Wolfram P. Kastner Institut für Kunst und Forschung Trivastr. 7, D-80637 München 089 - 157 32 19 _______________ An die Landeshauptstadt München Baureferat, Frau Rosemarie Hingerl Friedenstraße 40 81660 München 16. Januar 2009 Offener Brief Betrifft: KunstAktion am Friedensengel Sehr geehrte Frau Hingerl, besten Dank für Ihr Schreiben vom 23. Januar 2009, in dem Sie aus der Beurteilung eines "externen unabhängigen und erfahrenen Statikbüros" zitieren. Diese Beurteilung geht von unzutreffenden Annahmen aus und bekennt eigene "Unsicherheiten" und ungenannte "Unwägbarkeiten", die es angeblich nicht ermöglichen, "einen entsprechenden Standsicherheitsnachweis zu führen". Bevor wir auf einige irrtümliche Annahmen des Statikers eingehen, möchten wir gerne fragen, mit welchen Materialien die Siegesgöttin 1944-45 verhüllt und vor Bombenangriffen getarnt war. Wir haben nämlich eine Abbildung gefunden, die zeigt, dass die Siegessäule samt "Friedensengel" 1945 großflächig und sehr voluminös verhüllt war. Obwohl dadurch wesentlich mehr "Windangriffsflächen" über lange Zeit hinweg angebracht waren, überstanden das der Friedensengel und die Passanten über Monate hinweg unbeschadet. Wir sind natürlich gerne bereit, gleichartige Materialien zu verwenden. 1982 wurde die Standfestigkeit des Friedensengels zusätzlich mit 1000 kg Blei erhöht. Wir können uns des Eindrucks kaum erwehren, als wäre die Beurteilung des erfahrenen Statikbüros eher aus der Luft oder aus dem Wind gegriffen, als dass sie auf wirklich belastbaren Erfahrungswerten beruht. Zu den Ausführungen des Statikbüros haben wir folgende Anmerkungen: Wir haben keineswegs vor, eine "zusammenhängende Windangriffsfläche" aufzuspannen, sondern die Tarnung so dicht wie irgend möglich an der Oberfläche der Figur anzubringen, so dass möglichst keine zusätzlichen Flächen entstehen. Eine "Spannkraft der Tarnverhängung" entsteht nicht, weil das Netz nicht als Segel zwischen die Einzelteile der Figur aufgespannt werden, sondern unmittelbar an der Oberfläche der Figur anliegen soll. Dabei sollen selbstverständlich so fragile Teile wie der Ölzweig (das Statikbüro erkennt darin unzutreffend einen "Lorbeerzweig") und die Kriegsgöttin Pallas Athenae (die Statiker nennen sie fälschlicherweise "Nike") ausgespart und besonders sorgsam behandelt werden. Zur Schonung der vergoldeten Oberfläche würden wir Gazé und Watte verwenden. Wir würden ggfs. auf die Verhüllungsaktion kurzfristig verzichten, wenn zwischen dem 5. und 12. Februar und während der Militärkonferenz besonders starker Wind in München herrschen würde -- am Friedensengel und nicht nur im Bayerischen Hof. Unbeantwortet blieb unsere Frage, ob Sie dem Vorhaben zustimmen könnten, wenn in dem vorgesehenen Zeitraum vom 5. bis 12. Februar 2009 Windstille in München herrschte -- abgesehen von dem politischen Wind, den die sog. "Sicherheitskonferenz" verursacht? Oder sollte die bisherige Ablehnung auf anderen Gründen als Statik und Windlast beruhen? Gerne würden wir mit Ihnen und mit den externen Statikern die Missverständnisse und "Unwägbarkeiten" ausräumen sowie technische Möglichkeiten finden, wie die geplante Kunstaktion ermöglicht werden kann, ohne den Frieden(sengel) zu beschädigen. Bitte lassen Sie uns einen Termin für eine gemeinsame Beratung wissen. Mit freundlichen Grüßen Wolfram P. Kastner Carl Blauhorn