Rede von Oruc Dapar (YEK-KOM) am Samstag
Êdî Bese- Es Reicht!
Wieder einmal werden zahlreiche Regierungsvertreter in München zusammen kommen, um über ihre militärischen Strategien und Sicherheitspolitik zu sprechen. Wie in den Vorjahren wird diese Konferenz auch für die Rüstungslobbyisten eine Plattform, auf der sie ihre neuesten Errungenschaften und High-tech-Waffen präsentieren. Repräsentanten von EU und NATO werden gemeinsam neue Kriegseinsätze, Militärstrategien und Rüstungsgeschäfte planen.
Weitere Themenschwerpunkte dieser Konferenz sind der ungehinderte Zugang zu Rohstoffen und zu den Märkten der Welt, um für die eigenen wirtschaftlichspolitischen Interessen eine Basis zu schaffen. Mit militärischen Mitteln sollen die Interessen der Herrschenden abgesichert werden. So verwundert es nicht, dass unter dem Vorwand der “Terrorbekämpfung” Kriege geführt, Menschen vertrieben und größte Zerstörungen angerichtet werden. Durch die Kriege der NATO-Staaten und ihrer Verbündeten wird jede demokratische Entwicklungen zunichte gemacht.
Im vermeintlichen “Kampf gegen den Terror” wurden und werden permanent Gesetze verschärft, die tief in die elementaren Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger eingreifen. Datenspeicherungen, Telefonüberwachungen, Überwachungen von öffentlichen Plätzen, Privatwohnungen und Vereinen tragen aber nicht zu einem Mehr an Sicherheit bei, sondern liefern die Menschen zunehmend staatlicher Willkür, Kriminalisierung, Repression und Kontrolle aus. Gleichzeitig dienen diese Instrumentarien einer globalen Abschottung der Aussengrenzen der EU und anderer Staaten. Statt Fluchtursachen zu bekämpfen, entstehen durch NATO-geführte Kriege ständig neue Konfliktherde, die Menschen dazu zwingt, ihre Heimat zu verlassen. Die staatliche Aggression und eine fremdenfeindliche Politik richtet sich in der Folge dann gegen diese Flüchtlinge und Migranten. Sie werden ein zweites Mal zu Opfern gemacht. Die Spitze der Menschenverachtung sind massenhafte Abschiebungen in die zerstörten Krisen- und Kriegsgebiete.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Liebe Freundinnen und Freunde,
Wir empfinden es als eine ungeheure Brüskierung, dass diese Konferenz, die unter dem Motto “Frieden durch Dialog” stattfindet, ausgerechnet vom türkischen Ministerpräsidenten Erdogan eröffnet wird. Von ihm, der mitverantwortlich ist für die massiven Bombardierungen kurdischer Dörfer im Nordirak und Tötung dutzender kurdischer Guerillakämpfer durch die türkische Armee und Sicherheitskräfte. Der ebenso mitverantwortlich ist für die seit Monaten andauernden antikurdischen Hetzkampagnen in der Türkei, der Verbotsdrohungen gegenüber der pro- kurdischen Partei der demokratischen Gesellschaft (DTP), der Angriffe auf Parteibüros, Zeitungsredaktionen und zivilgesellschaftliche Organisationen. Gleichzeitig wird das Leben von Herrn Öcalan durch die menschenunwürdige Isolationshaft auf der Gefängnisinsel ernsthaft in Gefahr gebracht. Für diese Haltung wird dem türkischen Ministerpräsidenten hier in München nun ein Forum geboten. Unter dem Stichwort “Anti-Terror-Kampf” sucht die Türkei Verbündete und glaubt, auf diese Weise einen seit Jahrzehnten existierenden politischen Konflikt lösen zu können. So wird sie diese Konferenz nutzen wollen für ihr militärisches Vorgehen gegen Kurden und ihre Institutionen und sich dafür weiterhin die Unterstützung der NATO-Staaten, der EU und insbesondere der USA zu sichern.
Seit Jahren unternimmt die kurdische Seite alles, um die Konflikte zu einer vernünftigen Lösung zu führen: Einseitige Waffenstillstände, Verhandlungsangebote, Vermittlungsversuche, auch das Angebot der Guerilla, kontrolliert die Waffen abzugeben – alles scheiterte bisher an der unnachgiebigen Haltung der türkischen Regierung und des Militärs.
Diese Haltung wird hier durch die Vertreter der Türkei sowie den Ministerpräsidenten Erdogan zum Ausdruck kommen. Sie werden versuchen, ihre Schlüsselrolle, die sie in den Zeiten des Kalten Krieges inne hatte, wieder zu erlangen. Eine zentrale Rolle im Mittleren und Nahen Osten zu spielen – dafür wird sich die Türkei in München stark machen und Unterstützung einfordern.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Liebe Freundinnen und Freunde,
hiergegen und gegen die Vernichtungs- und Ausbeutungskonzepte der neuen Weltordnung müssen wir unseren entschiedenen Widerstand setzen. Die Welt darf nicht länger von Kriegsgewinnlern und Profitinteressen beherrscht werden. Es muss ein neues demokratisches, ökologisches und ökonomisches Gleichgewicht geschaffen werden, das den Völkern dieser Erde ein gerechtes, freies und menschenwürdiges Leben möglich macht. Hier sind die zivilen Organisationen – also wir alle - gefordert, sich noch stärker zu verbünden, um der die Existenz der Menschen bedrohenden Kriegs- und Expansionspolitik ein Ende zu bereiten.
Deshalb sagen wir: „Êdî bese – es reicht“.
Schließen wir uns zusammen, handeln wir solidarisch
- für ein freies und selbst bestimmendes Leben aller Menschen
- für Meinungsfreiheit und Menschenrechte
- für eine soziale Umverteilung von oben nach unten
- für einen Frieden in Kurdistan und Freiheit für Abdullah Öcalan!