Freispruch für Jan!
2. Prozess gegen die SIKO-Versammlungsleitung 2007
Am 16. April 2008 fand vor dem Amtsgericht München der Prozess gegen den Versammlungsleiter Jan T., der Internationalen Demonstration gegen die "Sicherheitskonferenz" (SIKO) 2007, statt. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hatte der Angeklagte im Februar 2007 nicht genug unternommen, um Auflagenverstöße wie das Mitführen von Seitentransparenten und angeblich "themenfremde" Redebeiträge zu unterbinden. Im Strafbefehl war eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen a 30 Euro verhängt worden.
Die Atmosphäre im Gerichtssaal war diesmal weitaus entspannter
als bei dem Prozess vor 2 Monaten, der gegen die stellvertretende Versammlungsleiterin Babette M. geführt wurde. Der Sitzungssaal war ähnlich überfüllt wie beim letzten Mal, jedoch hatte Amtsrichter Gerok keine Probleme damit, dass einige Zuhörer_innen sogar auf der Pressebank Platz nahmen. Amtsrichter Müller hingegen hatte im Februar den Leuten, die keinen Sitzplatz mehr ergattert hatten, sogar angedroht, sie raus werfen zu lassen falls sie nicht sofort den Saal verlassen. Erfreulich war auch, dass einige Vertreter_innen von ver.di dem Prozess beiwohnten.
Jan T. gab zu Beginn des Prozesses eine politische Erklärung ab, zur Sache äußerte er sich nicht.
Richter Gerok betonte während der Verhandlung mehrmals, dass er die Vorwürfe gegen den Angeklagten nicht politisch werten wird. Fakt für uns ist nach wie vor, dass die Prozesse gegen die SIKO-Versammlungsleitung 2007 eindeutig einen politischen Hintergrund haben. Bevor mit der Beweisaufnahme begonnen wurde bot der Richter dem Angeklagten an, dass Verfahren nach § 153a einzustellen. Dies wurde natürlich abgelehnt und die Verteidigerin, Juliane Scheer, machte in diesem Zusammenhang deutlich, dass ansonsten jedes Jahr nach den Demonstrationen gegen die SIKO mit ähnlichen Verfahren zu rechnen sei und die Versammlungsleiter_innen jedes Mal mit einem Fuß im Gefängnis stehen würden.
Als einziger Zeuge war wieder Kriminalhauptkommissar (KHK) Müller, der 2007 Verbindungsbeamter zwischen Versammlungsleitung und Einsatzführung der Polizei war, geladen. Da Müller jedoch fast während der gesamten Demonstration die stellvertretende Versammlungsleiterin begleitet hatte, konnte er keine konkreten Aussagen darüber tätigen, ob Jan T. überhaupt über die so genannten Auflagenverstöße informiert war. Er mutmaßte lediglich, dass der Angeklagte über Funk mitbekommen haben müsste was sich weiter hinten im Demonstrationszug abgespielt hatte. Dies war selbst der Staatsanwältin zu dürftig und sie beantragte deshalb den Angeklagten freizusprechen.
Die Verkündigung des Freispruches durch Richter Gerok war somit nur noch eine juristische Formalität. Rechtsanwältin Scheer wies in ihrem Schlusswort noch darauf hin, dass ihrer Meinung nach, die damals erlassenen Auflagen nicht strafbewehrt seien. Sprich wenn eine Sache nicht strafbar ist, kann sich deshalb auch niemand strafbar gemacht haben. Abschließend wies Jan T. auf das Berufungsverfahren seiner Genossin Babette M. hin und erklärte sich unmissverständlich mit ihr solidarisch. "Versammlungsleiter_innen dürfen wegen ihrer Tätigkeit nicht verknackt werden", so der Freigesprochene.
Dieser Freispruch ist natürlich zu begrüßen, aber es gibt keinen Grund in Jubelstürme auszubrechen, denn die bayerische Justiz wird ihren Verurteilungswillen jetzt auf den anderen Prozess richten. Nochmal zur Erinnerung: Am 12. Februar 2008 fand vor dem Amtsgericht München der Prozess gegen die 2. Versammlungsleiterin, Babette M., statt. Das Amtsgericht verurteilte die Angeklagte zu 40 Tagessätzen a 40 Euro.
Gegen dieses Urteil, das als Präzedenzfall (Musterfall) richtungweisend wäre, wurde umgehend Berufung eingelegt. Ein langwieriger Gang durch die gerichtlichen Instanzen steht nun bevor. Dies wird natürlich auch mit erheblichen Kosten, sowohl für die Prozessführung, als auch für die Öffentlichkeitsarbeit, verbunden sein. Deshalb bitten wir Euch um Spenden auf folgendes Konto:
Martin Löwenberg
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Postbank München
Kennwort: Prozesse SIKO 07
München, 17. April 2008
AKTIONSBÜNDNIS GEGEN DIE NATO-"SICHERHEITSKONFERENZ"