SIKO Gegenaktionen München

Redebeitrag Narges Nasimi

Redebeitrag auf der Auftaktkundgebung 18.2.2016 Stachus

Narges Nasimi Stachus 18.2.2017von Narges Nasimi Refugee Struggle for Freedom - zum Video

Die Zeit der Willkommenskultur ist schon längst vorbei. Deutschland ist zum Abschiebeland geworden. Die Geflüchtetenpolitik der Europäischen Union hat eine tödliche Form bekommen. Allein im Jahr 2016 sind 5022 Geflüchtete bei der Flucht über das Mittelmeer gestorben. Die Zahl der Toten steigt und unsere Geschwister, die die Flucht überlebt haben, werden trotzdem in den Tod abgeschoben. Deutscher Staat paktiert mit diktatorischen Regimen, um die Fluchtwege zu sperren und die Abschiebungen umzusetzen.

Während die Politiker*innen im Westen sich über Donald Trump und seine Mauer an den Grenzen zu Mexiko ärgern, haben alle Länder der Balkanroute ihre Grenzen komplett mit Zäunen geschlossen. In München Neuparlach wurde eine vier Mete hohe und 50 Meter lange Mauer gezogen, um ein Wohngebiet von der Geflüchtetenunterkunft zu trennen. In der Nähe des Geflüchtetencamps im nordfranzösischen Calais wurde eine Mauer gebaut, nachdem das Camp brutal geräumt wurde. Europa hat schon längst die Mauer von Trump gebaut.

Wir werden zum Opfer des rechten Terrors in Deutschland. Massenhaft werden wir zurück in die Kriegsländer abgeschoben. Als ob das nicht genug wäre, werden wir in den heuchlerischen Medien und Polizeiakten als Kriminelle dargestellt.

Das heißt, unser Leben und unsere Gesundheit sind in den Augen deutschen Staates keinen Cent wert. In diesem Sinne bleibt uns nichts anderes übrig als für unsere demokratischen Rechte einen existenziellen Kampf zu führen. Heute sind wir auf die Straße gegangen, um gegen die NATO-Sicherheitskonferenz zu protestieren, weil wir die Konsequenzen ihrer verbrecherischen Kriegspolitik sind. Sie sind verantwortlich für alle Fluchtursachen und Tode und profitieren davon.

Wir sehen uns gezwungen, die selbstverständlichen Dinge immer wieder zu erklären, warum wir zum Beispiel nach Deutschland gekommen sind. Unser Alltag spiegelt die imperialistische Barbarei wider. Während wir für westliche Firmen für Sklavenlohn arbeiten, unsere Häuser zerbombt werden, wir in die Flucht gedrängt werden, wird das Leben im Westen für einige Wenige zum Paradies.

Wir sind Non-Citizens, das heißt; die Ausgeschlossenen und Entrechteten. Wir sehen uns gezwungen, für die selbstverständlichen humanitären Forderungen unser Leben aufs Spiel zu setzen, weil die rassistische Ignoranz in Deutschland tief verankert ist. Wir müssen Widerstand leisten, um beispielsweise die Lager zu verlassen, weil wir sonst eingesperrt bleiben. Wir organisieren uns selbst, damit unsere Stimme nicht mehr ungehört bleibt, obwohl unsere Lage die Schlagzeilen füllt. Selbst die Aktivist*innen, die „Refugees Welcome“ sagen, werden kriminalisiert. Der deutsche Staat nutzt jegliches Mittel, um uns in die Isolation zu drängen. Der deutsche Staat spaltet die Unterdrückten und Ausgebeuteten, und teilt die Menschen ein in Ausländliche und Einheimische, in „Legale“ und „Illegale“, in „Wirtschaftsflüchtlinge“ und „politische Flüchtlinge“. Wir versuchen dagegen mit unserem Widerstand die Isolation zu durchbrechen und dabei die rassistischen Zustände zu überwinden.

Weltweit sind die Rechten Parteien und Bewegungen auf dem Vormarsch. Die neoliberale Ordnung ist in der Krise. Als Verantwortliche für ihre kapitalistische Krise erklären sie die Geflüchteten, die Arbeiter*innen, Frauen und Jugendliche verantwortlich. Das bedeutet, wenn heute Geflüchtete abgeschoben werden, dann werden morgen die Arbeiter*innen zur Zielscheibe. Mit Angriffen auf unsere demokratischen Rechte wollen die kapitalistischen Staaten aus der Krise rauskommen. Wir wissen aber, dass sie niemals eine produktive Lösung finden können. Denn ihre Ordnung ist auf Sand gebaut.

Diese Demonstration sollte uns die Möglichkeit eröffnen, den Protest gegen die Angriffe auf die demokratischen Rechte, die Abschiebungen, den Krieg, den Rassismus, den Sexismus, die Ausbeutung und Unterdrückung zu vereinen.

Wir fordern:

  • Sofortigen Stopp aller Abschiebungen!
  • Anerkennung aller Asylanträge!
  • Abschaffung des Lagersystems und der Residenzpflicht!
  • Das Recht auf Arbeit, dezentrales Wohnen und Bildung!
  • Rücknahme aller Abkommen, die auf Kosten der Geflüchteten vereinbart wurden!
  • Sofortigen Stopp der Kriegsforschung an den Hochschulen!