Presseerklärung des Stuttgarter Bündnisses für Versammlungsfreiheit
Auch und besonders in Krisenzeiten muss gelten:
Ja zur Versammlungsfreiheit - Nein zu Naziaufmärschen
Das Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit fordert: Die Pläne der Landesregierung zur Verschärfung des Versammlungsgesetzes müssen komplett zurückgezogen und Naziaktivitäten konsequent unterbunden werden
Das Stuttgarter Bündnis für Versammlungsfreiheit, eine Vereinigung von über 100 Organisationen und Einzelpersonen gegen eine geplante Verschärfung des Versammlungsgesetzes durch die baden-württembergische Landesregierung, nimmt mit Sorge wahr, wie in Zeiten der derzeitigen Wirtschaftskrise Neonazis in mehreren Städten viele Hundert Anhänger am 1. Mai mobilisieren konnten. Gleichzeitig nehmen Aktivitäten seitens der Polizei zu, demokratische Massenproteste zu kriminalisieren und den Protestierenden demokratische Grundrechte zu verweigern.
So wurden hunderte Menschen, die sich an den Protesten am 1. Mai gegen den NPD-Aufmarsch in Ulm und in Neu-Ulm beteiligen wollten, im Ulmer Hauptbahnhof gleich bei ihrer Ankunft von der Polizei festgehalten und ihnen die Teilnahme an der DGB-Demonstration verwehrt. Erst nach einer Prozedur von Personalienfeststellungen, Filmaufnahmen und zahlreichen Platzverweisen wurden sie – teilweise erst nach mehreren Stunden - freigelassen. Friedliche und gewaltfreie Blockaden gegen die erlaubten Naziaufmärsche in Ulm und Neu-Ulm, wie sie in anderen Städten erfolgreich am 1. Mai durchgeführt werden konnten, wurden von der Polizei zum Schutz der NPD-Aktivitäten verhindert. Auch Aufforderungen, dass rassistische Transparente der Nazis mit der Aufschrift „Ausländer raus!“ entfernt werden sollen, kam die Polizei nicht nach.
„Das Bündnis fordert die baden-württembergische Landesregierung auf, Naziaktivitäten endlich konsequent zu unterbinden. Das im geplanten Versammlungsgesetz neu eingeführte sogenannte ‚Störungsverbot’ wird aber stattdessen weiterhin demokratische Protestaktionen gegen Naziaktivitäten kriminalisieren“, so Thomas Trüten, Sprecher des Bündnisses. Und er ergänzt: „Wir wollen nicht hinnehmen, dass die Landesregierung Polizei und Behörden die Möglichkeit für willkürliche Erschwernisse, Eingriffe in die Versammlung und die Rechte der Versammelten gibt. Schon zwei Personen sollen künftig als Versammlung gelten können, was z. B. bedeuten kann, dass bereits die Aufstellung von Streikposten bei einem Arbeitskampf als Demonstration angemeldet werden muss.“
Das Bundesverfassungsgericht hat das bayerische Versammlungsgesetz teilweise vorläufig außer Kraft gesetzt, womit auch entsprechende Pläne in Baden-Württemberg zunächst gestoppt sind. Innenminister Rech hat aber seinen Entwurf zur Verschärfung des Versammlungsgesetzes nicht komplett zurückgezogen. Deshalb sammelt das Bündnis weiterhin Unterschriften dagegen und ruft dazu auf, weiter breit das demokratische Grundrecht auf Versammlungsfreiheit zu verteidigen.