wir fest, dass seit 2012 ein allgemeiner Rückgang zu verzeichnen ist (meine Schätzung für 2023).

Quelle: FRED, Berechnungen des Autors (auf Anfrage)

Die Profit-Margen mögen hoch sein, aber die gesamten Unternehmens-Profite des US-Nichtfinanzsektors sind im letzten Quartal 2023 gesunken, und im letzten Jahr ist das gesamte Profitwachstum fast zum Stillstand gekommen.

Und auch das Wachstum der Gesamt-Profite (nicht der Profit-Spannen) der 500 größten US-Unternehmen verlangsamt sich.  FactSet prognostiziert für das erste Quartal 2024 einen Profit-Anstieg von nur 3,3 %, gegenüber fast 6 % im Jahr 2023.

Das erklärt, warum 2024 mehr Unternehmen ihre Schulden nicht begleichen konnten als zu jedem anderen Jahresbeginn seit der globalen Finanzkrise, da der Inflationsdruck und die hohen Zinssätze laut S&P Global Ratings weiterhin auf den riskantesten Schuldnern der Welt lasten. Laut der Rating-Agentur liegt die Zahl der Unternehmensausfälle in diesem Jahr weltweit bei 29 und damit so hoch wie seit 2009 nicht mehr, als im gleichen Zeitraum 36 Ausfälle verzeichnet wurden.

 

Goldmans ist nach wie vor zuversichtlich, dass sich die Ausfallraten aufgrund der verbesserten makroökonomischen Aussichten und der Hoffnung auf sinkende Zinssätze in der zweiten Jahreshälfte stabilisieren werden.  Die Ratingagentur Moody's ist nicht so zuversichtlich.  Sie geht davon aus, dass die weltweite Ausfallquote für spekulative Anleihen bis 2024 weiter ansteigen wird und damit deutlich über dem historischen Durchschnitt liegt. 

Nicht zu vergessen sind die "Zombies", Unternehmen, die ihren Schuldendienst schon jetzt nicht mehr aus den Profiten bestreiten können und deshalb nicht investieren oder expandieren können, sondern wie die lebenden Toten weitermachen.  Sie haben sich vervielfacht und überleben bisher, indem sie mehr Kredite aufnehmen - und sind daher anfällig für hohe Kreditzinsen.

Für die Zukunft wird erwartet, dass sich der Anstieg des realen BIP in den USA nach fast allen Prognosen von 2,5 % im letzten Jahr verlangsamen wird (und dieses Maß ist immer noch zweifelhaft, wenn wir das reale BIP mit dem realen Bruttoinlandseinkommen (BDI) vergleichen).

Die Nowcast-Prognose der New Yorker Fed geht von einem annualisierten Wachstum von 1,78 % für das gerade zu Ende gehende erste Quartal 2024 aus.  Und die Nowcast-Prognose der Atlanta Fed für das BIP liegt bei 2,2 %.  Die Konsensprognosen liegen bei 2 %. Dies deutet darauf hin, dass sich das Wachstum der Unternehmenseinnahmen weiter verlangsamen könnte, was zu einem Rückgang der Profite im ersten Quartal führen würde.

Es ist inzwischen allgemein bekannt, dass in einer kapitalistischen Wirtschaft die Profite die Investitionen und dann die Beschäftigung anführen.  Wo Profite vorangehen, folgen Investitionen und Beschäftigung mit Verzögerung.

Die Rentabilität ist gegenüber dem Niveau vor der Pandemie gesunken, und auch das Wachstum der Profite insgesamt ist nicht mehr gestiegen.  Dies wirkt sich bereits auf das Investitionswachstum und die Beschäftigung aus. Steigende Margen lassen dies nicht erkennen.

               

 

 

 

 

Wirtschaftliche Auswirkungen: Ukraine- und Gaza-Krieg & künstliche Intelligenz

acTVism - Lun, 18/03/2024 - 11:28

Wirtschaftliche Auswirkungen: Ukraine- und Gaza-Krieg & künstliche Intelligenz

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Aktienrente: Unwirksam, unsicher und ein Risiko für die Staatsfinanzen

ISW München - Dom, 17/03/2024 - 11:56

"Bei der Aktienrente handelt es sich um ein kreditfinanziertes Spekulationsgeschäft, für das der Bund das Ausfallrisiko trägt."  

 

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) präsentierten am 5. März ein Reformpaket, mit dem das Rentenniveau von 48 Prozent des aktuellen Durchschnittsgehalts für Rentner:innen, die 45 Jahre mit Durchschnittsgehalt gearbeitet und in die Rentenversicherung eingezahlt haben, auch für die Zukunft garantiert werden soll.

Kürzungen bei der Rente schloss Bundeskanzler Olaf Scholz aus. "Für mich kommen Kürzungen bei der Rente nicht in Betracht", sagte der SPD-Politiker. Scholz kritisierte Vorschläge zur Anhebung des Renteneintrittsalters auf 70 Jahre und Forderungen nach Renten-Null-Runden. Heil versprach: "Es wird keine Rentenkürzung geben und auch keine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters."

Noch ist das Absicherungsniveau der Rente – aktuell rund 48,2 Prozent – nur bis 2025 festgeschrieben. Bis 2037 dürfte das Rentenniveau nach offizieller Schätzung aber auf 45 Prozent sinken. Der Grund: Millionen Babyboomer:innen mit Geburtsjahren in den 1950er und 1960er Jahren werden in den Ruhestand gehen. Nun soll ein 48-Prozent-Niveau zunächst bis 2040 gesichert werden. Das Reformpaket solle noch vor der parlamentarischen Sommerpause im Juli vom Bundestag beschlossen werden. (1)

Weil das hohe zusätzliche Milliardensummen kostet, die Rentenbeiträge aber nicht zu stark steigen sollen, soll die Finanzierung auf ein zusätzliches Standbein gestellt werden. Um Beitragssprünge in Zukunft zu vermeiden, will die Bundesregierung Milliarden am Kapitalmarkt anlegen und aus den Erträgen ab Mitte der 2030er-Jahre Zuschüsse an die Rentenversicherung zahlen. Damit erhält die Rentenversicherung zusätzlich zu Beiträgen und Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt eine dritte Finanzierungsquelle.

Finanzminister Christian Lindner sprach bei der Vorstellung des Rentenpakets davon, dass es "überfällig" sei, "die Chancen der Kapitalmärkte auch für die gesetzliche Rentenversicherung zu nutzen". Da will sich Christian Lindner sogar ausnahmsweise verschulden - nicht für große Investitionen in Deutschlands Infrastruktur oder Bildung, sondern um das Geld an den Finanzmärkten anzulegen.

Aktienrente ist ein Lieblingsprojekt der Liberalen

Das schon immer verfolgte Ziel der Liberalen ist, das kollektive Sicherungssystem zu schwächen und dafür möglichst viel private Elemente zu schaffen, wie eben eine Aktienrente und mehr private Altersvorsorge.

Ein besonderer Dorn im Auge der FDP ist das Umlageverfahren, mit dem die gesetzliche Rente (genauso wie die anderen Zweige der Sozialversicherung) finanziert wird. Denn was die Beschäftigte und Unternehmen an Beiträgen einzahlen, wird nahezu ohne Zeitverzug in Form von Renten an die mehr als 21 Millionen Rentner:innen ausgezahlt. Inklusive des Bundesanteils wurden so im Jahr 2023 rund 375 Milliarden Euro ein- und ausgezahlt oder eben "umgelegt". Grundsätzlich wird nichts im klassischen Sinne angespart und angelegt. Die Befürworter des Umlageverfahrens sehen darin große Vorteile: Es funktioniert unabhängig von der Höhe der Kapitalmarktzinsen. Niedrig- oder gar Nullzinsen, wie sie in den vergangenen Jahren den Lebensversicherungen stark zu schaffen machten, sind kein Problem. Auch Inflation, Wirtschaftskrisen, ja sogar staatliche Umbrüche verkraftet die gesetzliche Rente in der Regel gut. Und sie funktioniert naturgemäß ohne langjährige Ansparphase und mit geringen Kosten in von ungefähr vier Prozent.

Zum Vergleich: Zum Betrieb der Riester-Rente werden bis zu 25 Prozent der eingezahlten Prämien abgezweigt. Wenn diese Betriebskosten ausgeglichen werden sollten, müsste die Rendite schon ausgesprochen hoch sein. Das gilt auch für die jetzt wieder vorgeschlagenen Methode, die "Aktienrente".

Die Aktienrente ist ein Lieblingsprojekt der Liberalen, das gegen den Widerstand insbesondere der linken Sozialdemokraten Eingang in den Koalitionsvertrag fand. In ihrem Wahlprogramm forderte die FDP, dass zwei Prozentpunkte aus dem Rentenbeitragssatz in Höhe von 18,6 Prozent des Bruttolohns der Beschäftigten nicht mehr länger an die Deutsche Rentenversicherung fließen sollen, sondern an einen unabhängigen Fonds gehen, der die Gelder "chancenorientiert" in Aktien investiert. "Durch unser Modell erwerben zukünftig alle Beitragszahlerinnen und Beitragszahler (…) echtes Eigentum für ihre Altersvorsorge und erhalten höhere Altersrenten", verspricht die FDP.

Dieses Ziel hat die FDP verfehlt. Zwar wird der Bundestag wohl noch in diesem Sommer eine Reform der Alterssicherung beschließen, die den Namen "Aktienrente" oder auch "Generationenkapital" trägt, doch der Gesetzentwurf, den Finanzminister Lindner und Sozialminister Heil jetzt gemeinsam vorlegen werden, bleibt deutlich hinter den Wünschen der FDP zurück.

Aber für eine Stabilisierung der Rentenfinanzen taugt der Vorschlag der Ampel wenig. Er wird die Renten nicht erhöhen, die Beiträge wenn überhaupt nur marginal senken und dafür mit Sicherheit die Schulden erhöhen.

Die Akteinrente wird auf Pump finanziert

Anders als es die FDP ursprünglich vorhatte, werden keine Beitragsgelder verwendet und es wird auch kein persönliches Vermögen für einzelne Versicherte in Form von Aktien oder Aktienfonds gebildet. Stattdessen wird der Bund Schulden machen, die nicht auf die Schuldenbremse angerechnet werden. In diesem Jahr sind das erst einmal 12 Milliarden Euro, in den kommenden Jahren soll es jeweils etwas mehr werden. Lindner stellt sich auch vor, Beteiligungen des deutschen Staates an Unternehmen (wie etwa der Deutschen Bahn) in den Fonds zu überführen. Insgesamt sollen so 2035 mindestens 200 Milliarden Euro in Aktien und Fonds angelegt werden. Aus den Erträgen am Aktienmarkt sollen dann ab 2036 jährlich zehn Milliarden Euro an die gesetzliche Rentenversicherung fließen, um Beitragssatzanstiege zu verhindern oder zu dämpfen.

"Deutlich wird: Es dauert zunächst viele Jahre, bis eine kapitalgedeckte Anlage eine Wirkung entfalten kann, und sei sie noch so klein. In den nächsten zehn Jahren, wenn Millionen sogenannter Babyboomer in Rente gehen werden, kann und wird die Aktienrente also nichts bewirken", kritisiert der Rentenexperte Holger Balodis. (1)

Nach Lindners Konzept soll die Aktienrente vom KENFO verwaltet werden – dem öffentlichen Fonds, der bisher vor allem damit betraut war, die Entsorgung von Atommüll zu finanzieren. Nun soll sich dieser Fonds auch um die Rentenbeiträge kümmern, indem er für die Renten am Finanzmarkt spekuliert. Aktuell hat er das Ziel, zu 30 Prozent in "Private Equity, Private Debt und Infrastruktur" zu investieren.

Neben dem Fonds soll auch der gesetzlichen Rentenversicherung ermöglicht werden, ihre Reserven auf dem Kapitalmarkt anzulegen. Staatliche Geldtöpfe sollen also in größerem Umfang auf den Finanzmarkt umgeleitet werden.

Bei der Aktienrente handelt es sich um ein kreditfinanziertes Spekulationsgeschäft, für das der Bund das Ausfallrisiko trägt.

Holger Balodis.(2)

Finanzmärkte sind immer volatil und spekulativ - deshalb sahen vor allem die Grünen die Pläne zunächst skeptisch. Der Grünen-Rentenexperte Markus Kurth brachte im vergangenen Sommer das Beispiel des bereits existierenden Staatsfonds zur Finanzierung der Atommüll-Entsorgung (KENFO), der sich künftig auch um die Rente kümmern soll. Dieser Fonds habe 2022 einen Verlust von 12,2 Prozent eingefahren.

Finanzminister Lindner hat deshalb mehrfach klargestellt, dass die Rentenversicherung kein Risiko tragen solle. Falls Verluste anfallen, wolle der Staat Geld nachschießen. Es handelt sich also um ein kreditfinanziertes Spekulationsgeschäft, für das der Bund das Ausfallrisiko trägt.

Nach 2036, wenn ein Kapitalstock von 200 Milliarden erreicht ist, sollen die Erträge aus Kursgewinnen, Dividenden etc. planmäßig zugunsten einer Beitragsstabilisierung abgeschöpft werden. Das heißt der Wert des Kapitalstocks wird nicht mehr wachsen, ist aber stattdessen beständig von der Inflation bedroht. "Sollte ein Sparvolumen von 200 Milliarden Euro auf eine Geldentwertung von 10 Prozent treffen, wie wir sie in weiten Teilen der Welt in der jüngsten Vergangenheit gesehen haben, so würde sich sein Wert bereits nach wenigen Jahren halbieren", warnt Holger Balodis.

Da der Staat für den Aufbau des Kapitalstocks Kredite an den Kapitalmärkten, d.h. bei Finanzinvestoren und Großbanken, aufnimmt, muss er für diese Fremdfinanzierung Zinsen zahlen. Somit handelt es sich bei der neuen Aktienrente um eine Wette, die darauf baut, dass die Rendite aus der Anlage stets höher ist als der Zins, den der Staat für das aufgenommene Darlehen leisten muss.

Dazu kommt das Risiko, dass Aktien- und Finanzmärkte abstürzen, es also keinen Ertrag aus dem "Generationenkapital" gibt, sondern Verluste. Es gäbe nicht nur keine Zuschüsse für die Rentenkasse, auch der Wert des Kapitalstocks selbst würde sinken. Dann müsste der Staat für die Verluste geradestehen, um für das Folgejahr wieder die Voraussetzungen für die planmäßige Entnahme sicher zu stellen. "Statt wie behauptet mehr Sicherheit für die Rentenkasse, drohen mit der Aktienrente also in schlechten Börsenjahren gewaltige finanzielle Risiken für den Bundeshaushalt", stellt Holger Balodis fest.

Fachleute gehen auch davon aus, dass die Effekte des "Generationenkapitals" gering ausfallen werden. Denn auch bei den guten Renditen, von denen die Bundesregierung voller Optimismus ausgeht, würde der Beitrag um gerade einmal 0,23 bis 0,3 Beitragssatzpunkte sinken. Die Plattform "Finanztip" hat eine Beispielrechnung gemacht. Danach würde diese Senkung bei einem Bruttoarbeitslohn von 3.000 € zu einer Entlastung um gerade einmal 4,50 Euro im Monat jeweils für Beschäftigte und Unternehmen führen.

Eine echte Stabilisierung der umlagefinanzierten gesetzlichen Rente ist also durch die Einführung der Aktienrente nicht zu erwarten. Vor allem gilt: Immer müssen die Leistungen für die Rentnergeneration von der arbeitenden Generation aufgebracht werden.

Aber anstatt gute Arbeit mit guten Löhnen und damit hohen Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung zu gewährleisten, wird ein Grundpfeiler des Sozialstaats – die gesetzliche Rentenversorgung – für die Profitlogik der Finanzmärkte geöffnet.

Zudem ist zu befürchten, dass das Generationenkapital in Zukunft noch zu einer "richtigen" Aktienrente ausgeweitet wird. Denn das jetzt verabschiedete Modell ist nur eine abgeschwächte Form des FDP-Vorschlags. Der FDP schwebt nach wie vor vor, dass zukünftig unsere Rentenbeiträge direkt an den Finanzmarkt fließen sollen.

Julia Bernard schreibt in der Zeitschrift Jacobin:

"Warum stecken wir die 12 Milliarden Euro nicht einfach in Bildung und gute, klimagerechte Arbeitsplätze? Bessere Arbeit würde schließlich auch dafür sorgen, dass Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite mehr in die Rentenkasse einzahlen."

"Die Logik der Aktienrente ist völlig verkehrt. Denn sie impliziert, man könne mit Aktienbesitz gesellschaftlichen Wohlstand fördern. Dabei hängen die Renten in Wirklichkeit davon ab, wie produktiv wir sind, wie viel gut bezahlte Arbeit es gibt und wie viel wir auf Grundlage dessen real umverteilen können.
Die eigentliche Frage ist nämlich: Warum sind unsere Rentenkassen eigentlich so leer? Warum sorgen wir nicht auf viel direkterem Wege für eine gute Rente – nämlich durch gut bezahlte Arbeit? Warum stecken wir die 12 Milliarden Euro nicht einfach in Bildung und gute, klimagerechte Arbeitsplätze? Bessere Arbeit würde schließlich auch dafür sorgen, dass Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite mehr in die Rentenkasse einzahlen.
Was eine gute Rente ermöglicht, sind gute und vor allem gut bezahlte Jobs. Umwege über die Finanzmärkte zu gehen, ist reiner Klassenkampf für Finanzinvestorinnen und -investoren. Auch die Aktienrente zeigt es wieder: Der gesellschaftliche und vor allem gewerkschaftliche Einsatz für gute und nachhaltige Arbeit muss unser aller Priorität sein – auch um die Rentenfrage zu lösen." (3)

 

Quellenhinweise

Siehe hierzu die Vorschläge des Sachverständigenrates zur Rentenkürzung , in: isw-wirtschaftsinfo 64, Bilanz 2023, „ Die Planungen zum Rentenabbau gehen weiter“,, https://www.isw-muenchen.de/broschueren/wirtschaftsinfos/217-wirtschaftsinfo-64

Rosa Luxemburg Stiftung, 6.3.2024: Die neue «Aktienrente»: weitgehend nutzlos. Der Kapitalmarkt rettet die gesetzliche Rente nicht
https://www.rosalux.de/news/id/50118

Jacobin, 5.2.2024: Die Aktienrente macht Spekulation zur Staatsräson
https://jacobin.de/artikel/aktienrente-generationenkapital-spekulation

 

 

 

 

 

 

Apathie und Schockstarre - Warum bleiben die Ängste vor einer Ausweitung des Krieges stumm und folgenlos?

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Eine deutliche Mehrheit der Bürger fürchtet einer Umfrage zufolge eine Ausweitung des Kriegs in der Ukraine auf europäisches NATO-Gebiet. Warum... Michael Schmid http://www.lebenshaus-alb.de

Prof. Richard Wolff: Economics of the Ukraine and Gaza Wars & the rise of Artificial Intelligence

acTVism - Ven, 15/03/2024 - 15:30

Prof. Richard Wolff: Economics of the Ukraine and Gaza Wars & the rise of Artificial Intelligence.

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AUSDRUCK (März 2024)

IMI Tübingen - Ven, 15/03/2024 - 11:00
———————————————————- AUSDRUCK – Das IMI-Magazin Ausgabe März 2024 Schwerpunkt: Kriegstüchtig Gesamte Ausgabe hier herunterladen ———————————————————- INHALTSVERZEICHNIS SCHWERPUNKT — Editorial (Andreas Seifert und Jürgen Wagner) — Deutschland im Krieg (mit Russland)? (Tobias Pflüger) — Vehikel für Macht- & Interessenspolitik (Susanne Weipert) (…)

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Lebenshaus-Newsletter - Gio, 14/03/2024 - 05:08
Aufrüstung ist jetzt Befehl. Wer gewaltfreien Widerstand gegen die Vorbereitung eines Atomkrieges leistet, wird bestraft. Von Helmut Scheben.... Michael Schmid http://www.lebenshaus-alb.de

Operationsplan Deutschland

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Patriotismus und Ökonomie

IMI Tübingen - Mer, 13/03/2024 - 16:04
Mit einem „Gesetz zur Förderung der Bundeswehr“ versucht Bayern die Speerspitze der Militarisierung in Deutschland zu werden. Der Versuch weist auf etwas hin, was bei allen Debatten um Aufrüstung, Material und Bündnisse ins Abseits zu gleiten droht: die gesellschaftliche Dimension (…)

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IMI Tübingen - Mer, 13/03/2024 - 15:16
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Waffenlieferungen, Gefahren und Folgen

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„Zeitenwende“ – unter diesem Schlagwort fasst die deutsche Bundesregierung zahlreiche, teils grundlegende, Neujustierungen in der deutschen Außenpolitik zusammen. In Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine im Februar 2022 änderte sich dabei auch die Rüstungsexportpolitik. „Die Zeitenwende hat die Bundesregierung (…)

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IMI Tübingen - Mer, 13/03/2024 - 14:41
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Deutschland im Krieg (mit Russland)?

IMI Tübingen - Mer, 13/03/2024 - 14:35
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IMI Tübingen - Mer, 13/03/2024 - 14:20
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Der Russiagate-Skandal im Rückblick

acTVism - Mer, 13/03/2024 - 09:39

Der Russiagate-Skandal im Rückblick.

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